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Frage von Markus F. •

Frage an Gregor Gysi von Markus F. bezüglich Soziale Sicherung

Esrt mal danke an S. Kaletka für diesen intelligenten Beitrag. Herr Gysi, ihr Argument, das Grundeinkommen sei eine liberale Idee, da dafür Arbeitslosengeld und andere Sozialleistungen abgeschafft werden, verstehe ich nicht ganz. In fast allen Modellen, zum Beispiel dem von Götz Werner, liegt der angestrebte Grundeinkommenssatz weit über dem Durchschnitt dieser Leistungen. Nur weil es dann Grundeinkommen und nicht mehr ALG heißt, ist es entindividualisiert? Auch mit dem Grundeinkommen wird es doch sicher nicht verboten sein, zusätzlich privat für die Rente vorzusorgen? Glauben Sie nicht, dass sich Millionen von Bürgern derzeit in Ihren Jobs auch irgendwie "entindividualisiert" fühlen, weil die meisten Arbeitsverhältnisse auf der Grundlage von Existenzangst geschlossen und aufrechterhalten werden? Wann und wie erwarten Sie eine Besserung dieses Zustands? Als Gegner des Grundeinkommens implizieren Sie ja geradezu, dass der Druck der Existenzangst notwendig ist, um das System am Laufen zu halten, oder können Sie mir das Gegenteil aufzeigen?
Glauben Sie eigentlich, dass es nach Einführung des Grundeinkommens noch langfristig Nazis in Deutschland geben wird, wo Fremdenhass doch eigentlich auch nur aus Existenzangst resultiert? Glauben Sie nicht, dass auch die Kleinkriminalität über Nacht drastisch zurückgehen würde, wenn keiner mehr in Armut leben muss, das Grundeinkommen also auch einen maßgeblichen Sicherheitszuwachs bedeuten würde?

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Sehr geehrter Herr Felder,

ich habe jetzt so vielfach zum bedingungslosen Grundeinkommen argumentiert und ich hoffe, dass Sie auch meine anderen Antworten lesen konnten. Ich bin doch ein Befürworter der Grundsicherung, allerdings ein Gegner eines bedingungsfreien Grundeinkommens schon deshalb, weil ich zwischen jenen unterscheiden muss, die bereit sind einen solidarischen Beitrag in der Gesellschaft zu leisten und jenen, die sich diesbezüglich verweigern. Jemand, der jede solidarische Leistung verweigert, soll ja dasselbe Grundeinkommen erhalten, wie jene die zu solidarischen Beiträgen bereit sind. Das verletzt meines Erachtens das Menschenrecht derjenigen, die für den Ersten das mit erarbeiten müssen, und zwar ohne Entlohnung, weil dieser sonst nicht das Grundeinkommen beziehen könnte. Hier muss gegenüber denjenigen, die zu einem solidarischen Beitrag bereit sind, eine Differenzierung stattfinden. Darum geht es mir.

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Gysi

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