Frage an Gregor Gysi von Hartmut M. bezüglich Arbeit und Beschäftigung
Sehr geehrter Herr Dr Gysi,
danke für Ihre Antwort vom 10.03.2014.
Seit Jahren verfolge ich die Aussagen zur EU-Politik und zur
Arbeitsmarktpolitik. Leider stelle ich fest, dass die Politiker sich auf
wenige Argumente wie den Fachkräftemangel beschränken.
Ich sende Ihnen einen Ausschnitt mit:
"Die Zahl der Arbeitslosen ist der DIW-Studie zufolge bei fast allen
Fachkräften höher als die Zahl der offenen Stellen. Lediglich in einigen
wenigen Berufen sieht die Untersuchung tatsächlich Hinweise auf eine echte
Knappheit in der Arbeitslosenstatistik. Das sind im Einzelnen Vulkaniseure
und Elektroinstallateure sowie Ärzte und Krankenschwestern".
Quelle
: http://www.n-tv.de/wirtschaft/Die-Maer-vom-Fachkraeftemangel-article3833126.html
Was ist ihre Meinung zum angeblichen Fachkräftemangel?
Ist es nicht so, dass damals als die Freizügigkeitsregelung beschlossen
wurde man gar nicht wissen konnte, wie sich die deutsche Wirtschaft
entwickelt?
Dass dennoch hilfreiche Spezialisten und Fachkräfte in unser Land kommen,
bestreite ich nicht.
Aber 1.Stellen Sie infrage, dass einfach qualifizierte Arbeitnehmer vom
Zuzug der Konkurrenz nicht betroffen sind? Wenn nein, was tun Sie dagegen? Aus eigenem Erleben, weiß ich, dass desöfteren Zuwanderer statt ich als Kranker eingestellt wurden.
2. Ist zu befürchten, dass anderswo durch den Zuzug gut qualifizierter
Arbeitnehmer Schaden entsteht. So bekommt z.B. Polen einen Ärztemangel,
wie man anhand dieses Links sieht:
http://www.tagesschau.de/ausland/weltspiegel628.html
Außerdem wird in diesem Bericht geschrieben, dass die Hälfte aller Jobs
aufgrund der Automatisierung wegfallen :
Ich weiß nicht, inwiefern die Prognose stimmt.
Aber warum findet die Automatisierung bei den Politikern aus meiner Sicht
gar keine Beachtung?
Hochachtungsvoll
Hartmut Mayer
Sehr geehrter Herr Mayer,
Ihre Nachricht vom 7. April hat mich erreicht.
Zunächst muss festgestellt werden, dass unsere Bildungsstrukturen vorne und hinten nicht stimmen. Den Fachkräftemangel gibt es doch auch deshalb, weil so viele Menschen in Deutschland nicht ausreichend qualifiziert wurden, nicht ausreichend ausgebildet sind. Es gibt immer mehr Angebote, die bezahlt werden müssen, von Menschen, die sich die Bezahlung der Ausbildung nicht leisten können. Hier sehe ich die erste Ursache.
Die Freizügigkeit ist mit Fristen vereinbart worden, um eine wirklich Europäische Union entstehen zu lassen. Sie ist nur dann ein Problem, wenn Menschen aus anderen Ländern billiger beschäftigt werden können. Wenn sie genauso viel kosten wie deutsche Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer entscheidet allein die Eignung und die Qualifikation. Deshalb treten wir für einen flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn ohne Ausnahmen in Höhe von 10 Euro die Stunde ein.
Die weiteren Probleme auf die Sie in Bezug auf Polen hinweisen, zeigen, wie wichtig soziale Mindeststandards in der EU sind, die es bis heute nicht gibt.
Die Entwicklung der Technologie ist bekannt. Meine Partei ist aber die einzige, die daraus die Schlussfolgerungen zieht, dass wir Arbeitszeit verkürzen müssen, um Arbeit gerechter zu verteilen. Andere wollen Arbeitszeit verlängern, vor allem auch die Lebensarbeitszeit durch Verschiebung des Eintrittsalters in die Rente. Auch dagegen stellen wir uns.
Mit freundichen Grüßen
Dr. Gysi