Frage an Gregor Gysi von Raimund L. bezüglich Wirtschaft
Ihre Bundestagsrede zur Verabschiedung des „Rettungsschirmes für Griechenland“
durch den Bundestag der BRD“ vom 28.02.2012
Sehr geehrter Herr G y s i,
ich bin kein Linker und empfinde dies auch nicht als „Mangel“ (wäre ich „rechts“, wäre es ein Mangel).
Am heutigen Tage habe ich mir die Übertragung aus dem Bundestag im ZDF angesehen. Beindruckend fand ich die Aussagen des Herrn Steinbrück aus der SPD, wenngleich ich aufgrund dieser seine Schlussfolgerung, diesem Rettungsschirm zuzustimmen, doch etwas widersprüchlich empfand. Aber das hängt auch sicherlich mit der sogenannten „Abstimmungssoße“ zusammen.
Nun aber zu Ihrer Rede:
Sie haben auf die geschichtliche Bedeutung der Versailler Verträge nach dem 1. Weltkrieg und dem Marshall-Plan nach dem 2. Weltkrieg hingewiesen und wurden von Herrn Volker Beck von den Grünen mit einer diesbezüglichen Zwischenfrage belegt.
Korrigieren sie mich bitte, aber ich habe Ihre Äußerung in dem Sinne verstanden, dass es fahrlässig ist, einem Volk solche finanziellen und auch politischen Repressalien aufzuerlegen, dass diesem Volk sämtliche Hoffnung für die jüngere Zukunft genommen wird.
Und daraus resultierend bereitet diese Situation allen rechten Kräften und auch undemokratischen Kräften wie z.B. einer Militärdiktatur den Nährboden. Sollte mein Verständnis richtig sein, so bitte ich Sie eindringlich, sich den Einlassungen des Herrn Volker Beck und auch den Ihnen nachfolgend aufgetretenen Rednern heftigst zu erwehren. Es kann m.E. nicht sein, dass diejenigen, die am lautesten „brüllen“, damit auch gleichzeitig ein Rechtsmonopol in den Medien beanspruchen. (Mit der BILD-Zeitung und anderen Tageszeitungen und Wochenjournalen wünsche ich Ihnen in diesem Zusammenhang sowieso schon viel Freude.)
Ich wäre Ihnen dankbar, wenn sie mir kurzfristig, aber ohne größeren Aufwand, mitteilen würden, ob ich sie recht verstanden habe oder eben auch nicht.
Mit freundlichen Grüßen
Raimund Luther
Sehr geehrter Herr Luther,
vielen Dank für Ihre Nachricht vom 27. Februar 2012, die ich mit Interesse zur Kenntnis genommen habe.
Für mich ist es eine Selbstverständlichkeit, dass man Deutschland und Griechenland insoweit nicht miteinander vergleichen kann, als Deutschland den 1. als auch den 2. Weltkrieg begonnen hat, während von Griechenland kein Krieg ausging. Natürlich waren die Siegermächte nach dem 1. und dem 2. Weltkrieg berechtigt, auch über Folgen in Deutschland zu entscheiden. Nach dem 1. Weltkrieg konnten die Sieger nicht aufhören zu siegen. Sie beschlossen deshalb Demütigungen und finanzielle Einschränkungen für das deutsche Volk, das es einem Hitler leicht machte, mit seiner NSDAP Stimmen zu gewinnen. Genau aus diesem Fehler haben die Siegermächte nach dem 2. Weltkrieg gelernt und statt dessen den Marshall-Plan beschlossen. Er führte zum Wiederaufbau der alten Bundesrepublik. Hätte die Bundesregierung, hätte die Mehrheit des Bundestages aus der Geschichte gelernt, wüsste sie, dass Griechenland nicht ein Spardiktat benötigt, sondern einen Aufbauplan. Nichts anderes meinte ich, als ich erklärte, dass Griechenland nicht Versailles benötigt, sondern den Marshall-Plan. Leider wurde aber aus der Geschichte nicht gelernt und statt dessen Griechenland bis ins Mark gedemütigt. Die Folgen können gravierend sein und sind nicht einmal berechenbar.
Selbstverständlich werde ich mich gegen eine Fehlinterpretation wehren.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Gregor Gysi