Frage an Gregor Gysi von Dirk Z. bezüglich Soziale Sicherung
Sehr geehrter Herr Gysi,
innerhalb meines Freundes- und Bekanntenkreis stellte sich während einer Diskussion folgende interessante Frage, die allerdings nicht einstimmig geklärt werden konnte, da in unseren Reihen leider kein Jurist zugegen war.
Eine Bekannte, die leider momentan Hartz 4 bezieht warf die Frage in den Raum, ob sie grundsätzlich gegen eventuelle Sanktionen vom Recht des Widerspruches gebrauch machen sollte bzw. könne, wenn sie sich auf eine Begründung des vom BverfG vom 09.02.2010 berufe indem es heißt :
"Das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums ergibt sich aus Art. 1 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 20 Abs. 1 GG. [...] Dieses Grundrecht aus Art. 1 Abs. 1 GG hat als Gewährleistungsrecht in seiner Verbindung mit Art. 20 Abs. 1 GG neben dem absolut wirkenden Anspruch aus Art. 1 Abs. 1 GG auf Achtung der Würde jedes Einzelnen eigenständige Bedeutung. Es ist dem Grunde nach unverfügbar und muss eingelöst werden, bedarf aber der Konkretisierung und stetigen Aktualisierung durch den Gesetzgeber, der die zu erbringenden Leistungen an dem jeweiligen Entwicklungsstand des Gemeinwesens und den bestehenden Lebensbedingungen auszurichten hat. Dabei steht ihm ein Gestaltungsspielraum zu."
Die eigentliche Frage, die sich uns in der Runde stellte, war jene, ob Sanktionen überhaupt noch rechtmäßig sind, unabhängig davon, ob sie nun berechtigt sind oder es sich um Fehlsanktionierungen handelt. Darf nach diesem Auszug aus dem Urteil des BverfG vom 09.02.2010 überhaupt noch sanktioniert werden ?
Unsere Runde kam zu 60% zur Meinung Sanktionen seien nicht mehr statthaft, wogegen 30% anderer Meinung waren, die anderen 10% waren zweigespalten.
Wie würden Sie es aus juristischer Sicht sehen, vielleicht können Sie den Horizont unserer Runde etwas erhöhen.
Für Ihre weitere politische Arbeit, wünsche ich Ihnen viel Kraft und Erfolg, ebenso danke ich Ihnen für Ihre Stellungnahme und Mühe.
MfG
D. Zander
Sehr geehrter Herr Zander,
Ihre Nachricht vom 2. November hat mich erreicht. Die Zahlungen im Rahmen von Hartz IV sichern das Existenzminimum der Betroffenen. Das Existenzminimum darf niemals unterschritten werden. Genau dies verbieten die Art. 1 und 20 des GG. Nach meiner Auffassung sind deshalb Sanktionen immer rechtswidrig. Selbstverständlich sieht das die Mehrheit im Bundestag anders. Aber aus diesem Grunde fordern wir immer wieder eine sanktionsfreie Grundsicherung.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Gysi