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Frage von Robert B. •

Frage an Gregor Gysi von Robert B. bezüglich Staat und Verwaltung

Sehr geehrter Herr Dr.Gregor Gysi

Meine Frage an Sie: den DDR- Bürgern, die in der damaligen DDR auf die Straßen gingen werden heute als Helden bezeichnet! -

Aber-wer spricht über die Bürger, die 35 Jahre vor dem Mauerfall die DDR verlassen hatten? Entweder durch Flucht, Ausreise, Ausweisung etc.? Diese Bürger haben teilweise ihr Leben aufs Spiel gesetzt, um in den freien Teil Deutschlands zu gelangen, haben ihr gesamtes Hab und Gut in der DDR lassen müssen und haben bei null ihr neues Leben in der alten Bundesrepublik begonnen. Vergisst man, dass dies die ersten Bürger waren, die den Verfall der DDR herbeiführten? Mittlerweile werden diese Bürger zum zweiten Mal abgestraft: Erst die Repressalien und Demütigungen in der DDR und jetzt der Betrug an der Altersrente. Denn die seinerzeit von der LVA getätigte Zusage, die Altersrente nach dem FRG zu erhalten, wurde ohne Begründung zurückgenommen und die Berechnung erfolgt nach dem RÜG. bei mir so erfolgt

Ich bitte um Beantwortung folgender Fragen:

1. Ist es richtig, dass das RÜG für die Bürger des Beitrittsgebietes geschaffen wurde, um deren Rentenbelange nach der Wiedervereinigung zu regeln?

2. Waren Ihrer Meinung nach die Deutschen, die vor dem Mauerfall und Wiedervereinigung die DDR verlassen haben und rechtsstaatlich in die alten Bundesländer eingegliedert wurden, zum Zeitpunkt des Beitritts der DDR als DDR-Bürger anzusehen?

3. Die ehemaligen DDR-Flüchtlinge wurden im Zug ihrer Eingliederungsverfahren nach geltendem Recht (Fremdrentenrecht) in die bundesdeutschen Sozialversicherungen übernommen. Die Rentenversicherungsträger haben den Versicherten darüber entsprechende Bescheide erteilt. Können Sie ein Gesetz nennen, das nach erfolgtem Beitritt der DDR die Löschung dieser Rentenanwartschaften und eine Neubewertung nach dem RÜG zulässt bzw. sogar verlangt?

Mit
freundlichen Grüßen

Robert Beer

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr Beer,

Ihre Nachricht vom 20.Oktober hat mich erreicht.

1. Das Rentenüberleitungsgesetz wurde geschaffen, um die Übernahme von Bürgerinnen und Bürgern der DDR in das System der gesetzlichen Rentenversicherung der Bundesrepublik Deutschland zu regeln.

2. Nach dem Recht der Bundesrepublik Deutschland gab es sowohl in der BRD als auch in der DDR nur Deutsche, die ein entsprechendes Staatsbürgerrecht hatten. Nach dem Recht der DDR unterschied man in die Staatsbürgerschaft der DDR und die Staatsbürgerschaft der BRD. Menschen, die die DDR vor dem Fall der Mauer "ungesetzlich" verlassen haben, wurden zu bestimmten Anlässen aus der Staatsbürgerschaft der DDR durch die DDR entlassen. Das bedeutete für sie, dass sie anschließend ohne Strafverfolgung wieder in die DDR einreisen konnten. Es ist mir zur Zeit nicht mehr exakt in Erinnerung, wann diesbezüglich die letzte Entscheidung in der DDR getroffen wurde.

Diejenigen, die danach "ungesetzlich" ausreisten, behielten nach DDR-Recht ihre DDR-Staatsbürgerschaft bis zum 3. Oktober 1990. Diejenigen, die "gesetzlich" ausreisten, wurden aus der Staatsbürgerschaft der DDR entlassen.

Beim Beitritt der DDR zum Geltungsbereich des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland musste nun auch die Bundesregierung und der Bundestag zwischen den Bürgerinnen und Bürgern der DDR und Bürgerinnen und Bürgern der BRD unterscheiden. Es kann durchaus sein, dass diejenigen, die nicht aus der Staatsbürgerschaft der DDR entlassen wurden, im Nachhinein über das Rentenüberleitungsgesetz nicht wie Bürgerinnen und Bürger der BRD, sondern wie Bürgerinnen und Bürger der DDR behandelt werden.

Damit Sie diesbezüglich eine genauere Antwort erhalten, habe ich mir erlaubt, Ihr Schreiben unserer fachpolitischen Abgeordneten zur Verfügung zu stellen, Sie detaillierter zu unterrichten.

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Gysi

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