Frage an Gregor Gysi von Frank B. bezüglich Innere Sicherheit
Guten Tag Herr Dr. Gregor Gysi,
Frage 1. Wie stehen Sie oder die von Ihnen vertretene Partei zu der Behauptung:
"die BRD war nie Rechtsnachfolger des DR sondern als ein Verwaltungskonstrukt der Besatzungsmächte etabliert mit einer grundgesetzlichen Gültigkeit vom 23.05.1949 bis 17.07.1990. Berlin war und ist kein Teil der BRD 25.09.1990 (BGBl. 1990, Teil II, S. 1274)"?
Nach geltendem Völkerrecht („Haager Landkriegsordnung“ von 1907, Art. 43, [RGBl.1910]) ist ein „Grundgesetz“ ein „Provisorium zur Aufrechterhaltung von Ruhe und Ordnung in einem militärisch besetzten Gebiet für eine bestimmte Zeit“. Die provisorische Natur des „Grundgesetzes für die BRD“ kommt im Artikel 146 zum Ausdruck, der auch im sog. „Einigungsvertrag“ erhalten blieb: „Dieses Grundgesetz verliert seine Gültigkeit an dem Tage, an dem eine Verfassung in Kraft tritt, die vom Deutschen Volke in freier Entscheidung beschlossen worden ist.“ Im Artikel 25 des Grundgesetzes verpflichtet sich die Bundesrepublik Deutschland, die allgemeinen Regeln des Völkerrechts anzuerkennen.
Frage 2. Wie stehen Sie bzw. die von Ihnen vertretene Partei zur Umsetzung des Grundgesetzes und des Völkerrechtes in Bezug auf eine vom deutschen Volk zu beschließende Verfassung?
Eine BRD mit einem verwaltungstechnisch notwendigen, vorübergehenden Grundgesetz (die es bis heute versäumt hat, wie vom Grundgesetz vorgeschrieben, dem Volk eine gesamtdeutsche Verfassung zur Abstimmung vorzulegen), stimmt jedoch einem EU-Vertrag (Lissabon) zu, gegen den zu Recht mehr als 50% der Deutschen sind, nur weil sie nicht befragt wurden. Der Einwand der Bundesregierung, das das Volk nicht befragt wird weil wir eine parlamentarische Demokratie sind ist fadenscheinig, denn als was würde man denn die Staatsformen bezeichnen in denen über den EU-Vertrag/Verfassung abgestimmt wurde/wird.
Frage 3. Sind Sie der Ansicht, dass eine Volksbefragung zum EU-Vertrag und breitere Diskussion dessen Inhalts, die Deutschen überfordert?
Sehr geehrter Herr Beer,
Ihre Nachricht vom 9. September hat mich erreicht. Von Anfang an sind wir dafür eingetreten, eine neue Verfassung zu erarbeiten, die durch Volksentscheid angenommen wird und das Grundgesetz ablöst. Es gab diesbezüglich schon einen Antrag meiner früheren Partei, der PDS, im Bundestag. Aber die Mehrheit des Bundestages hat dies regelmäßig abgelehnt.
Selbstverständlich brauchen wir im Grundgesetz auch endlich die Zulässigkeit von Volksentscheiden. Über einen so wichtigen Vertrag, wie den von Lissabon, hätte die Bevölkerung entscheiden sollen. Sobald die Bevölkerung entscheiden darf, beschäftigt sie sich auch inhaltlich damit, ist also keineswegs überfordert.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Gysi