Frage an Godelieve Quisthoudt-Rowohl von Ole M. bezüglich Gesundheit
Sehr geehrte Frau Dr. Godelieve Quisthoudt-Rowohl,
"Der Ausschuss für Umweltfragen, Volksgesundheit und Lebensmittelsicherheit[...] sei von der Lebensmittelindustrie erfolgreich unter Druck gesetzt worden, kritisiert der schwedische Abgeordnete. ´Die Argumente der Industrie wurden sowohl in den internen Verhandlungen als auch in den Ausschusssitzungen ständig wiederholt´, so Schlyter. ´Das hatte wirklich einen großen Einfluss auf die Entscheidungen.´ Der Lobbydruck der Industrie sei viel größer gewesen als die Interessenvertretung der Verbraucher.´Das ist ein echtes Demokratieproblem, weil es so ein großes Ungleichgewicht der Einflussmöglichkeiten gibt.´ "
Quelle: http://www.euractiv.de/wahlen-und-macht/artikel/lobby-schlacht-um-lebensmittelampel-003262
Als Abgeordnete meines Bundesland interessiere ich mich für Ihre Meinung zu den obigen Anschuldigungen!
Desweiteren interessiert mich, wie Sie selbst die Ablehnung der Lebensmittel-Ampel rechtfertigen.
Ich persönlich, als jemand der sich gerne gesund ernähren möchte, sich aber wie ein Großteil der Bevölkerung nicht sehr gut mit der genauen Bedeutung der Angaben auf den Verpackungen auskennt, die Lebensmittel-Ampel durchaus als praktisch empfinde.
Mit freundlichen Grüßen
Ole Meyer
Sehr geehrter Herr Meyer,
Ihre Fragen zur "Lebensmittelampel" möchte ich wie folgt beantworten:
Zunächst ist festzustellen, dass ich die Auffassung des Abgeordneten Schlyter nicht teile. Der Ausschuss für Umweltfragen, Volksgesundheit und Lebensmittelsicherheit ist von der Lebensmittelindustrie nicht "erfolgreich unter Druck gesetzt" worden. Vielmehr haben diesen - sowie im Anschluss daran das Plenum des Europäischen Parlaments - sachliche Gründe dazu geführt die Lebensmittelampel abzulehnen und stattdessen für eine breitere, detaillierte Kennzeichnung zu votieren. Die Lebensmittelindustrie hat ebenso wie Verbraucherschutzverbände im Vorfeld der Abstimmung ihre Argumente kommuniziert. Dieses Vorgehen ist nicht verwerflich, vielmehr Teil eines demokratischen Prozesses. Die freie Meinungsäußerung ist und bleibt ein hohes Gut. Entscheidend ist, dass das Parlament als solches seine Entscheidung unabhängig, d.h. allein aufgrund sachlicher Erwägungen fällt. Eben dies hat aber im Falle der Abstimmung zur Ampelkennzeichnung stattgefunden.
Folgende sachliche Argumente lagen meiner eigenen Entscheidung im Plenum zu Grunde. Sie haben gleichzeitig die konservative Mehrheit des Europäischen Parlaments geleitet:
Es ist keineswegs so, dass ich die "Lebensmittelampel" komplett ablehne. Ich bin aber der Auffassung, dass sie nicht als Pflichtkennzeichnung vorgeschrieben werden sollte, da sie u.a. nicht auf alle Lebensmittel und Getränke anwendbar ist. Hinzu kommt, dass gerade Wissenschaftler, z.B. die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE), sich gegen eine Ampelkennzeichnung aussprechen bzw. - wie die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) - eine Einteilung von Lebensmitteln in gute und schlechte Produkte ablehnen. Diese Institute argumentieren, dass aus wissenschaftlicher Sicht sich eine Ampelkennzeichnung nicht rechtfertigen lasse; zu unterschiedlich und vielfältig seinen die Lebensmittel. Auch haben britische Forscher festgestellt, dass Verbraucher die Ampelfarben Rot und Gelb als Warnung verstehen und nur noch "grüne" Produkte kaufen. Ein solches Verhalten würde aber langfristig zu einer Fehl- bzw. Mangelernährung führen, da dem Körper essentielle Nährstoffe nicht mehr zugeführt würden.
Angesichts dieser Tatsachen habe ich gegen die Ampel votiert. Sicher wäre eine Ampel für den Verbraucher leichter verständlich gewesen. Jedoch würde sie der Vielfalt und Verschiedenheit der Lebensmittelprodukte nicht gerecht werden. Damit würde sie dem Verbraucher den Einkauf nicht erleichtern, sondern erschweren, da er/ sie entgegen der farblichen Kennzeichnung für eine ganzheitliche und ausgewogene Ernährung sorgen müsste.
Ich hoffe Ihre Fragen zu Ihrer Zufriedenheit beantwortet zu haben.
Mit freundlichen Grüßen,
Dr. Godelieve Quisthoudt-Rowohl, MdEP