Portrait von Gisela Manderla
Gisela Manderla
CDU
Zum Profil
Frage stellen
Die Frage-Funktion ist deaktiviert, weil Gisela Manderla zur Zeit keine aktive Kandidatur hat.
Frage von Markus F. •

Frage an Gisela Manderla von Markus F. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Frau Manderla,

warum gibt es keine Volksentscheide auf Bundesebene? Mir, dem Souverän, reicht es nicht aus, nur alle 4 Jahre ein Kreuzchen bei der Bundestagswahl zu machen.

Mit freundllichen Grüßen

M. F. (Robin Wood Köln)

Portrait von Gisela Manderla
Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr F.,

vielen Dank für Ihre Anfrage, in der Sie die Frage aufwerfen, warum in der Bundesrepublik Deutschland Volksentscheide auf Bundesebene grundsätzlich nicht vorgesehen sind. Gerne nehme ich hierzu Stellung.

Das Prinzip „alle Staatsgewalt geht vom Volke aus“ ist das unumstößliche Fundament unserer repräsentativen Demokratie. Es ist demzufolge die Aufgabe der demokratisch gewählten Vertreterinnen und Vertreter des Volkes, sich mit politischen Fragen intensiv zu befassen und auf dieser Grundlage ausgewogene Entscheidungen zu treffen. Für diese verantwortungsvolle Aufgabe werden Bundestagsabgeordnete alle vier Jahre vom Volk "abkommandiert".

Volksentscheide übertragen diese Aufgabe und Verantwortung auf die zum Teil unvorbereitete Bevölkerung und untergraben so die Funktion nationaler, demokratisch gewählter Parlamente. Darüber hinaus zeigen unsere Erfahrungen mit Volksentscheiden auf der Ebene der Bundesländer, dass die Abstimmungsergebnisse kaum repräsentativ sind. Zum einen fällt die Beteiligung an Volksabstimmungen in der Regel wesentlich geringer aus als die Wahlbeteiligung bei Landtagswahlen. Zum anderen umfasst der Hauptanteil derjenigen, die sich an Volksabstimmungen beteiligen, grundsätzlich diejenigen Bürgerinnen und Bürger, die sich aus politischem Interesse heraus mit der Thematik auseinandersetzen. Bei Volksentscheiden bleiben entsprechend große Teile unserer Bevölkerung unterrepräsentiert. Hinzu kommt, dass der vermeintliche Wille Vieler oft unreflektiert ist und durch einseitige und verführerisch wirkende Wahlkampagnen leicht beeinflusst werden kann. Die Dimensionen und Konsequenzen solcher Entscheidungen sind für den oder die Einzelne dann kaum absehbar. Dies zeigte nicht zuletzt das BREXIT-Referendum in Großbritannien und die politisch schwierige Situation, in die sich das gespaltene Land seither manövriert hat. Im Übrigen haben sich die wesentlichen Initiatoren und Befürworter der BREXIT- Kampagne nach der Entscheidung mehrheitlich "aus dem Staub gemacht" und drücken sich nun um ihre Verantwortung. Es ließen sich noch weitere Negativbeispiele anführen, meine Position in dieser Frage ist aber bereits deutlich geworden: Volksentscheide sollten nicht als politisches Mittel zur Legitimierung oder als Ausweg bei politisch strittigen Entscheidungen eingesetzt werden.

Ich kann Ihren Standpunkt gut nachvollziehen, dass Sie als politisch interessierter Bürger politische Entscheidungen gerne noch intensiver mitgestalten möchten. Aus der gleichen Motivation heraus engagiere ich mich seit vielen Jahren in der Politik. Bundesweite Volksentscheide hingegen sind auch hier in meinen Augen der falsche Weg. Anstatt die demokratische Legitimität politischer Entscheidungen zu verstärken, bewirken Volksentscheide in der Praxis eher das genaue Gegenteil. Es ist daher richtig, dass unser Grundgesetz mit Ausnahme der Artikel 29 und 146 grundsätzlich keine Volksentscheide auf Bundesebene vorsieht. Mehr direkte Demokratie führt nicht automatisch auch zu einer besseren Demokratie. Dies bestätigte auch eine TNS Emnid Umfrage aus dem Jahr 2011, nach der 94 Prozent unserer Bevölkerung Wahlen als die beste Form der politischen Beteiligung betrachten.

Mit freundlichen Grüßen
Gisela Manderla