Frage an Ghalia El Boustami von Winfried S. bezüglich Umwelt
Sehr geehrte Frau Ghalia El Boustami,
Wie stehen Sie zu der Endlagerung von Atommüll im Schacht Konrad? Sind hier schon alle Weichen gestellt? Mir ist klar, dass der Atommüll irgendwo in Deutschland gelagert werden muss (die Frage hätte logischerweise vor Beginn des Baus der Kraftwerke geklärt werden müssen)?
Wie wird es in der Asse weitergehen (Eindringen von Wasser! und defekte Fässer! )?
Herzlichen Dank schon jetzt für Ihre Antwort!
Viele Grüße
W. S.
Sehr geehrter Herr W. S.,
vielen Dank für Ihre Frage, die ich wegen terminlichem Druck - und sicherlich nicht wegen Desinteresse!- erst jetzt beantworte.
Sowohl das Thema Asse II als auch Schacht Konrad machen mich betroffen, nicht nur, weil beide praktisch vor meiner, unserer Tür stehen, sondern auch als Bürgerin dieses Landes und dieser Welt. Denn: Giftige Strahlungen kennen keine Grenzen. Zum Thema Schacht Konrad: die Genehmigung nach Atomrecht von Schacht Konrad als Endlager für schwach- und mittelradioaktiven Müll aus dem ganzen Bundesgebiet erfolgte 2002. Die Erörtung fand 1992-1993 statt, nach einem langen Prozess. Problematisch ist, dass zur Zeit der Genehmigung der Stand der Forschung ein anderer war als heute. Auch zu dem Zeitpunkt galt noch die Asse II als sicher - wir wissen heute, wie dem so ist.
Sehr problematisch finde ich in diesem Zusammenhang, dass die Einlagerung bei Schacht Konrad so geplant ist, dass der Atommüll nicht mehr rückholbar sein wird. Das finde ich unverantwortlich, für den Fall, dass unvorhergesehene Probleme entstehen - genau wie wir es bei der Asse II beobachten. Auch wenn beide Standort geologisch sehr unterschiedlich sind, ist dies nicht auszuschließen. Daher meine klare Position: Ein Endlager ohne Rückholbarkeit ist inakzeptabel!
Zu den Maßnahmen bei Schacht Konrad begrüße ich, dass von der zuerst geplanten Erweiterung auf die doppelte Kapazität Abstand genommen wird. Das ist ein guter Schritt. Aber es reicht nicht! Dadurch wird die Sicherheit der Anlage an sich nicht erhöht. Und die gilt es, zu garantieren, wenn man den Müll ohne Rückholmöglichkeit einlagern will. Weiterhin laufen mühsame und kostenaufwendige Umbaumaßnahmen in Schacht Konrad. Das finde ich auch problematisch, solange die absolute Sicherheit des Endlagers nicht garantiert werden kann.
Das Thema der Beteiligung der Öffentlichkeit wird zwar von Politik und Betreiber bejaht, jedoch habe ich im Gespräch mit Bürgern und Initiativenvertreter*innen einen anderen Eindruck bekommen. Ich verstehe den Unmut der Menschen. Hier ist mehr Transparenz geboten. Wenn diese fehlt, entstehen Gerüchte, Mißtrauen und Spannungen, die den Prozess verhindern.
Zur Asse: Nach zwei Einfahrten und Gesprächen mit dem neuen Betreiber (BGE) sowie mit unterschiedlichen Initiativen un auf Veranstaltungen, z.B. der Begleitgruppe, kann ich mir allmählich eine Meinung in diesem hochkomplexen Thema bilden. Ich habe einen positiven Eindruck von dem neuen Betreiber gewonnen - da wird ernsthaft versucht, Transparenz herzustellen. Ganz klar ist, dass die Befestigungsmaßnahmen im Schacht und die Sicherung des beweglichen Salzberges höchste Priorität haben. Dazu zählen auch die Bindung des kleinen Anteils an radioaktivem Wasser in Beton und der Wegtransport des unbedenklichen Wasseranteils. Jedoch erscheint der Termin der Rückholung, die nun wirklich Konsens ist, als ziemlich weit weg in der Zukunft: 2033. Auch wenn das Problem z.T. in sehr schleppenden Genehmigungsverfahren liegt, ist es m.E. kein Grund, diese Situation nicht zu hinterfragen. Es ist politisch wichtig, sich mit ganzer Kraft dafür einzusetzen, darauf Einfluß zu nehmen. Wie gesagt: es ist mir bewusst, dass das juristische Verfahren z.B. sehr komplex ist, jedoch muss es Priorität sein, da mehr Tempo einzufordern - zum Wohle aller. Das Thema Zwischenlager ist zudem ein ganz Wichtiges: Wohin mit den Fässern nach der Rückholung? Diese Debatte muss dringend und tranparent geführt werden. Das wird nicht leicht sein. Mein Eindruck aber ist, dass aus unterschiedlichen Perspektiven die Bereitschaft da ist, das Thema anzupacken.
Auch der Beteiligungsprozess hat viele Hürden bestanden und die Begleitung ist momentan in einer "Krise". Im Rahmen der letzten Veranstaltung am 7.9. in Wolfenbüttel, zu der die Begleitgruppe eingeladen hatte, sind viele Probleme angesprochen worden. Positiv fand ich die Haltung der Initiativen, der Bürger, der BGE und mancher Politiker*in. Leider waren die Hauptverwaltungsbeamten nicht dabei, auch wenn eingeladen. Da muss Vertrauen wieder hergestellt werden. Kein leichtes Unterfangen, aber notwendig, wenn man weiterkommen will. Es müssen mehr die Inhalte in den Vordergrund gestellt werden, und nicht der Prozess - und zwar von allen.
Ich erhebe nicht den Anspruch, es "richtig" oder "besser" zu wissen - das wäre von mir vermessen. Jedoch will ich mich weiter mit dem Thema auseinandersetzen und falls ich gewählt werde, es zu einer meiner wichtigen Themen machen.
Ich wünsche Ihnen alles Gute und am 24. September eine gute Wahl.
Mit freundlichen Grüßen
Ghalia El Boustami