Frage an Gerold Otten von Thomas V. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Hallo Herr Otten,
in meiner Frage ,geht es mir um den Antrag ,den die AfD eingebracht hat,ein Protokoll ,der Zustimmung zum Migrationspakt,beizufügen,in dem stehen soll,dass der Migrationspakt völkerrechtlich nicht bindend ist.
Meine Frage ist:Was genau wollte die AfD damit bezwecken,wenn der Pakt als solches doch sowieso unverbindlich ist?
Mit freundlichen Grüßen
T. V.
Sehr geehrter Herr V.,
natürlich kann man weitläufig lesen, der Pakt sei unverbindlich. Die Bundesregierung will mit ihrer Unterzeichnung erreichen, dass sich andere Unterzeichnerstaaten an den Pakt halten, denn, so die Argumentation, alle anderen Länder sollen Migranten ebenso großzügig behandeln wie Deutschland. Dann würde der Migrationsdruck auf Deutschland abnehmen. Alle Unterzeichnerstaaten gehen damit freiwillig eine Selbstverpflichtung ein. Es geht im Pakt vordergründig also um Legalität. Soviel zum Pakt und zur gängigen Argumentation.
Tatsächlich geht es aber um Legitimität. Keine noch so ausgefeilte, demokratisch legitimierte gesetzliche Regelung wie beispielsweise ein nationales Einwanderungsgesetz kann Bestand haben, wenn mit dem Verweis auf eine eingegangene Selbstverpflichtung die Möglichkeit offen steht, staatliches Handeln als illegitim zu brandmarken. Genau das wird aber geschehen. Jeder Migrant, der aufgrund nationaler Einwanderungsgesetzgebung nicht geduldet wird, kann künftig über NGO’s etc. sein vermeintliches Recht einklagen; die Zielstaaten werden vor einem verfassungsrechtlichen Dilemma stehen, das unsere Regierung scheinbar aus den Augen verloren hat. Legitimität wird in demokratischen Staaten durch die Öffentlichkeit, Wahlen und die Willensbildung im Parlament geschaffen. Globale Zielvereinbarungen internationaler Organisationen stellen dieses Prinzip demokratischer Gemeinwesen auf den Kopf. Es liegt also zunächst ein verfassungsmäßiges Problem vor.
Hinzu tritt die rechtliche Problematik. Wenn internationale Gerichte den Inhalt eines solchen Paktes – etwa aufgrund einer Klage einer NGO – behandeln, steht zu befürchten, dass aus einem „Soft Law“ Völkerrecht und damit auch europäisches und deutsches Recht wird. Dabei sind insbesondere diejenigen Passagen des Paktes interessant, in denen einer anfänglichen Betonung nationaler Souveränität die unbedingte Pflicht zur Umsetzung der eingegangenen Verpflichtung gegenübergestellt wird (Ziffern 41 u. 42). Darüber hinaus sieht sich der Pakt als gleichrangig zu existierenden völkerrechtlichen Normen, denn er will dieselben in Bezug auf Migration konkretisieren (siehe Präambel).
Abschließend möchte ich nochmals auf die Frage der illegalen Migration zurückkommen. Gerichte können Klagen abgelehnter Migranten und deren Interessenvertreter aufgreifen. Wichtiger ist, dass gemäß Pakt dies nur die ultima ratio ist: Dort gibt es keine illegale Migration, sondern nur Migranten, die in einen „irregulären Zustand gefallen“ sind. Es ist also das Versagen des betreffenden Staates, nicht aber des Migranten. Ergo wird der betreffende Staat im Pakt aufgefordert, nicht etwa nach eigenem Recht und Gesetz zu verfahren und Urteile zu vollstrecken, sondern man soll Verfahren anbieten, wie ein illegaler Migrant zu einem legalen wird. Genau das ist in Deutschland bereits geschehen.
Der Pakt ist wahrlich ein „Trojanisches Pferd“ und ich bin erschüttert, mit welcher Ignoranz die etablierten Medien und Parteien, welche eigentlich ein Forum für Öffentlichkeit und Debattenkultur sein müssten, darüber hinwegsehen und Kritiker wie uns auf unterschiedliche Weise zu diskreditieren trachten. Ich danke Ihnen daher für Ihre Frage, denn dadurch kann ich auch in diesem Forum meine persönlichen Ansichten äußern. Sie werden aus meinen Worten entnehmen können, dass ich mich gegen diesen Pakt ausspreche und denke, ich konnte Ihre Frage nicht nur in Bezug auf die Gesetzgebung beantworten, sondern auch und vor allem mit Blick auf das verfassungsrechtliche Problem.
Mit freundlichem Gruß
Ihr Gerold Otten