Frage an Gerhard Klee von Ute B. bezüglich Finanzen
Sehr geehrter Herr Klee,
sicherlich können Sie mir etwas deutlicher erklären, weshalb die Stadt Hamburg so hoch verschuldet ist? Warum werden so wenig Leistungen für mich bzw. den Hamburger Bürger erbracht?
Mit freundlichen Grüßen
Ute-Petra Bucht
Sehr verehrte Frau Bucht,
die Gründe der Verschuldung der Stadt sind vielfältig.
Dabei spielt die undemokratische Kommunikation der Hamburgischen Bürgerschaft mit dem Bürger in in der Doppik- Bilanz des Hamburger Haushaltes seit 2006 eine entscheidene Rolle.
Ich fordere ein Internet-Bürger-Dialog-Portal für die Hamburgische Bürgerschaft, in welchem die Bürgerschaft Rede und Antwort steht über die fortgesetzte Staatsverschuldung der FHH.
Inhalt
Verkündigung ohne Dialog und Rechenschaft 2
Der Verkündigungsstil der Bürgerschaft 2
Geheimpolitik wie im alten Venedig 2
Schein-Dialog für 4 Wochen 2
Wir brauchen: Transparenz, Rechenschaft und Dialog 3
Es gibt keinen Bürgerdialog zur Verschuldung 3
Demokratie verlangt Transparenz der Verschuldungsrisiken 3
Demokratie verlangt Rechenschaft über die Schulden 3
Demokratie verlangt Dialog über Schuldenbegrenzung 3
Das Internet-Bürger-Dialog-Portal der Bürgerschaft 4
Internet: der Marktplatz für den Bürger-Dialog 4
Forum und Zuschauer 4
Umfragen, Stimmungsbilder 4
Aktive Demokratie 4
Verkündigung ohne Dialog und Rechenschaftsbericht
Der Verkündigungsstil der Bürgerschaft
Wer will, kann vieles von der Bürgerschaft lesen. Sie hat auch eine schöne Website (www.hamburgische-buergerschaft.de). Auf der Startseite erfährt der geneigte Leser etwas von einem rollenden Wahllokal und von einem Quiz mit Carlo von Tiedemann in Eimsbüttel. Auf den folgenden Seiten gibt es spannende Informationen darüber, wer die Abgeordneten sind, was die Hamburgische Bürgerschaft tut, wie der Bürgermeister gewählt wird, ja sogar Terminpläne des Parlaments sind angegeben. Es gibt sogar eine Rubrik "Politik zum Mitmachen", wo wir lernen können, was das heißt: "Bürgerinnen und Bürger gestalten Politik". Aber gestalten dürfen wir nicht..
Denn die Bürgerschaft sagt zwar immer und überall, wie sie arbeitet.
Aber: Sie sagt ums Verrecken nicht, was konkret sie tut. Ein Dialog mit dem Bürger über Inhalte der Politik findet nicht statt. Der Bürger darf mehr oder weniger ergriffen zusehen, wie die Bürgerschaft arbeitet – aber inhaltlich wird er nicht einbezogen. Mehr noch: Er wird ausgegrenzt.
Es gibt eine Website, die so ähnlich ist wie die der Hamburgischen Bürgerschaft: die Seite des Vatikan (www.vatican.va). Wunderschön gemacht, sympathisch zu lesen. Man erfährt viel Spannendes. Aber die Website ist nur auf Sendung eingerichtet. Nirgends wird eine Rückmeldung der Gläubigen erwartet, denn bekanntlich ist der Papst unfehlbar und weiß sowieso alles. Die Website des Vatikans ist eine reine Sende-Veranstaltung an die Gläubigen.
Genauso behandelt die Hamburgische Bürgerschaft ihre Wähler: nicht als mündige Bürger, mit denen Inhalte diskutiert werden; sondern als Gläubige, die – am besten auf Knien – demütig bewundernd die herrliche Arbeit der Bürgerschaft ergriffen zur Kenntnis nehmen.
An der Selbstdarstellung der Hamburgischen Bürgerschaft sind 150 Jahre Demokratie-Entwicklung spurlos vorbeigegangen.
Sie berichtet nicht, was sie tut, sie legt schon gar nicht Rechenschaft ab – sie verkündigt.
Geheimpolitik wie im alten Venedig
Wirklich brisante politische Entscheidungen werden ohne den mündigen Bürger getroffen. Etwa werden Bebauungspläne durchgepeitscht, ohne dass ein betroffener Bürger offiziell informiert, geschweige denn über seine Meinung befragt wurde. Ja, manchmal liegen Pläne aus. Doch niemand kommt – und wenn doch, müssen die Verantwortlichen irritiert bisweilen in den Keller steigen und nach dem Plan suchen, der doch angeblich ausliegt.
Casanova berichtet in seinen Erinnerungen, dass er in Venedig zu einer Gefängnisstrafe verurteilt wurde, doch er erfuhr nicht einmal das Strafmaß, denn das war geheim. Er fand sich nur irgendwann im Stadtgefängnis, in den Bleikammern, wieder, aus dem er bekanntlich flüchtete. Aber er wusste nicht: Wie viele Jahre würde er in Haft sein? Das war geheim.
So wird Politik in Hamburg gemacht. Ganz im Geheimen. Wie im Venedig des 18.. Jahrhunderts.
Schein-Dialog für 4 Wochen
Einmal, ein einziges Mal, durften die Hamburger Bürger der Bürgerschaft was schreiben. Da richtete die TUTech Innovation GmbH im Auftrag der Bürgerschaft ein Diskussionsforum zum Hamburger Haushalt ein: vom 18. April 2006 bis zum 12. Mai 2006. Man kann das, was die Bürger dort schrieben, sogar im Internet nachlesen. Ob sich die Bürgerschaft das je ansah, ja ob die Anregungen irgendwelchen Niederschlag im Hamburger Haushalt fanden, das ist nicht ersichtlich.
Wir brauchen: Transparenz, Rechenschaft und Dialog im Haushalt
Es gibt keinen Bürgerdialog
Es gibt zwar in der Bürgerschaft eine Presseabteilung, aber die ist für Verkündigungen zuständig. Es gibt aber offenkundig keinen einzigen Beamten, der für einen echten Bürgerdialog zuständig ist.
Bürgerdialog heißt: den Bürger fragen, was er denkt und wünscht, die Antwort anhören, nachdenken, Schlussfolgerungen ziehen. Und die eigene Arbeit auch daran ausrichten.
Doch das findet nicht statt. Mitten in unserer Demokratie müssen wir feststellen: Wir Hamburger sind für unsere Bürgerschaft: Untertanen. Und die Bürgerschaftsmitglieder sind: Majestäten.
Sie nehmen unsere Steuern, immerhin 10 Milliarden Euro im Jahr, und sie geben sie wieder aus, aber sie legen keine Rechenschaft ab.
Demokratie verlangt Transparenz der Zahlen der Verschuldung
Demokratie in Hamburg findet so statt: Alle vier Jahre machen die Parteien einen Wahlkampf, werden gewählt – und dann machen sie, was sie wollen. Viele Hamburger kritisieren, dass in Berlin der Regierende Bürgermeister Wowereit den Flughafen Tempelhof schließen will, obwohl die Mehrheit der Berliner dagegen ist. Doch wissen wir, wie viele Maßnahmen die Hamburgische Bürgerschaft beschließt, ohne dass die Bürger davon überhaupt erfahren?
Die erste Voraussetzung für eine funktionierende Demokratie ist: Transparenz. Alle Bürger, die sich dafür interessieren, müssen in der Lage sein, sich zu einzelnen Fragen, was die Bürgerschaft tut, zu informieren. Ob Bildung, Wirtschaft, Kultur, Stadtplanung… DAS müsste im Internet stehen: In der Bürgerschaft stehen folgende Fragen zur Entscheidung an…
Stattdessen sülzt uns die Bürgerschaft mit Carlo von Tiedemann und mit einem rollenden Wahllokal zu. Reden wir Tacheles: Hier wird der mündige Bürger von den wirklich bedeutsamen Themen abgelenkt!
Demokratie verlangt Rechenschaft über Zahlen der Verschuldung
Doch die Bürgerschaft müsste nicht nur ihre Projekte im Internet präsentieren, sie müsste auch dem mündigen Bürger einen echten Dialog ermöglichen. Bebauungsplan im Wohldorfer Wald? Aber da ist es doch selbstverständlich, dass die Bewohner und die, die dort gerne zur Erholung hingehen, ihre Meinung zur Planung sagen.
Und nicht nur haben sie ein Recht darauf, sich vor aller Augen mit ihrer Meinung zu Wort zu melden; vor allem haben sie ein Recht darauf, dass die Bürgerschaft antwortet. Substantiiert. Dass die Bürgerschaft die konkreten Wünsche, Vorschläge und Bedenken der engagierten Bürger ernst nimmt. Ja, einbezieht. Und da braucht man keine formalen Abstimmungen. Wenn die Bürgerschaft einen Plan zur öffentlichen Debatte stellt und wenn dann 80 % der Betroffenen Bedenken anmelden, dann sollten die Verantwortlichen sich die vorgetragenen Bedenken ruhig durchlesen und auf Schlüssigkeit prüfen. Und vielleicht den Plan ändern.
Demokratie verlangt Dialog über den Grund der Schulden der Stadt
Es kann ja sein, dass manche, die Stellung nehmen, von übergroßer Lust am Streit getragen werden. Deshalb ist eine behutsame, kluge und kompetente Antwort auf Bürgervorbringen eine absolute Selbstverständlichkeit – oder sollte es zumindest sein.
Dieser Dialog ist das Minimalzeichen für Respekt der Bürgerschaft gegenüber dem Bürger. Genau daran mangelt es heute. Wir wollen nicht mit rollenden Wahllokalen und Carlo von Tiedemann ruhiggestellt werden. Wir Bürger wollen von der Bürgerschaft ernst genommen werden.
Das Internet-Bürger-Dialog-Portal der Bürgerschaft
Internet: der Marktplatz für den Bürger-Dialog
Das zentrale Medium, worin die Bürger mit der Bürgerschaft in Dialog treten können, ist das Internet. Erstens ist für jeden Bürger dieser Dialog einfach zu führen, und zweitens ist genau hier die Öffentlichkeit vorhanden, die den Dialog besonders wertvoll macht: hier findet der Dialog vor aller Augen statt. Wer sich für Gesundheitspolitik interessiert, kann hier nicht nur selbst in den Dialog eintreten, sondern auch sehen, was andere kluge Bürger für Beiträge leisteten, Vorschläge machten, Kritik formulierten.
Was heute auf der Website der Bürgerschaft steht, ist auf einer wirklich dialogorientierten Website bestenfalls als Einleitung geeignet. Den Hauptteil müssten die Dialogseiten mit den Bürgern einnehmen, gegliedert nach Themen.
Und da muss es ans Eingemachte gehen. An die großen Themen, die uns alle bewegen. Und an die Lösungsansätze der Bürgerschaft.
Forum und Zuschauer
Im Mittelpunkt steht das normale Internet-Forum, worin alle interessierten Bürger in Dialog treten mit den zuständigen Mitgliedern der Bürgerschaft und ihren Mitarbeitern.
Dieses Forum wird von vielen, die Beiträge schreiben, aktiv genutzt. Darüber hinaus ist es eine gute Fundstelle für Bürger, die ganz einfach konkret wissen wollen, was in bestimmten Punkten gefordert wird.
Umfragen, Stimmungsbilder
Natürlich soll hier nicht auf kaltem Wege eine plebiszitäre Demokratie eingeführt werden. Doch neben dem Forum ergibt sich die Möglichkeit, Stimmungsbilder zu sammeln. Wenn zum Beispiel fast alle, die zu einem bestimmten Projekt etwas äußern, einen ablehnenden Kommentar abgeben, dann ist die Bürgerschaft gehalten, sich selbstkritisch zu fragen, ob sie hier wirklich den Willen der Bürger umsetzt.
In Form von Auswertungen der Forums-Kommentare und -Dialoge ist es mit wenig Aufwand möglich, Stimmungsbilder der Bevölkerung zu bestimmten Fragen einzufangen und abzubilden.
Aktive Demokratie bedeutet aktive Kostenkontrolle
So würden wir ein großes Stück nach vorne kommen in aktiver, gelebter Demokratie.
Es geht, wie gesagt, nicht um plebiszitäre Demokratie. Sondern darum, dass die Bürgerschaft aufgerufen ist, sich dem qualifizierten Dialog mit engagierten Bürgern nicht länger so kategorisch zu verweigern, wie sie das heute tut.
Die Staatsverschuldung geht uns alle an.
Wir Bürger wollen gefragt sein.
Mit freundlichen Grüssen
Ihr
Gerhard Klee