Frage an Gerald Weiß von Erwin H. bezüglich Arbeit und Beschäftigung
Vor 6 Jahren wurde die Anzahl der Mitarbeiter eines Senioren-Wohnstiftes um etwa ein Drittel reduziert. Dies hat seitdem zur Folge, dass sich bei den Verbliebenen die Anzahl der Überstunden deutlich erhöht hat: Weit über 300/Jahr sind keine Seltenheit, wovon mit der Januar-Abrechnung alle über 200 liegenden ´en bloc´ ausbezahlt werden, wobei man stets Gefahr läuft, in diesem Monat ein niedrigeres Netto-Einkommen zu erhalten als ´normalerweise´ üblich. Wer diese steuerliche Belastung per Einkommensteuererklärung berichtigen möchte, muss sich hierfür über ein Jahr gedulden, was einen weiteren Zinsverlust zur Folge hat!
Dass unter dieser Grenze liegende Überstunden - auch teilweise - NICHT ausbezahlt werden versteht sich bei diesem ´Geschäftsgebaren´ leider von selbst; die Mitarbeiter werden auf "Freizeitausgleich" vertröstet, der jedoch meist abgelehnt wird: "Aufgrund der momentanen personellen Situation musste der Dienstplan für den nächsten Monat dahingehend abgeändert werden, dass für Sie leider einige Arbeitsstunden mehr anfallen werden." Und wehe, wenn dann auch noch jemand wegen Krankheit oder Urlaub ausfällt!
Selbst die wirklich sehr engagierte MAV ("Mitarbeitervertretung") vermochte es bislang nicht, dagegen anzugehen! Auch wurden für 6 Jahre 8 (!) Pflegedienstleiter/innen ´benötigt´!
In den AVR ("Arbeitsvertragsrichtlinien des Diakonischen Werkes Bayern"), welche auch in anderen Bundesländern gelten, heißt es hierzu in
§ 20,7 "Arbeitszeitkonten": "Bis zu 200 Plusstunden können auf das nächste Kalenderjahr übertragen werden."
- Kann man den o. a. Paragraphen in dieser Form anwenden oder verstößt dies gegen Bundesgesetz?
- Wo liegt die vom Gesetzgeber zulässige "Höchstüberstundenzeit" (Zahlenwert) ab welcher man weitere Überstunden ablehnen kann?
- Gibt es einen Rechtsanspruch auf ´Freizeitausgleich’ (AVR § 20, 9)?
- Unter welchen bundeseinheitlichen Richtlinien ist eine Auszahlung geleisteter Überstunden möglich?
Besten Dank!
s. auch Google: DiAG-Info 4/2007 (PDF)
Sehr geehrter Herr Hass,
vielen Dank für Ihre Anfrage. Wenn ich das richtig sehe, dann arbeiten Sie bei einer Einrichtung der Diakonie. Diese unterliegt vertragsrechtlich sehr wahrscheinlich kircheneigenen Regelungen. Diese sind mir nicht genau bekannt und es verbietet sich auch, dass ich, als Teil der Legislative, konkreten Rechtsrat gebe. Das ist die eine Seite. Allerdings gibt es durchaus allgemeine Regelungen bezüglich der Arbeitszeit, Überstunden und Freizeitausgleich. Was den Ausgleich von Arbeitszeit angeht, gilt etwa folgende Regel: Besondere Umstände erfordern besondere Maßnahmen. Deshalb erlaubt das Arbeitszeitgesetz in außergewöhnlichen Fällen Ausnahmen von den Arbeitszeit-Grundnormen. Allerdings muss hierbei die Mehrarbeit innerhalb eines halben Jahres auf durchschnittlich 48 Stunden pro Woche ausgeglichen werden.
Diese arbeitsrechtlichen Regeln werden dezidiert und auf verständliche Art und Weise im Arbeitszeitgesetz aufgeführt, das Sie unter folgender Internetadresse des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales herunterladen können:
http://www.bmas.de/coremedia/generator/9804/arbeitszeitgesetz__a__120.html
Die Lektüre wird Ihnen die Rechtslage aufzeigen und bei Ihren Fragen helfen. Ich hoffe, dass ich Ihnen mit dieser Information weiterhelfen konnte.
Mit freundlichen Grüssen
Gerald Weiß