Frage an Georgios Chatzimarkakis von Martin R. bezüglich Wirtschaft
Sehr geehrter Herr Chatzimarkakis.
Anlässlich der Erstellung einer Biogasanlage in unserer Umgebung möchte ich Sie fragen, ob es nach Ihrer Auffassung Volkswirtschaftlich unter den derzeitigen Gegebenheiten ( siehe nachfolgend ) vertretbar ist solche Anlagen zu genehmigen?
In diesen Biogasanlagen werden überwiegend Getreide, Mais und Zuckerrüben „vergast“. Diese Erzeugnisse werden im Anbau hoch subventioniert und anschließend das erzeugte Gas nochmals subventioniert.
Wie hoch sind die Subventionen für Getreide, Mais und Zuckerrüben bezogen auf den Weltmarktpreis?
Hat denn jemand unter Einbeziehung der Subventionen schon mal errechnet was ein Kubikmeter Biogas kostet?
Wie hoch sind die CO²- Emissionen unter Einbeziehung der zu „vergasenden“ landwirtschaftlichen Produkte einschließlich der Erzeugung der verwendeten Dünger usw. ?
Mit freundlichen Grüßen
Martin Rau
Sehr geehrter Herr Rau,
besten Dank für Ihre Nachricht, in welcher Sie die Frage aufwerfen, ob es volkswirtschaftlich vertretbar sei, Biogas-Anlagen zu genehmigen. Gerne nehme ich dazu Stellung.
Sie treffen damit den Kern einer aktuellen und sehr kontrovers geführten Diskussion zum Thema Erneuerbare Energien.
Zunächst einmal: Staatliche Subventionen der Landwirtschaft werden nach der Reform der gemeinsamen Agrarpolitik der EU im September 2003 unabhängig von den erzeugten Produkten gewährt und beziehen sich u.a. auf die Größe des Betriebs.
Des Weiteren beziehen die Erzeuger von Biogas selbst keine Subventionen im eigentlichen Sinne. Vielmehr werden entsprechende Technologien nach dem Erneuerbaren-Energie-Gesetz mit 9-20 c/kWh gefördert, abhängig von Größe und Rohstoffverwendung der Biogasanlage.
Daher sind Rechnungen, die Subventionen landwirtschaftlicher Produkte und Förderungen für Biogas addieren und darüber hinaus deren Wirtschaftlichkeit bewerten, kaum möglich.
Dennoch stellt sich die berechtigte Frage, warum Biogasanlagen überhaupt staatliche Mittel erhalten und ob diese volkswirtschaftlich und umweltpolitisch vertretbar sind. Generell steht die FDP Subventionen kritisch gegenüber, da sie offene und flexible Märkte verhindern und damit fortschrittsfeindlich sein können.
Dennoch ergibt die Förderung von Biogasanlagen unter Einbeziehung der folgenden Sachverhalte Sinn.
Die EU hat sich das ehrgeizige Ziel gesetzt, bis 2020 20% des Energieendverbrauchs in Europa aus erneuerbaren Energien zu beziehen. Hier geht es nicht nur darum, das Klima zu schonen und weltweit eine Vorreiterrolle in nachhaltigem Wirtschaften zu erreichen. Vielmehr geht es auch darum, von EU-externen Energielieferanten wie zum Beispiel Russland unabhängiger zu werden. Ganz aktuell haben wir wieder erlebt, wie ein Konflikt des Landes mit einem Nachbarland - in diesem Fall Weißrussland - auch die Energielieferung nach Deutschland beeinträchtigen kann.
Die EU unterstützt Erneuerbare Energien folglich mitnichten mit dem Ziel der Dauersubventionierung. Ziel ist es, Technologien zu fördern, welche die Nutzung erneuerbarer Energien und also auch von Biogas erst möglich machen und ihnen den Weg zur Wettbewerbsfähigkeit ebnen.
Dies ist auch aus einem weiteren Grund langfristig volkswirtschaftlich sinnvoll: Fossile Energien sind nicht zukunftsführend. Auch global werden Volkswirtschaften sich langfristig alternativen Energiequellen zuwenden müssen. Prescht die EU jetzt mit der Entwicklung entsprechender Technolgien voran, kann dies zur Entwicklung eines sehr lukrativen Exportmarktes führen.
Nicht zuletzt spielt insbesondere Biogas für die realistische Erreichung der Klimaziele und der langfristigen verminderten Abhängigkeit von EU-externen Energiequellen eine wichtige Rolle: Anders als Wind- und Sonnenenergie verläuft die Gewinnung von Biogas unabhängig von geographischen und klimatischen Schwankungen. Dadurch steht es zur Erzeugung von Spitzenlaststrom zur Verfügung und ist somit besser zur Ersetzung konventioneller Energiequellen geeignet.
Zum Thema CO2-Emissionen ist festzuhalten, dass auch hier die Diskussion sehr kontrovers verläuft, wie klimafreundlich Biogasproduktion aktuell ist und sein kann. Die CO2-Bilanz hängt vom verwendeten Rohstoff sowie Düngermittel ab, weshalb es sehr schwierig ist, schlüssige Rechnungen zu erstellen.
Ich hoffe, ich konnte Ihnen den Hintergrund der Subventionspolitik in Bezug auf die energiepolitischen Überlegungen der EU verdeutlichen.
Mit freundlichen Grüßen
Jorgo Chatzimarkakis