Frage an Georg Kippels von Kathrin und Julian R. bezüglich Soziale Sicherung
Sehr geehrter Herr Dr. Kippels,
wir schreiben Ihnen in Bezug auf Ihre Position zum bundesweiten Wildtierverbot im Zirkus. Als aktive Mitglieder unserer Gesellschaft und in Berufen mit Vorbildfunktion (Lehrer) möchten wir Sie eindringlich darum bitten, sich gegen die entbehrliche, grausame und überholte Tradition von Wildtieren im Zirkus auszusprechen.
Im Gegensatz zu zahlreichen anderen europäischen Staaten wird es in Deutschland abgesehen von wenigen fortschrittlichen Organisationen (z.B. „Cirque du Soleil“) scheinbar weitgehend akzeptiert, Wildtiere für Zirkusauftritte zu nutzen und das trotz der kaum zu leugnenden Beweise, dass in Gefangenschaft gehaltene Tiere in großem Ausmaß körperlich und psychisch leiden.
Aus der Verhaltensforschung ist bekannt, dass ein Großteil der im Zirkus auftretenden Wildtiere in Freiheit in ausgeprägten sozialen Strukturen lebt, oftmals markanter als es für Menschen üblich ist. Allein der Umstand diese Tiere separiert zu halten reicht häufig aus, beträchtliche psychische Schädigungen, wie Depressionen, Angstzustände, Aggressionen oder Psychosen hervorzurufen.
Die Bedingungen, unter denen Wildtiere im Zirkus gehalten werden, sind alles andere als ethisch akzeptabel. Neben grausamer Bestrafung, strengen Trainingssystemen, misshandelnden Trainern, schlechter Ernährung und Einzelunterbringung, sind unangemessene und unzureichende Bewegung sowie die Ermangelung an natürlicher Stimulation ein Elend, das diese Tiere täglich erleiden müssen.
Tatsächlich scheint es, dass Kinder und ein beträchtlicher Teil der erwachsenen Bevölkerung Gefallen am Anblick von Wildtieren finden. Doch muss man sich die Frage stellen, in welchem Ausmaß und mit welchen Konsequenzen dies gerechtfertigt ist. Es ist höchste Zeit, zu akzeptieren, dass es falsch und unnötig ist, andere Lebewesen in Gefangenschaft zu halten. Der Begriff Wildtiere sagt ganz genau aus, wohin diese Tiere gehören: in die Wildnis.
Mit freundlichen Grüßen
Kathrin und Julian Rawlings
Sehr geehrte Familie Rawlings,
Die Haltung von Tieren in Zirkusbetrieben stellt mit Blick auf den Tierschutz eine besondere Herausforderung dar. Wildtiere stellen besonders hohe Ansprüche an ihre Haltung und Unterbringung. Allein die häufigen Ortswechsel und die damit verbundenen Transporte können zu Schäden führen, die keinem Tier zuzumuten sind. Es ist nicht zu akzeptieren, dass Tieren im Zirkus Leid oder Schmerzen zugefügt wird.
Wenn es zu Verstößen gegen das Tierschutzgesetz kommt, sind die zuständigen Behörden der Länder in der Verantwortung, diese aufzuklären und gegebenenfalls entsprechende strafrechtliche Konsequenzen zu ziehen. Das Tierschutzgesetz bietet dafür die gesetzliche Grundlage.
Ein generelles Verbot der Haltung von Wildtieren im Zirkus ist mit Blick auf verfassungsmäßig geschützte Grundrechte allerdings nicht durchsetzbar. Dies würde einerseits unberücksichtigt lassen, dass durchaus bestimmte Tiere bei artgerechter Haltung auch in Zirkussen ein Leben ohne „Schmerzen, Leiden und Schäden“ führen können. Sich aber auch unmittelbar auf die Berufsfreiheit von Tierlehrern und Zirkusunternehmern auswirken.
Vor drei Jahren hat die Bundesregierung die Novelle des Tierschutzgesetzes auf den Weg gebracht und verabschiedet. Hier wurde unter anderem eine Verordnungsermächtigung aufgenommen, die ein Verbot bestimmter wildlebender Tiere in Zirkussen ermöglicht.
Ich denke mit dieser Regelung wurde ein angemessener Ausgleich geschaffen, um sowohl die bis zu diesem Zeitpunkt bestehenden Tierschutzlücken zu schließen und gleichzeitig aber dem Wunsch vieler Besucher und Zirkusbetreiber nach Tierdressuren in Zirkussen, die die Würde des Tieres achten, zu ermöglichen.
Dies entbindet die Bundesländer aber nicht von der Pflicht, die Tierhaltung in den Zirkussen insgesamt strikt zu kontrollieren und die Aufnahme beschlagnahmter Wildtiere sicherzustellen.
Eine Möglichkeit, um Zirkuswildtiere adäquat zu beherbergen und pflegen, wären z.B. auch eigens für Zirkusse entwickelte Fortbildungsmaßnahmen. Dies ist etwas worüber sich durchaus nachdenken lässt.