Frage an Georg Kern von Alexander M. bezüglich Recht
Sehr geehrter Herr Kern,
in den Jahren zwischen dem Fall des Eisernen Vorhangs und den Terroranschlägen von New York und Washington wurden in Deutschland die Mittel für den Zivil- und Katastrophenschutz massiv gekürzt. Dann kamen die Anschläge auf das World Trade Center und das Pentagon, gefolgt von einigen weiteren Anschlägen (z.B. in Madrid und London). Sofort wurden Stimmen laut, dass man den Zivil- und Katastrophenschutz stärker fördern müsse, um für neue Bedrohungen gewappnet zu sein.
In der Folge kam es teilweise zu massiven Investitionen des Bundes (der ja primär für den Katastrophenschutz zuständig ist), z.B. für Spürwägen (ABC-Schutz) bzw. für Küchen-LKW (Betreuungsdienst). Dennoch ist insbesondere die Ausstattung jenes Teils des Katastrophenschutzes, der nicht durch die Feuerwehr abgedeckt wird – primär des Sanitätsdienstes – absolut nicht ausreichend. Teilweise müssen hier Fahrzeuge eingesetzt werden, die deutlich älter als 20 Jahre alt sind und sowohl im Hinblick auf ihre notfallmedizinische Ausstattung als auch im Hinblick auf ihre Fahrsicherheit nicht mehr zeitgemäß sind. Solche Fahrzeuge kommen auch für die Abdeckung des Sanitätsdienstes bei den Spielen der Fußball-WM in Kaiserslautern zum Einsatz. Zugleich kommt dort auch ein moderner Abrollbehälter mit Sanitätsmaterial, der bei der LFKS in Koblenz stationiert ist, zum Einsatz. Mit diesem AB wird sich auf Landesebene gerne gebrüstet, da man damit den Eindruck erwecken kann, dass die Ausstattung des Katastrophenschutzes optimal ist. Auf lokaler Ebene ist dem aber eindeutig nicht so, denn dort kommen primär die erwähnten veralteten, nicht mehr zeitgemäßen Fahrzeuge zum Einsatz.
Welche Möglichkeiten sehen Sie, auch in Zeiten knapper Haushaltsmittel kurzfristig eine bessere Ausstattung des Sanitätsdienstes im Katastrophenschutz zu erreichen, um somit auch im Krisenfall die notfallmedizinische Versorgung der Bevölkerung zu sichern?
Viele Grüße aus Kandel
Alexander Mühl
Sehr geehrter Herr Mühl,
vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich leider aufgrund der Vielzahl der täglich bei mir eingehenden Mails nicht sofort beantworten konnte. Für die zeitliche Verzögerung bitte ich Sie daher um Ihre Nachsicht.
Meine Erfahrungen und Kenntnisse über den Sanitätsdienst im Katastrophenschutz gründen sich auf meine Erfahrungen, die ich als aktives Mitglied des DRK seit ca. 20 Jahren (speziell auch im Wasserrettungsdienst)sammeln konnte.
Soweit mir in Erinnerung kam es, ausgelöst durch das Großereignis in Ramstein beim dortigen Flugtag 1988 zum Auf- und Ausbau von sogenannten Schnelleinsatzgruppen, die gerade bei Unglücksfällen oder Notlagen, von denen zahlreiche Menschen betroffen sind, zum Einsatz kommen sollten.
Die damaligen Eindrücke beeinflussten auch die Zielsetzung, ein recht dichtmaschiges Netz auf der Ebene von Landkreisen einzurichten. Wurden anfänglich beträchtliche finanzielle Mittel eingesetzt, so ist mittlerweile aufgrund fehlender, vergleichbar beträchtlicher Schadensfälle ein Rückgang und Stillstand in der Entwicklung und im Unterhalt erkennbar. Gerade durch die Berichterstattung im letzten Jahr über die Situation in Landau hat vielen Mitbürgerinnen und Mitbürgern einen Eindruck vermittelt.
Vielfach ist es, wie Sie selbst ausführen, heute so, dass Altfahrzeuge, deren Einsatzzweck umgewidmet wurde, bei den Sanitätsdiensten zur Verfügung stehen. Mag sein, dass so zwar zahlenmäßig guter Eindruck vorherrscht, der technische Ausstattungsstand jedoch längst nicht mehr zeitgemäß ist.
Neben dem Fahrzeugzustand ist aber auch die Ausstattung (wie z. B. mit Funkgeräten) oft nicht mehr modern und bedingt so auch Einschränkungen für den eigentlichen Einsatzzweck (beeinträchtigte Kommunikation; Stichwort: flächendecker Einsatz von Digitalfunk).
Selbst wenn zwischenzeitlich die Problematik von sogenannten Großschadensereignissen mehr und mehr in den Hintergrund der aktuellen Tagespolitik getreten scheint, ist die Ausstattung des Katastrophenschutzes weiterhin eine wesentliche Aufgabe für Bund und Land.
Ein großes Problem wird, wie Sie durch Ihre Fragestellung selbst andeuten, die Bereitstellung der notwendigen Finanzmittel sein, welche für die angemessene Ausstattung benötigt wird.
Die größte Herausforderung der kommenden Wahlperiode liegt meines Erachtens in der Stabilisierung der öffentlichen Finanzen des Landes(auch und gerade auf kommunaler Ebene, bei den Landkreisen und Gemeinden). Ich trete daher für eine grundlegende Überprüfung und Neuordnung der Landesfinanzen ein und sehe durchaus auch gute Ansatzpunkte für "Einsparungen im Landeshaushalt" (geänderte Mittelverwendung). Gerade durch PR-Maßnahmen und zahlreiche Berateraufträge hat die Landesregierung in der letzten Wahlperiode ca. 4 Millionen Euro verausgabt, die meines Erachtens an anderer Stelle sinnvoller hätten eingesetzt werden können.
Diese strikte Überprüfung ("Kassensturz") und Neuordnung der Finanzmittelverwendung ist meiner Auffassung nach, gerade auch notwendig, um die finanziellen Spielräume des Landes zu verbessern, die als Grundlage für die Erneuerung der Ausstattung im Sanitätsdienst des Katastrophenschutzes benötigt werden.
Sehr geehrter Herr Mühl,
zusammenfassend möchte ich feststellen, dass die Problemlage des Sanitätsdienstes im Katastrophenschutz - nicht zuletzt auch auf der Grundlage meiner eigenen Erfahrungen durch die Arbeit im DRK - mein besonderes Augenmerk bisher und weiterhin findet.
Da ich aufgrund Ihrer Anfrage in Ihnen ein aktives Mitglied des Sanitätsdienstes vermute, stehe ich Ihnen gerne für ein Gespräch vor Ort zur Verfügung. Dabei können wir dann weitergehende Fragen und auch speziell die Situation in Kandel aufgreifen.
Ich möchte besonders erwähnen - da sich dieses Gesprächsangebot wohl kurzfristig nicht mehr realisieren lässt - dass meine Gesprächsbereitschaft auch für die Zeit nach der Landtagswahl am 26.03.2006 gilt !
Mit freundlichen Grüßen
Georg Kern