Frage an Gabriele Lösekrug-Möller von Heiko A. bezüglich Familie
Sehr geehrte Frau Lösekrug-Möller,
meine Frage wurde an Sie in ähnlicher Form schonmal im November 2007 gestellt. Warum wird das Kindergeld bei ALG-Empfängern als Einkommen angerechnet? In dieser Hinsicht ist man als Arbeitsloser doppelt bestraft. Erst verliert man seinen Job und das Kindergeld wird noch als Einkommen angerechnet. Wenn man einen Job hat, hat man das Kindergeld ja zusätzlich und kann es für die Kinder einsetzen. Und auch die Kinder müssen darunter leiden. Man kann ihnen keine gesicherte Zukunft mehr geben. Ich merke es selber in meiner Familie. Meine Partnerin und ich sind arbeitslos. Ich hatte bis Januar 2009 noch Arbeit. Bis dahin sind wir gut über die Runden gekommen. Jetzt fehlen uns monatlich knapp 300 Euro und wir müssen phasenweise mit 15 Euro für eine Woche auskommen. Das Kindergeld ,das wir lieber für unsere Kinder verwenden würden, müssen wir für unsere monatlichen Fixkosten nutzen.
Gibt es denn nun endlich mal seitens der Politik eine Lösung diese Ungerechtigkeit zu beseitigen? Alles reden davon die Kinderarmut zu bekämpfen. Das wäre eine Lösung aus diesem Dilemma. Stattdessen werden den Banken Milliarden in den Rachen geworfen und die Manager die diese Krise verursacht haben läßt man in Ruhe. Die brauchen sich ja keine Gedanken über ihre Zukunft machen.
Mit freundlichen Grüßen
Heiko Arnold
Sehr geehrter Herr Arnold,
ich freue mich wie aufmerksam Sie meine Antworten lesen, denn das beweist ihre Frage.
Trotzdem hat sich an der rechtlichen Situation, wie ich in meiner damaligen Antwort schildere, nichts geändert.
Dafür zitiere ich zunächst das Sozialgesetzbuch II:
"Nachrangigkeit (§ 12a SGB II)
Die Leistungen der Grundsicherung nach dem SGB II sind grundsätzlich nachrangig gegenüber Sozialleistungen anderer Träger. Wer durch andere Sozialleistungen seine Hilfebedürftigkeit vermeiden, beseitigen, verkürzen oder vermindern kann, ist dazu verpflichtet, diese in Anspruch zu nehmen."
Geändert und zwar erheblich verbessert, hat sich aber in der zu Ende gehenden Wahlperiode die Situation von Kindern und ihren Eltern. Dafür möchte ich Ihnen Beispiele aufzeigen.
1. Am 26. September 2008 hat der Bundestag den Koalitionsentwurf eines Kinderförderungsgesetzes (Drs. 16/9299, 16/10357) und damit einen Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung ab eins beschlossen. Unter rot- grün hatte die damalige Familienministerin Renate Schmidt mit dem Tagesbetreuungsausbaugesetz begonnen, Betreuungsplätze für Kinder unter 3 Jahren auszubauen. Dank der SPD- Bundestagsfraktion wird das Tempo jetzt verschärft. Bis 2013 soll somit für 35% der Kinder ab dem 1. Lebensjahr ein Betreuungsangebot zur Verfügung stehen. Denn 90% der Frauen wollen einen Beruf ausüben, gleichzeitig aber Kinder großziehen. Auch Männer wollen heute als aktive Väter gelten. Darum besteht die Notwendigkeit „Neuer Akzente in der Familienpolitik“. Die SPD verfolgt weiter die Überzeugung, dass Kinder und ihre Familien eine größere Entlastung und Förderung erfahren, wenn in Betreuungs- und Bildungseinrichtungen, also in die Struktur, investiert wird.
2. Über die Familienkassen wird an alle Kindergeldbezieher eine Einmalzahlung (Kinderbonus) von 100 Euro je Kind ausgezahlt. Sie wird nicht mit den Bedarfssätzen der Bezieher von Sozialleistungen verrechnet. Die Einmalzahlung wird bei der Einkommensteuerveranlagung für das Jahr 2009 mit den Kinderfreibeträgen verrechnet.
3.Die abgeleiteten Regelsätze für Kinder im SGB II und SGB XII werden verändert. Für Kinder im Alter von 6 bis 13 wird die Förderung auf 70 % des Eckregelsatzes mit Wirkung zum 1.7.2009 erhöht. Damit wird dem Anliegen die Regelsätze für Kinder nach einer Überprüfung anhand des realen Bedarfes anzupassen, Rechnung getragen. Ich persönlich setze mich dafür ein, die Sinnhaftigkeit einen eigenen Kinderregelsatz zu prüfen.
4. Am 5. März 2009 ist der SPD-Bundestagsfraktion ein Durchbruch gelungen. Nun stimmt auch die Union der Gewährung des Schulbedarfspakets bis zum 13. Schuljahr zu. Außerdem wird der Kreis der Kinder erweitert, der einen Anspruch auf das Schulbedarfspaket in Höhe von 100 Euro jeweils zum Schuljahresbeginn hat. Dies waren bislang Kinder aus Familien, die entweder Arbeitslosengeld II oder Sozialhilfe erhalten. Künftig bekommen auch Kinder aus Familien, die trotz eigenen Einkommens zur Bewältigung ihres Lebensunterhaltes den Kinderzuschlag erhalten, das Schulbedarfspaket. Außerdem wird diese jährliche Unterstützung des Schulbesuchs auch Vollzeitberufsschülern gewährt, die keine Ausbildungsvergütung erhalten. Das Schulbedarfspaket soll Familien beim Erwerb der persönlichen Ausstattung ihrer Kinder für die Schule (Schulranzen, Turnzeug, Schreib-, Rechen- und Zeichenmaterialen) unterstützen. Am 19. Juni 2009 hat das Schulmittelbedarfspaket im Zuge des sogenannten Bürgerentlastungsgesetzes seinen Weg in das deutsche Gesetzbuch gefunden.
Ich denke, ich konnte Ihnen hiermit Beispiele für eine gelungene Familienpolitik vorführen, die auch ganz besonders das Ziel hat, Kinderarmut zu vermeiden und zurückzudrängen.
Und trotzdem haben Sie Recht, das Thema Kinderarmut bleibt ein wichtiges und findet sich deshalb auch an exponierter Stelle im Regierungsprogramm der SPD: "Kein Kind soll in Armut aufwachsen. Das ist leider noch nicht Realität. Der beste Schutz vor Kinderarmut ist eine existenzsichernde Erwerbsarbeit der Eltern. Zur Bekämpfung der Kinderarmut wollen wir eine intensive Abstimmung der kinder-, jugend-, sozial- und bildungspolitischen Instrumente über die politischen Ebenen hinweg. Wir wollen eine kinder- und familienfreundliche Gesellschaft."
Und auch zum Thema der Managergehälter möchte ich das Regierungsprogramm der SPD zitieren: "Die Begrenzung von Managergehältern. Verantwortungsvoll handelnde Bankmanager brauchen Anreiz- und Vergütungssysteme, die auf mehr Nachhaltigkeit statt auf schneller Rendite ausgerichtet sind. Gehaltsexzesse und goldene Handschläge für unfähige Manager dürfen nicht von der Allgemeinheit mitfinanziert werden. Die Große Koalition hat bereits einige Maßnahmen auf den Weg gebracht; diese reichen aber nicht aus. Wir wollen, dass Vorstandsvergütungen und –abfindungen oberhalb einer Höhe von einer Million Euro nur noch zur Hälfte steuerlich geltend gemacht werden können. Erfolgsabhängige Vergütungsbestandteile wie etwa Bonuszahlungen sollen künftig mehrjährige Bezugszeiträume haben und erst am Ende dieser Mehrjahresperiode ausgezahlt werden. Der Wechsel bisheriger Vorstandsmitglieder in den Aufsichtsrat einer börsennotierten Aktiengesellschaft soll erst nach zwei Jahren möglich sein, es sei denn die Wahl erfolgt auf Vorschlag von Aktionären, die über mindestens ein Viertel der Stimmrechte halten."
Ich grüße Sie
Gabriele Lösekrug-Möller