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Fritz Güntzler
CDU
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Frage von Nicole G. •

Frage an Fritz Güntzler von Nicole G. bezüglich Arbeit und Beschäftigung

Sehr geehrter Herr Güntzler,

das Schweizer Drei-Säulen-Modell für die Rente taugt zwar nicht in Gänze als Vorbild, einzelne Elemente werden jedoch für kopierfähig gehalten.

Bei der erste Säule handelt es sich in der Schweiz um eine verpflichtende Rentenversicherung, die wie in Deutschland umlagefinanziert ist: Was die Jüngeren einzahlen, wird unmittelbar an die Rentner ausgezahlt.

Im Vergleich zum deutschen System gibt es jedoch zwei ganz entscheidende Unterschiede:

Zum einen besteht die Versicherungspflicht für die ganze Bevölkerung, also auch für Selbstständige, Hausfrauen oder Beamte.

Zum anderen ist die Höhe der Beiträge anders als in Deutschland nicht bei einem bestimmten Betrag gedeckelt. Begrenzt ist aber die ausgezahlte Rente.

Andererseits ist damit der Solidargedanke – die Reichen stehen für die Schwachen ein – sehr ausgeprägt.

http://www.fr-online.de/arbeit---soziales/rente-deutschland-blickt-mit-neid-auf-die-schweiz,1473632,17045838.html

Warum Zahlen in Deutschland nicht wie in der Schweiz alle Berufsgruppen, also auch Politiker, Beamte, Ärzte, Anwälte, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer, Architekten... in die gesetzliche Rentenversicherung ein?

Wie ist hier der aktuelle Stand?

Mit freundlichen Grüßen,

N. Grothey

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Antwort von
CDU

Sehr geehrte Frau Grothey,

vielen Dank für Ihre Frage.

Wie Sie in Ihrer Frage schon zutreffend erwähnen, ist ein Vergleich der beiden Rentensysteme nur schwer möglich. Die Systeme bauen auf anderen Prinzipien auf.

Wir können uns in Deutschland auf ein funktionierendes System verlassen. Beim Vergleich von Rentenempfängern und den Empfängern von Versorgungsbezügen ist eine differenzierte Betrachtung notwendig. Zum einen ist das Versorgungsniveau unter den Ruhestandsbeamten der einzelnen Bundesländer, der Kommunen sowie den Versorgungsempfängern des Bundes durchaus sehr unterschiedlich, was auch auf die unterschiedliche Erwerbsbiographien und Qualifikationen im öffentlichen Dienst der verschiedenen Gebietskörperschaften zurückzuführen ist. Der Bund ist hierbei nur für die Versorgung der Ruhestandsbeamten des Bundes regelungsbefugt.

Im Grundsatz ist ein direkter Vergleich der gesetzlichen Rentenversicherung und der Beamtenversorgung sowie ihrer jeweiligen Anpassungssätze nur bedingt möglich. Bei der gesetzlichen Rentenversicherung und der Beamtenversorgung handelt es sich um zwei verschiedene Alterssicherungssysteme, die auf jahrzehntelangen Traditionen beruhen und unterschiedlichen Entwicklungen unterworfen waren. Bei kurzfristigen Betrachtungen wird zudem häufig verschweigen, dass die Versorgungsbezüge der Beamten seit 1958 um das Sechsfache, die Renten jedoch im selben Zeitraum um mehr als das Zehnfache gestiegen sind.

Ein weiterer wesentlicher Unterschied ist folgender: Während die gesetzliche Rente die Funktion einer Regelsicherung erfüllt (erste Säule der Altersvorsorge), die oftmals von einer betrieblichen Altersrente als Zusatzsicherung ergänzt wird (zweite Säule), bildet die Beamtenversorgung bei der Altersversorgung sowohl die erste als auch die zweite Säule der Altersvorsorge ab (Regel- und Zusatzsicherung).

Die Renten der gesetzlichen Rentenversicherung und die Versorgungsbezüge der Bundesbeamten sind dynamisch. Während die Renten jährlich per Verordnung auf der Grundlage der Veränderung der durchschnittlichen Bruttolöhne und -gehälter angepasst werden, erfolgt die Anpassung der Versorgungsbezüge in Abhängigkeit von Besoldungserhöhungen, die sich wiederum ganz überwiegend an den Tarifabschlüssen für den öffentlichen Dienst des Bundes orientieren. Nur wenn die Dienstbezüge erhöht oder vermindert werden, hat eine entsprechende Anpassung der Versorgungsbezüge zu erfolgen. Während Kürzungen der Renten aufgrund einer Schutzklausel ausgeschlossen sind, ermöglicht die Anpassung der Versorgungsbezüge durch Bundesgesetz hingegen Kürzungen in Reaktion auf die aktuelle Haushaltslage; so beispielsweise geschehen durch Kürzungen von Sonderzahlungen in den Jahren 2005 und 2006. Seit 2004 hat es für die Beamten des Bundes fünf Nullrunden bzw. Bezügekürzungen gegeben.

Zudem ist zu bemerken, dass es weitere strukturelle Unterschiede der Alterssysteme von Rentnern und Pensionären gibt. Während Rentner ihre Altersversorgung durch Beitragszahlungen in die Rentenversicherung sichern, erhalten Beamte Pensionsansprüche bemessen am letzten Verdienst und der Anzahl der Dienstjahre. Nur wenn der Beamte 40 Dienstjahre erreicht, kann er den höchstmöglichen Wert von 71,75 % des letzten Gehaltes erreichen. Dadurch bedingt sind die Pensionsansprüche von Beamten meist höher als die Rentenansprüche von Angestellten, gemessen am letzten Gehalt. Im Gegenzug für diese vergleichsweise bessere Versorgung der Beamten gehen diese eine Anstellung auf Lebenszeit ein, die Mobilität und Flexibilität wie auch die wandelnden Verdienstmöglichkeiten des privaten Arbeitsmarktes bleiben ihnen dadurch effektiv verwehrt.

Die systematische Unterschiedlichkeit der Altersversorgung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern sowie Beamtinnen und Beamten ergibt sich unmittelbar aus dem Grundgesetz und ist verfassungsrechtlich vorgegeben. Die Versorgungsleistungen von Beamtinnen und Beamten erfolgen auf der Basis des von Artikel 33 Absatz 5 des Grundgesetzes geschützten Alimentationsprinzips. Die besondere Fürsorgepflicht des jeweiligen Dienstherrn für den Beamten korrespondiert mit besonderen Treuepflichten des Beamten, und leitet sich ebenfalls aus dem Grundgesetz ab. Das hat beispielsweise Auswirkungen auf das Streikrecht und führt dazu, dass nach gegenwärtiger Rechtslage Beamte auch nach Erreichen der jeweiligen Altersgrenze vom Dienstherrn länger dienstverpflichtet werden können. Zudem sind sie grundsätzlich bundesweit einsetzbar. So müssen sie als Polizisten etwa auch am Wochenende und nachts für z.T. auch lebensgefährliche Einsätze zur Verfügung stehen, etwa bei gewalttätigen Demonstrationen.

Ergänzend möchte ich darauf hinweisen, dass der Bund seit 1993 die Anzahl seiner Beamten in den vergangenen Jahren um jährlich 1,5% reduziert. Heute ist die Zahl der Bundesbeamten für Gesamtdeutschland niedriger als im ehemaligen Westteil vor der Wiedervereinigung 1990, dies führt zu einer erheblich verringerten Pensionslast und entlastet den Bundeshaushalt fortlaufend.

Um auch in Zukunft einen leistungsfähigen und verlässlichen Beamtenapparat auf Bundesebene zu haben, steht der „Arbeitgeber“ Bund künftig aufgrund des demographischen Wandels in einem immer größeren Konkurrenzverhältnis zur Privatwirtschaft im Wettbewerb um die „besten Köpfe“ ohne dass er mit flexiblen attraktiven Gehaltsangeboten auf dem Arbeitsmarkt werben kann. Das Paket aus aktiven und Versorgungsbezügen, Arbeitsplatzsicherheit und Leistungen wie der Beihilfe muss dabei so attraktiv bleiben, dass der Bund auch weiterhin erfolgreich qualifiziertes Personal gewinnen kann.

Mit freundlichen Grüßen

Fritz Güntzler, MdB

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