Frage an Frithjof Schmidt von Peter F. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Lieber Frithjof Schmidt,
Meine Frage betr. die verfassungspoltische Relevanz einer Mitgliederbefragung. Die Marginalisierung des normalen Wählers ohne Parteibuch findet in der Presse bislang so gut wie keine Beachtung. Liegt hier nicht eine Verletzung des Grundgesetzes Art. 38 vor, wenn das Diktum der Parteibasis eine evtl. entscheidende Bedeutung bei Koalitionsverhandlungen erhält? Kann die Frage nicht einmal von klugen Medienvertretern, die sich Gedanken über eine repräsentative Demokratie gemacht haben, machen wollen, aufgegriffen werden? Wer von den kritischen Verfassungsjuristen hat dazu bereits etwas gesagt, publiziert? Wo sind die Sternberger Schüler im Paralament?...- Ich wende mich bewusst an den Abgeordneten F. Schmidt, dem ich zu seiner Wiederwahl gratuliere, weil ich kaum glaube, dass andere Bochumer Repäsentanten die Funktion partizipatorischer Verfahrensregelungen in einem parlamentarischen Verfassungssysthemen verstehen dürften.
Viel Erfolg wünschend und freundliche Grüße
Peter Friedemann
Sehr geehrter Peter Friedmann,
herzlichen Dank für die Glückwünsche und Ihre Anfrage. Gleich vor weg: Eine verfassungspolitische Relevanz kann eine Mitgliederbefragung einer Partei nicht haben, eine Verletzung des Grundgesetzes durch einen solchen kann ich jedoch auch nicht erkennen.
Kein Abgeordneter kann dazu gezwungen werden, wegen einer Abstimmung seiner Partei - sei es nun auf einem Parteitag oder durch eine Votum alle Mitglieder - einem Beschluss im Bundestag zustimmen oder eine bestimmte Person wählen zu müssen. Zwar stellen die Parteien die Listen für den Bundestag auf, über welche mindestens die Hälfte der Abgeordneten ins Parlament einziehen und können nur durch gegenseitige Fraktionsdisziplin wirklich effektiv arbeiten, einen Möglichkeit zum Zwang gibt es jedoch nicht.
Prinzipiell gilt zu bedenken, dass auch das Grundgesetz in Artikel 21 betont, dass die Parteien bei der Willensbildung in Deutschland mitwirken. Dazu gehören eben auch öffentliche Debatten und Abstimmungen auf Parteitagen oder eben aller Mitglieder. So dürfen die Parteien sehr wohl Abstimmungen durchführen, wie sie bestimmte Abstimmungen und Wahlen im Bundestag beurteilen - bindend sind diese für die Abgeordneten jedoch nicht. Sie sollten aber aus meiner Sicht, sehr wohl zur Meinungsbildung des Abgeordneten beitragen. Gerade, da mehr als die Hälfte der Abgeordneten nicht direkt, durch eine Personenwahl, sondern über Landeslisten und die Wahl einer Partei in das Parlament eingezogen sind. Die Menschen in Deutschland wählen zum Großteil eben eine Partei und nicht einen einzelnen Abgeordnete.
Dies alles steht nicht über der Freiheit des Mandates. Es kann und darf keinen Zwang für den Abgeordneten geben, ein bestimmtes Abstimmungsverhalten zu zeigen. Er ist und bleibt auch Abgeordneter für das ganze Volk und nicht für seine Partei. Dennoch sollte nicht leichtfertig mit demokratischen Willensbildungen umgegangen werden und die Positionierung der Partei über die das Mandat errungen wurde, sollte nicht außer Acht gelassen werden.
Zu ihren weiteren Fragen: Die Medien in Deutschland sind frei. Ob ihre Frage nun von "klugen Medienvertretern" debattiert wird oder nicht, ist daher den Journalisten selbst überlassen. Ein konkrete Veröffentlichung eines Verfassungsjuristen über die Verletzung des Grundgesetzes durch parteiinterne Mitgliederbefragungen liegt mir bisher nicht vor.
Mit besten Grüßen
Frithjof Schmidt