Frage an Friedemann Hetz von Dieter K. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Wie wollen Sie sich für die überfällige, tatsächliche Trennung von Kirche und Staat einsetzen, insbesondere gegen die versteckte Finanzierung der Kirchen durch Nichtmitglieder, wenn ich Sie wählen soll? Schließlich macht diese Gruppe in der Bevölkerung bald 40% aus und stellt heute schon ein großes Wählerpotential dar, auch wenn sie nicht so viele Mitglieder zählt wie die Kirchen (auf dem Papier). Ich weiß natürlich vom Einsatz der etablierten Kirchen in den Sozialeinrichtungen der Gesellschaft, aber auch von deren überwältigender (bis zu 95%) Finanzierung durch den Steuerzahler. Auch bei den Entwicklungshilfe-Organisationen wie Misereor und Brot für die Welt zahlt der Steuerzahler mit, also auch für deren Missionierungsprojekte. Sogar die Konfessionslosen zahlen hier wieder mit. In diesen kirchlichen Einrichtungen gelten darüberhinaus keine normalen tariflichen Vorschriften und Bezahlungsgrundsätze und auch kein Bundesarbeitsrecht sondern kirchliches Recht. Hier ist die Kirche sozusagen ein Staat im Staat.Wie wollen Sie diese Mißstände ändern?
Sehr geehrter Herr Kaiser,
gerne beantworte ich Ihre Frage offen und ehrlich. Als Vertreter einer bewußt christlichen Partei setze ich mich auch dafür ein, daß unser Land christlich bleibt bzw. es wieder wird. Möglicherweise kollidiere ich damit mit Ihrer Haltung gegenüber dem Christentum und auch mit Ihrem eigentlichen Anliegen, Kirche und Staat noch mehr zu trennen. Es bleibt mir wahrscheinlich nichts anderes übrig, als in Kauf zu nehmen, daß ich für Sie nicht wählbar bin.
Die Trennung von Staat und Kirche ist grundgesetzlich verankert und wird meiner Meinung nach in der Praxis zufriedenstellend umgesetzt. Kein Staats- bürger wird gezwungen, Mitglied einer Kirche zu sein. Es steht auch jedem frei, sich andere Weltanschauungen als das Christentum zu eigen zu machen.
Ich möchte doch in diesem Zusammenhang auch darauf hinweisen, daß das Kirchensteuerwesen vom übrigen säkularen Steuerwesen getrennt ist. Und wenn für Sozialeinrichtungen und Entwicklungshilfe säkulare Steuergelder verwendet werden, ist das doch recht und billig oder nicht? Denn Soziales und Entwicklungshilfe sind doch die Angelegenheit aller Menschen oder etwa nicht? Ich bin nicht dafür, daß man in der Finanzierung Unterschiede zwischen säkularen und christlichen bzw. kirchlichen Einrichtungen macht!
Sie dürfen auch nicht den jahrtausendelangen Beitrag des Christentums und zuvor des Judentums zur europäischen Kultur vergessen. Und unsere Werte wie Demokratie und Menschenrechte resultieren letztendlich aus dem Christentum. Ob es eine deutsche Leitkultur gibt, darüber haben andere schon genug gestritten - aber eine christlich-abendländische Leitkultur, der wir letztendlich die Ursprünge unserer Zivilisation zu verdanken haben, läßt sich mit dem besten Willen nicht bestreiten. Und diese Leitkultur darf nicht an die Wand gefahren werden!
Sie scheinen etwas gegen Mission zu haben - aber scheinbar nur gegen die christliche! Mission ist schließlich ein göttlicher Auftrag, der von entschiedenem Christentum nicht zu trennen ist. Und wenn diese Mission mit sozialem Engagement verbunden wird, wüßte ich nicht, was dagegen ein- zuwenden wäre.
Ich will sicherlich die Schattenseiten christlicher Missionierung und die Gewalt- und Blutspur von Zwangsherrschaftssystemen pseudochristlicher Prägung, die man durch die zwei vergangenen Jahrtausende hindurch verfolgen kann, nicht verschweigen. Aber bitte - das waren die Pseudochristen, nicht die echten!
Die 68er Bewegung, die Emanzipationsbewegung, die Homosexuellenverbände, der Atheismus, der Islam, der Buddhismus, der Naturschutz, die Linken wie die Rechten und wer sonst noch genannt werden mag, sie alle haben ihre Missionsprojekte, mittels derer sie die Gesellschaft kräftig durchmissioniert haben - und die sind auch nicht immer friedlich - nur ist es ein ungeschriebenes Gesetz, sie frenetisch zu bejubeln und zu feiern und sie zumindest stillschweigend gewähren zu lassen.
Nur ein christliches Missionsprojekt erregt dann die Gemüter der ach so toleranten Gesellschaft. Es ist nicht zu übersehen, daß hier mit zweierlei Maß gemessen wird!
wo ich Ihnen gerne zustimmen möchte, sind die Arbeitnehmerrechte, die selbstverständlich auch in kirchlichen Einrichtungen gelten müssen. Der Kirche als einem der größten Arbeitgeber dürfen keine Sonderrechte zukommen.
Ich wünsche Ihnen von Herzen Gottes Segen und viel Weisheit, am 27.März die richtige Wahl zu treffen.