Frage an Friedbert Pflüger von Uwe N. bezüglich Wissenschaft, Forschung und Technologie
Guten Tag Herr Dr. Pflüger,
mein erster Beitrag war klar erkennbar auf die gleichzeitige Belegung von Religion und Ethik ausgelegt. Deshalb habe ich Ihre Antwort auch so gewertet.
Um Missverständnisse zu vermeiden, bitte ich um kurze, klare Beantwortung der folgenden Fragen :
1. Ist es richtig, dass mit der Einführung des Faches Ethik der jahrzehntealte Status des Faches Religion nicht verändert wurde?
2. Ist es richtig, dass die Möglichkeit der gleichzeitigen Belegung der beiden Fächer Religion und Ethik nur bei dem jetzt geltenden Modell gewährleistet ist?
3. Ist es richtig, dass die vielfach beklagte Reduzierung anderer Fächer (z. B. Erdkunde, Geschichte, Musik) der Schulzeitverkürzung auf 12 Jahre geschuldet ist und sich bei der von Ihnen angestrebten Statusänderung des Faches Religion prinzipiell nicht verändern würde?
4. Da Sie eine gleichzeitige Belegung nicht gemeint haben, bleibt nur die zeitversetzte Belegung: In welchen Zeiträumen soll bei Ihrem Modell der Wechsel zwischen den Fächern Religion und Ethik möglich sein? Wie wollen Sie bei Ihrem Modell das religiöse Selbstbestimmungsrecht ab dem 14. Lebensjahr gewährleisten?
5. Teilen Sie die Auffassung, dass ein Wechsel der Fächer bei Ihrem Modell als Wahlpflichtfach problematisch für die Unterrichtsgestaltung sein wird, weil die vorhergehenden Unterrichtsinhalte bei den wechselnden SchülerInnen fehlen würden? Wie wollen Sie dies konkret verhindern?
Mit freundlichem Gruß
Uwe Netzel
Sehr geehrter Herr Netzel,
vielen Dank für ihr Fragen über den von Ihnen hoch geschätzten christlichen Religionsunterricht an den Berliner Schulen. Soweit es möglich war, bin ich ihrem Wunsch nach klaren und für allgemein verständlichen Antworten nachkommen. Ich hoffe, dass ich somit Ihre drei Fragen und Nachfragen an mich auf kandidatenwatch.de abschließend zu Ihrer Zufriedenheit beantwortet habe.
1. Ist es richtig, dass mit der Einführung des Faches Ethik der jahrzehntealte Status des Faches Religion nicht verändert wurde?/
Ja, rein formal ist dies so. Die Kirchen und Religionsgemeinschaften können in eigener Verantwortung Religionsunterricht oder weltanschauliche Unterweisung in den Räumen der Schulen anbieten. Alle Kinder können zusätzlich zum Pflichtunterricht am freiwilligen Religionsunterricht bzw. an der weltanschaulichen Unterweisung des Humanistischen Verbandes teilnehmen.
2. Ist es richtig, dass die Möglichkeit der gleichzeitigen Belegung der beiden Fächer Religion und Ethik nur bei dem jetzt geltenden Modell gewährleistet ist?/
Nein, es ist nicht richtig, denn zwei grundlegenden Vorgaben der Schulverwaltung schließen dies aus. Der Religionsunterricht ist kein ordentliches Unterrichtsfach und daher nicht in Form eines bewerteten Pflicht- oder Wahlpflichtfaches bzw. im Rahmen einer Arbeitsgemeinschaft belegbar. Die Möglichkeit, die europäisch/abendländische Kulturtradition auf Grundlage der jüdisch-christlichen Werte zu erfahren, ist auf der Basis der Freiwilligkeit von der ersten bis zur letzten Klasse gesichert, dagegen dürfen an dem neuen staatlichen Wertefach Ethik die Kinder nur 4 Jahre teilnehmen.
3. Ist es richtig, dass die vielfach beklagte Reduzierung anderer Fächer (z. B. Erdkunde, Geschichte, Musik) der Schulzeitverkürzung auf 12 Jahre geschuldet ist und sich bei der von Ihnen angestrebten Statusänderung des Faches Religion prinzipiell nicht verändern würde?/
Nein, richtig ist, dass durch die Schulzeitverkürzung für den ersten davon betroffenen Jahrgang - alle Schülerinnen und Schüler die im Schuljahr 2004/05 in der Klasse 5 waren - die Wochenstundentafel jährlich um zwei Stunden erhöht wurde bzw. wird. Durch die Einführung des Faches Ethik werden nun, in den Jahrgängen 7 bis 10 diese zwei Stunden gebunden und somit der angestrebte Stundenausgleich für die Verkürzung der Schulzeit nicht mit Fachunterricht sondern mit Werteunterricht verbraucht. Dagegen würde ein verpflichtender Religions- / Philosophieunterricht keine Veränderungen hervorrufen, jedenfalls nicht für die Kinder, die bisher auch schon auf eine Werte bewusste christliche/abendländische Bildung wert gelegt haben.
4. Da Sie eine gleichzeitige Belegung nicht gemeint haben, bleibt nur die zeitversetzte Belegung: In welchen Zeiträumen soll bei Ihrem Modell der Wechsel zwischen den Fächern Religion und Ethik möglich sein? Wie wollen Sie bei Ihrem Modell das religiöse Selbstbestimmungsrecht ab dem 14. Lebensjahr gewährleisten?/
Grundsätzlich haben bei unserem Wahlpflichtmodell alle Kinder / Eltern das religiöse Selbstbestimmungsrecht vom ersten bis zum letzten Schuljahr. Die Kooperation zwischen den beiden Wahlfächern - und damit verbunden der Umfang und die Intensität des gemeinsamen Unterrichts - wollen wir politisch nicht vorschreiben. Allerdings muss dieser in einem verbindlichen Lehrplan festgelegt werden.
5. Teilen Sie die Auffassung, dass ein Wechsel der Fächer bei Ihrem Modell als Wahlpflichtfach problematisch für die Unterrichtsgestaltung sein wird, weil die vorhergehenden Unterrichtsinhalte bei den wechselnden /Schülerinnen und Schülern /fehlen würden? Wie wollen Sie dies konkret verhindern?/
Bei gestuften und aufeinander abgestimmten Lehrplänen ist die Problematik des Wechselns zwischen den beiden Wahlpflichtfächern nicht erkennbar. Wie bei allen anderen Leistungs- und Prüfungsrelevanten Fächern sind über die Vorgaben der Standards ausreichende Grundlagen gesichert.
Mit besten Grüßen
Friedbert Pflüger