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Frage von Andreas S. •

Frage an Frank Schmidt von Andreas S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Dr. Schmidt,

im Rahmen des EU-Vertrages von Lissabon, dem Sie persönlich zugestimmt haben, möchte ich Sie fragen:

1. Ist es zutreffend, daß mit dem EU-Vertrag von Lissabon in ganz Europa die Todesstrafe - in besonderen Fällen - wieder eingeführt wird und warum?

2. Wieviel wert hat nach in Kraft treten des EU-Vertrages dann noch ein Grundgesetz, in dem die Todesstrafe - in allen Fällen - für abgeschafft erklärt wird?

3. Aufgrund welcher Bevollmächtigung von wem darf der Bundestag existenzielle Soveränitätsrechte wie die Finanzhoheit und die Wehrhoheit an externe Gruppierungen wie die EU abgeben, wenn dadurch gegen die Rechtsgrundlage des Bundestages (GG) verstoßen wird?

Mit freundlichem Gruß
Andreas W. Sauer

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Sehr geehrter Herr Sauer,

vielen Dank für Ihre Anfrage zum EU-Reformvertrag, dem sogenannten Vertrag von Lissabon. In erster Linie soll durch den Vertrag mehr Handlungsfähigkeit, mehr Demokratie und mehr Transparenz geschaffen werden. Damit bringt der Vertrag von Lissabon für die Bürgerinnen und Bürger der EU Vorteile.
Ihre ersten beiden Fragen beziehen sich auf einige Absätze im Vertrag von Lissabon. Grundsätzlich ist festzustellen, dass der Artikel 2, Absatz 2 der EU-Grundrechtecharta eindeutig festlegt, dass in den Vertragsstaaten niemand zur Todesstrafe verurteilt oder hingerichtet werden darf. Diese Regelung entspricht dem Artikel 102 Grundgesetz: "Die Todesstrafe ist abgeschafft." Der EU-Vertrag von Lissabon enthält in Artikel 6, Absätze 2 und 3 EUV einen klaren Auftrag an die EU, der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) beizutreten. Auch Artikel 1 des Protokolls Nr. 6 zur EMRK legt fest, dass die Todesstrafe abgeschafft ist. Das bedeutet, dass neben den Regelungen im Grundgesetz und der EU-Grundrechtecharta ein weiterer Artikel eindeutig und unmissverständlich festlegt, dass die Todesstrafe abgeschafft ist. Zudem setzt sich die EU, insbesondere das Europäische Parlament, seit Jahren für die weltweite Abschaffung der Todesstrafe ein. Im Februar 2007 hat das Europäische Parlament dazu eine Erklärung verabschiedet, in der es ein weltweites Moratorium der Vereinten Nationen für die Vollstreckung der Todesstrafe fordert.
Zu Ihrer dritten Frage: die Außen-, Sicherheits- und Verteidigungspolitik (GASP und GSVP) bleiben auch im Vertrag von Lissabon intergouvernemental organisiert. Das bedeutet, es werden keine Entscheidungskompetenzen an die EU delegiert. Die Mitgliedstaaten verpflichten sich jedoch, ihre nationalen Politiken zu koordinieren und auf europäischer Ebene als gemeinsame Positionen und Aktionen zusammen zu führen. Beschlüsse der EU in den genannten Bereichen erfordern grundsätzlich auch weiterhin die Einstimmigkeit im Ministerrat. Beschlüsse mit militärischen oder verteidigungspolitischen Bezügen müssen ausdrücklich immer einstimmig getroffen werden. Es wird also nicht gegen das Grundgesetz verstoßen.
Allgemein möchte ich noch anmerken, das Deutschland Teil der Europäischen Union ist. Ich teile Ihre Auffassung nicht, dass die EU ein externe Gruppierung ist. Im Gegenteil, Deutschland ist Teil der EU und profitiert in vielerlei Hinsicht von dieser Mitgliedschaft. Der Vertrag von Lissabon ist Ausdruck einer Gemeinschaft, die für ihre Bürgerinnen und Bürger mehr Handlungsfähigkeit, mehr Demokratie und mehr Transparenz bringt und ich hoffe, Sie stimmen mir zu, das dies sehr erstrebenswerte Ziele sind.

Mit freundlichen Grüßen,
Dr. Frank Schmidt