Frage an Florian Oßner von Dieter S. bezüglich Recht
Hallo Herr Oßner, ich las vor einiger Zeit einen Artikel über den Warenkorb zur Erhebuung der Inflationsrate, nach dem diese vom Statistischen Bundesamt errechnet wird. Leider sind darin viele Produkt nicht erfasst, die für den Bürger teilweise erhebliche Lasten bedeuten. Z.B.Immobilien! Mir ist wohl bekannt, daß die CSU keinen besonderen politischen Wert auf wesentliche Preissteigerungen legt. Aber auch Sie sollten bedenken, daß diese erheblichen Einfluß u.a.auf die Betriebsrenten haben. Denn mit diesen ausgesperrten Produkten wäre die Inflationsrate wesentlich höher als derzeit veröffentlicht. Mich interessiert Ihre persönliche Meinung, danke.
Mit freundlichem Gruß Schlangmann
Sehr geehrter Herr Schlangmann,
herzlichen Dank für Ihre Anfrage zur Berechnung der Inflationsrate.
Schon seit mehreren Jahren wird immer wieder darüber diskutiert, ob selbst genutztes Wohneigentum bei der Bemessung der Inflationsrate herangezogen werden sollte. Bisher werden die Kosten für das Wohnen nur anhand der Mieten berechnet, obwohl viele Menschen ihr Wohneigentum selbst nutzen.
Der Einbezug des Wohneigentums bringt rechnerisch jedoch einige Schwierigkeiten mit sich. Bisher gibt es zwei alternative Berechnungsmethoden, die man nutzen könnte, die aber wegen ihrer Schwächen letztendlich nicht geeignet sind.
Die eine Methode zielt darauf ab, die laufenden Kosten der Nutzung zu ermitteln. Dazu zählen Zinsausgaben für Immobilienkredite, Steuern und Abgaben, Ausgaben für Reparaturen und eine Abschreibung für die Abnutzung.
Dabei stößt man auf mehrere Probleme. So ist umstritten, ob Wertsteigerungen von Immobilien Berücksichtigung finden sollen. Die Erlöse aus Wertsteigerungen müssten hier mit den Nutzungskosten verrechnet werden. Bei stark steigenden Immobilienpreisen könnten die Kosten mehr als aufgezehrt werden. Nach diesem Berechnungsverfahren sorgen steigende Immobilienpreise - nur scheinbar paradox - für sinkende Ausgaben für die Nutzung von Wohnraum.
Steigende Immobilienpreise würden auf diese Weise eine sinkende Inflationsrate zur Folge haben.
Die in der Eurozone gültigen Rechtsgrundlagen würden die Anwendung der zweiten Methode nahelegen. Es handelt sich um das sogenannte Nettoerwerbsprinzip, das auf der Basis, der beim Kauf von Wohneigentum anfallenden Preise beruht. Nach diesem Prinzip gehen beispielsweise die Preise von Kühlschränken oder Autos in den Verbraucherpreisindex ein. Auch wenn diese Methode auf den ersten Blick einleuchtend erscheint, so wirft sie Probleme auf. Kühlschränke (oder Autos) sind produzierte Güter. Im Preis für Wohneigentum sind nicht nur die Produktionskosten des Hauses oder der Wohnung enthalten - sondern auch die Kosten des Grundstücks, das keine Produktionskosten hat. Tatsächlich sind in vielen Fällen die Kosten für das Grundstück höher als die Produktionskosten der Immobilie und der heftige Preisanstieg für viele Immobilien in den vergangenen Jahren, ist in erster Linie auf gestiegene Grundstückskosten zurückzuführen. Preise reiner Bestände, in diesem Fall von Grundstücken, passen aber nicht in einen Verbraucherpreisindex.
Weiterhin haben Untersuchungen von Ökonomen gezeigt, dass das Einbeziehen von Wohneigentum in die Berechnung der Inflationsrate mittelfristig einen Anstieg von höchsten 0,5 Prozentpunkten bedeuten könnte. Nur kurzzeitig und lokal begrenzt könnte ein höherer Anstieg erwartet werden.
Daraus lassen sich keine weitrechenden Konsequenzen für die Geldmarktpolitik ziehen. Vielmehr könnte durch die Unzulänglichkeiten der Verfahren die Glaubwürdigkeit der EZB leiden, sodass aktuell keine Änderungen in der Zusammenstellung des Warenkorbs zur Berechnung der Inflationsrate im Hinblick auf Wohneigentum zu erwarten sind.
Gerne stehe ich Ihnen für weitere Fragen oder Anregungen jederzeit zur Verfügung.
Mit den besten Grüßen
Ihr Florian Oßner MdB