junger lächelnder Mann mit kurzen braunen Haaren, einem blauen Sakko und T-shit.
Florian Lipp
Volt
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Frage von Markus P. •

Hallo Herr Lipp, in vielen Dingen stimme ich mit Ihnen überein, in eingen nicht. z.B. die Parteispenden, das sehe ich als große Einflussnahme bei Gesetzen, wie sehen Sie das?

weiterhin wollen Sie keinen Mietendeckel.

Für mich als EM-Rentner ist die Miete der größte Brocken, die Miete erhöht sich mehr, als die Rente jemals steigen wird. Da wäre ein STOPP enorm wichtig.

Dass Sie Bürgergeldempfänger zu gemeinnütziger Arbeit verpflichten wollen, ist auch fragwürdig. Soll der Aufstocker nochmal zu seiner 40std. Woche weitere 40std. arbeiten? Soll die alleinerziehende nebenbei ihr Kind aufm Rücken mitnehmen? Sollen kranke Menschen, welche im sozialen System wg. Entscheidungsträgheit hängen, noch kränker werden?

Danke für Ihre Mühe

junger lächelnder Mann mit kurzen braunen Haaren, einem blauen Sakko und T-shit.
Antwort von
Volt

Hallo Herr P.,

vielen lieben Dank für Ihre Fragen, das sind drei wirklich gute Punkte, die alle diskussionswürdig sind. Ich beziehe hier gerne Stellung:

1. Parteispenden:
Grundsätzlich stimme ich Ihnen zu, dass Großspenden ein demokratisches Problem darstellen und an sich befürworte ich eine Deckelung, damit Spenden nur in einer Höhe erlaubt sind, die keine inhaltliche Beeinflussung vermuten lässt.
Gleichwohl haben wir hier wie so oft die eigentliche Schwierigkeit bei der Umsetzung. Selbst, wenn man direkte Großspenden verbieten würde, gäbe es Wege, diese Verbote zu umgehen - z.B. indem man die Spenden über zahlreiche Einzelpersonen laufen lässt oder gar nicht gezielt an die Partei spendet, sondern einfach z.B. Marketing finanziert, welches bestimmte Inhalte und Erzählungen verbreitet, sodass gar keine direkte Verbindung zur Partei besteht. Auch das passiert derzeit bereits und stellt aus meiner Sicht sogar das noch größere Problem dar, da hierbei die Einflussnahme nicht so offensichtlich ist, wie bei direkten Großspenden, die zumindest sofort veröffentlich werden müssen. Zudem kann so auch starke Beeinflussung durch ausländische Kräfte stattfinden, was inder Tat sehr problematisch ist. Solange letzteres möglichst ist, wäre ein Verbot von transparenten Parteispenden vielleicht sogar kontraproduktiv. Denn im Moment sieht man wenigstens, woher welches Geld fließt. Dass wir großen Wert auf diese Transparenz legen, sieht man auch daran, dass wir freiwillig alle Spenden an uns ab 3000 € auf unserer Website veröffentlichen. Wir nehmen zudem keine Großspenden an, wenn wir der Meinung sind, dass diese an die Erwartung geknüpft sind, unsere Politik in einer gewissen Weise zu beeinflussen (z.B. Lobbyinteressen).

PS: Ich beziehe mich hier nur auf Großspenden, da Kleinspenden eine der wichtigsten Arten überhaupt sind, einen Parteibetrieb finanzieren zu können - insbesondere wenn man noch keine staatliche Parteienfinanzierung erhält. Darunter fallen auch Mitgliedsbeiträge sowie Beiträge von Mandatstragenden, etc.


2. Mietendeckel:
Dass die Mieten insgesamt viel zu hoch sind, ist unstrittig. Das gleiche gilt auch für Wohneigentum bzw. den Neubau von Wohnraum, den sich mittlerweile kaum noch jemand leisten kann. Das Problem insgesamt hat sehr viele Aspekte, die man berücksichtigen muss. 
Viele Menschen haben Probleme, überhaupt eine Wohnung in Städten zu finden. Wir haben also v.a. ein Problem auf der Angebotsseite und um das Problem zu lösen, müssen wir mittelfristig unbedingt mehr Wohnraum schaffen. Der Staat alleine kann das nicht leisten und daher müssen wir den Wohnungsbau auch für privates Kapital zumindest so rentabel gestalten, dass Wohnungsneubau auch noch stattfindet. Hier kommen wir zum Problem eines Mietendeckels. Dieser würde zwar die Mieten kurzfristig "einfrieren", aber zu dem langfristigen Preis, dass der Bau von Wohnraum noch unattraktiver wird und sich noch stärker verknappt. Die Nachfrage könnte dann künftig noch schlechter gedeckt werden. 
Ein Mietendeckel wirkt daher ähnlich wie ein metaphorischer "Fiebersenker", während die eigentliche Krankheit sich aber verschlimmert, weil sie nicht behandelt wird. 
Die Inflation beim Wohnraum wurde auch durch Niedrigzins und Steuervergünstigung beim Kauf von vermieteten Immobilien angeheizt. Gleichzeitig führen Wohnungsmangel und extrem gestiegene Immobilienkosten aber auch dazu, dass die Mieten viel zu stark gestiegen sind und zusätzlich durch das Problem des demografischen Wandels die Rentenbezüge auf einem so niedrigen Niveau sind, dass beides in einem starken Missverhältnis steht.
Die Miete gehört aus meiner Sicht leider zu den Problemen, die so lange nicht richtig adressiert wurden, dass es nun kaum noch eine elegante Lösung gibt. Vor allem wird eine einzelne Maßnahme wie ein Mietendeckel es nicht beheben können. Wir werden daher eine Vielzahl an Maßnahmen brauchen, um das Problem anzugehen:
- Wir müssen die Angebotsseite stärken, indem wir Wohnungsbau und v.a. auch mehr sozialen Wohnungsbau fördern. Dafür sind auch städtische Baugenossenschaften eine gute Lösung.
- Wir sollten uns auch ein Beispiel an Städten wie Wien oder auch Ulm nehmen, wo die Stadt selbst viel Wohnraum hält bzw. nur mit strengen Auflagen zur Bebauung freigibt. Diese Politik wirkt sich aber auch erst nach vielen Jahren positiv aus.
- Außerdem einen müssen wir dafür sorgen, dass auch der ländliche Raum als Lebensmittelpunkt wieder für viele Menschen attraktiver wird, denn dort gibt es im Gegensatz zu Großstädten in Teilen Deutschland Leerstand. Gerade dort sollten wir auch gezielt investieren, denn das würde die Nachfrageseite entlasten.
Das muss für Sie leider eine unbefriedigende Antwort sein, denn alles davon wird ihr persönliches Problem wahrscheinlich auch mittelfristig nicht lösen. Aber ich muss an der Stelle leider so ehrlich sein, dass auch wir die Versäumnisse voriger Regierungen nicht kurzfristig werden lindern können, wenn wir nicht wollen, dass das Problem sich danach noch mehr verschlimmert. Wir möchten Probleme im Kern angehen und nicht nur die Symptome behandeln. Das braucht aber leider auch die nötige Zeit zum Heilen.

3. Hier weiß ich tatsächlich nicht genau, worauf Sie sich beziehen, da wir dies meines Wissens weder im Wahlprogramm fordern, noch ich dies bisher vorgeschlagen habe. Ich kann mir nur vorstellen, dass Sie sich möglicherweise auf unser "Chancenjahr" beziehen, das wir für abgelehnte Asylanträge vorschlagen, weil das der einzige Punkt im Programm ist, wo gemeinnützige Arbeit auftaucht:
"Menschen mit abgelehntem Asylantrag erhalten hier die Möglichkeit, ein Jahr lang zu arbeiten und sich durch Beschäftigung das Recht auf einen Aufenthaltstitel zu erarbeiten. Wird nicht direkt eine Arbeit oder Ausbildung gefunden, leisten die Betroffenen während des Chancenjahres einen gesellschaftlichen Beitrag, z. B. in sozialen oder gemeinnützigen Bereichen. Dabei wird die persönliche Lebenssituation berücksichtigt, um eine faire und ausgewogene Teilnahme zu ermöglichen. Das Chancenjahr verbindet individuelle Chancen mit einem sichtbaren Beitrag zur Gesellschaft. Dieser Ansatz fördert gegenseitige Akzeptanz und zeigt, dass Integration auf Zusammenarbeit basiert."
Ich persönlich könnte mir tatsächlich vorstellen, dass man etwas ähnliches auch für Langzeitarbeitslose als Angebot vorsieht. Aber dies bezieht sich natürlich nicht auf Menschen, die bereits arbeiten und aufstocken oder alleinerziehend sind bzw. wegen anderer guter Gründe (z.B. Behinderung) keiner Lohnarbeit nachgehen.

Falls Sie Rückfragen dazu haben, melden Sie sich gerne nochmal.

Viele Grüße
Florian Lipp

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Florian Lipp
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