Warum setzt sich VOLT nicht führ die Direkte Demokratie ein, sondern für Bürgerräte.

Sehr geehrter Herr Löpfe,

vielen Dank für ihre Frage. Volt will mehr Menschen an politischen Prozessen beteiligen und die Möglichkeiten der Mitbestimmung auf vielfältige Art und Weise ausbauen. Konkret fordern wir in unserem Wahlprogramm zur Bundestagswahl 2021 (https://assets.volteuropa.org/2021-05/Volt_BTW21_Wahlprogramm_Lang_1.pdf):

- Erweiterung des Wahlrechts für alle EU-Bürger*innen, die drei Jahre ihren Hauptwohnsitz in Deutschland haben. So binden wir deutlich mehr Menschen in politische Gestaltungsprozesse ein.

- Senkung des Wahlalters auf 16 Jahre (inklusive passivem Wahlrecht). Bei Kommunalwahlen wollen wir beim aktiven Wahlrecht das Alter zusätzlich auf 14 Jahre senken. So erlangen junge Menschen deutlich mehr Mitbestimmung, was gerade bei der Bewältigung der Klimakatastrophe von hoher Relevanz ist.

- Förderung der politischen Teilhabe für Menschen mit Behinderung.

- Einführung eines besonders geförderten Petitionsprozesses für junge Menschen. Mit dieser im Parteienspektrum einzigartigen Forderung wollen wir der Generation Fridays For Future mehr Möglichkeiten geben, ihre konkreten politischen Forderungen prominent in den politischen Prozess einzubringen.

- Flächendeckende Einführung von Bürger*innenbudgets auf kommunaler Ebene. In zahlreichen Kommunen in Deutschland wurden mit dieser Gestaltungsmöglichkeit sehr positive Erfahrungen gesammelt. In Polen sind derartige Budgets bereits für alle kreisfreien Städte verpflichtend. Diese Budgets schaffen die Möglichkeit, gemeinwohlorientierte Ideen von Bürger*innen in kurzer Zeit zu realisieren. Sie fördern die demokratische Teilhabe und demokratische Abläufe werden dadurch besser nachvollziehbar.

- Schaffung eines Online-Beteiligungsportals, so dass Bürger*innen am Gesetzgebungsprozess aktiv mitwirken können.

- Ausbau und Stärkung von Bürger*innenräten auf deutscher und europäischer Ebene. Als wirklicher Meilenstein der demokratischen Konsensbildung sollte hier der Bürger*innenrat in Irland genannt werden, der nach Jahrzehntelangem Stillstand ein modernes Abtreibungsrecht in Irland ermöglicht hat.

Darüber bin ich davon überzeugt, dass die parlamentarische Demokratie die derzeit beste Form der Entscheidungsfindung in unserer Gesellschaft ist. Mehrere Gründe sprechen für diese Position: Bei vielen politischen Herausforderungen benötigen wir Menschen, die über längere Zeiträume sich in Fragestellungen einarbeiten und mit dieser Expertise Entscheidungen treffen. Zudem können Parteien dazu dienen, dass innerhalb dieser Parteien mit ihren jeweiligen Werte-Mix Konsenslösungen ausgearbeitet und abgestimmt werden. Diese mehrstufigen Austausch- und Abstimmungsformate, die wir bei Volt anwenden, beleben unser demokratisches Miteinander.

Persönlich bin ich davon überzeugt, dass unsere moderne Demokratie auf die gesamte Menschheitsgeschichte bezogen, blutjung ist und noch sehr großes Potential für Weiterentwicklungen hat, die eventuell auch starke Elemente direkter Demokratie beinhalten können. Gerade der Bürger*innenrat und die anschließende Volksabstimmung zum Abtreibungsrecht in Irland sind als äußerst positives Best Practice Beispiel zu nennen. Ich wäre daher dafür, neue demokratische Ansätze an einzelnen Projekte vollständig zu realisieren und sie anschließend zu evaluieren.

Gerade auf kommunaler Ebene kann ich Sie aus meiner persönlichen Erfahrung nur ermuntern, dass Sie mit konkreten Ideen auf Parteien zugehen. Unsere Stadtratsfraktion Piraten und Volt in Mainz hat für gute Ideen immer sehr offene Ohren. In meiner gesamten parteipolitischen Zeit wurde ich zudem immer wieder sehr positiv überrascht, wie gut eigene Ideen bei Volt auf politisches Gehör stoßen und in die politischen Forderungen der Partei mit einfließen.

Falls Sie weitere Fragen haben, haken Sie gerne nach oder nehmen Sie gerne an meinen Kennenlerntreffen in Präsenz oder Online teil.

Herzliche Grüße,

Florian Köhler-Langes