Frage an Florian Hahn von Hasko H. bezüglich Recht
Sehr geehrter Herr Hahn
im Juli stimmten Sie gemeinsam mit Ihren Kollegen von CSU, CDU und FDP gegen einen Abschiebestopp für Flüchtlinge aus Syrien. Mich würde interessieren, wie Sie Ihr damaliges Abstimmverhalten aus heutiger Sicht beurteilen.
Hatten Sie damals den Presseberichten über die Vorgänge in Syrien nicht ausreichend Vertrauen geschenkt? Lagen Ihnen über Quellen des Parlaments andere Erkenntnisse vor? Ehrlich gesagt, könnte ich mit einer solchen Entscheidung nicht ruhig schlafen -- aus heutiger Sicht schon gar nicht.
Sicher werden Sie mir zustimmen, dass es in Fragen, bei denen es ganz konkret um Leben und Tod von Individuen geht, keinen "Fraktionszwang" geben kann.
Mit freundlichen Grüßen
Hasko Heinecke
Sehr geehrter Herr Heinecke,
für Ihre Anfrage danke ich Ihnen. Ich möchte schon zu Beginn klar machen, dass die Abgeordneten der CDU/CSU-Bundestagsfraktion die Ereignisse in Syrien und das Vorgehen des sozialistischen Baath-Regimes gegen die eigene Bevölkerung mit großer Sorge verfolgen.
Wir verurteilen das gewaltsame Vorgehen gegen friedliche Demonstranten, die nach Jahrzehnten der Unterdrückung nun die Einhaltung der Menschenrechte aufs Schärfste einfordern. Das syrische Regime muss umgehend die Übergriffe gegen Demonstranten einstellen und diejenigen, die für Tote und Verletzte verantwortlich sind, müssen vor Gericht gestellt werden.
Baschar al-Assad will seine Macht sichern, indem er bereits wie sein Vater Hafi al-Assad Sicherheitskräfte in die aufständischen Städte schickt. Doch gelingt es ihm nicht, im Gegensatz zu seinem Vater, das gewaltsame Vorgehen der Soldaten, der Polizei und Geheimdienste gegen die Bevölkerung zu verschleiern. Die Weltöffentlichkeit erfährt von den Gräueltaten in Syrien durch tausende Tweets, durch Fotos und Filme, die mit Mobiltelefonen aufgenommen und per Internet verbreitet werden.
Ich teile die Auffassung der Bundesregierung, um auf Ihre Frage zu antworten, dass gegenwärtig aus asylpolitischer Sicht die Lage in Syrien nicht neu beurteilt werden muss. Es gibt weiterhin keine Anhaltspunkte dafür, dass Rückkehrer von den syrischen Behörden grundsätzlich als oppositionelle Regimegegner betrachtet werden. Das Regime richtet sich gegen die aufständische, innerstaatliche Opposition.
Bekannt ist, dass Rückkehrer bei ihrer Ankunft in Syrien von den staatlichen Behörden über ihren Auslandsaufenthalt und den Grund ihrer Abschiebung befragt werden. Es gibt lediglich Berichte über Einzelfälle, die für die Dauer einer Identitätsüberprüfung durch die Einreisebehörden festgehalten werden.
Um es noch einmal deutlich zu machen: Oppositionelle oder politisch Verfolgte, die in Deutschland politisches Asyl beantragt haben, müssen nicht nach Syrien zurückkehren. Es gilt grundsätzlich, dass Ausländer Asyl in der Bundesrepublik erhalten, wenn ihnen in ihrer Heimat die politische Verfolgung, konkrete Gefahren für Leib und Leben oder Folter drohen.
Bei der Überprüfung jedes einzelnen Asylantrages findet hingegen auch die allgemeine Menschenrechtslage im Herkunftsland Beachtung. Diese Überprüfung basiert hierbei auf aktuellsten Informationen und wird vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge in Nürnberg genauestens durchgeführt.
Aus diesen Gründen habe ich mich, auch unabhängig von dem „Fraktionszwang“, den sie in Ihrer Frage erwähnen, gegen einen generellen Abschiebestopp von Flüchtlingen aus Syrien ausgesprochen und entsprechend gestimmt.
Mit freundlichen Grüßen
Ihr Florian Hahn
Mitglied des Deutschen Bundestages