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Frage von Rita B. •

Frage an Ferdinand Niemann von Rita B. bezüglich Soziale Sicherung

Auch Ihnen möchte ich gerne die folgende Frage stellen:
Seit einiger Zeit verfolge ich die Diskussionen zum Thema Bedingungsloses Grundeinkommen.
Ein sehr komplexes Thema, da es unterschiedlich und heikle Themen (z.B. die Wirtschaft, den Arbeitsmarkt) intensiv berührt und altbekannte Arbeitsstrukturen grundlegend verändern könnte...
Über die Vielschichtigkeit und Probleme des Themas bin ich mir im Klaren, aber ich sehe auch große Chancen vor allem für die Verlierer unsere Gesellschaft (Alleinerziehende Frauen, Rentnerinnen, Kinder und Jugengliche ohne Chancen auf Bildung, Kulturschaffende etc.) Daher finde ich es spannend zu beobachten, dass das Thema immer stärker in den Blickpunkt gerät.
Wie stehen die Linken dazu?
Ist das Thema Bedingungsloses Grundeinkommen für Sie ernstzunehmen?
Für mich eine wichtige Frage!

Lieben Gruß
R.B.

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Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrte Frau Beckmann,

vielen Dank für Ihre Frage zu wahrscheinlich einem der meisdiskurtierten Themen innerhalb meiner Partei. Es gibt in der LINKEN sowohl Befürworter als auch Kritiker des Modells »Bedingnungsloses Grundeinkommen«, deshalb ist Ihre erste Frage nicht eindeutig zu beantworten.

Ihre zweite Frage betreffend, kann ich Ihnen aber versichern, dass das Thema Bedingungsloses Grundeinkommen für mich selbstverständlich ernst zu nehmen ist. Sie haben Recht, wenn Sie schreiben, dass ein solches Einkommen vielen Menschen helfen würde. Niemand wäre mehr darauf angewiesen, einer Arbeit nachzugehen, die missfällt. Menschen könnten Ihrer eigenen Verwirklichung nachgehen, da sie finanziell abgesichert sind. Gleichzeitig stellt sich mir die Frage, wie gerecht eine solche Regelung ist, wenn alle und ohne Bedingungen denselben Betrag Monat für Monat bekommen. Eben nicht nur zum Beispiel die alleinerziehende Mutter oder Rentner*innen, sondern auch die Milliardäre dieser Nation. Das wiederum geht mit meinem Selbstverständnis für einen sozial gerechten Staat nicht einher.

Ich kenne definitiv die Vorteile des BGE an und finde es gut, dass die Diskussion darüber immer alltagstauglicher zu werden scheint. Es ist eines der Themen, zu denen ich bei Wahlkampfveranstaltungen am Häufigsten gefragt werde. Um das Ganze allerdings von einem realitätsbezogenen Standpunkt aus zu betrachten, muss ich aber sagen: Stand jetzt sind wir von einem bedingungslosen Grundeinkommen meilenweit entfernt. Bevor der gesellschaftliche und politische Konsens dahingehen kann, eine mehrheitliche Zustimmung zu gewinnen, sollten wir die vorherrschenden Verhältnisse verbessern: Stand jetzt hat Deutschland nämlich nicht mal eine vor Armut schützende Mindestsicherung. »Hartz IV« reicht meist höchstens dafür, gerade so über die Runden zu kommen. Zudem ist es dem Staat erlaubt (was ich im Übrigen für eine Perversion sondergleichen halte), Bezüge komplett zu streichen, also Sanktionen zu verhängen, wenn der jeweilige Mensch den strengen Auflagen des Amtes nicht Folge leistet.

Ich schätze es sehr, dass die Diskussion um das BGE in immer mehr Teile unseres alltäglichen Lebens vordringt. Vor allem aber aus dem oben genannten letzten Punkt setze ich mich aber vorerst aktiv für die Einführung einer vor Armut schützenden, komplett sanktionsfreien Mindestsicherung von 1.050 Euro ein, wie sie auch in unserem Wahlprogramm gefordert wird. Das bedeutet nicht, dass ich dem BGE ablehnend gegenüber stehe. Es ist nur, wie Sie selber ja auch schreiben, ein sehr komplexes Thema mit sowohl vielen guten Für- als auch Widerargumenten.

Beste Grüße

Ferdinand Niemann