Inwiefern wollen Sie die Schulen weiter digitalisieren?
Wir erleben, wie Corona den Schulalltag auf den Kopf stellt. Dabei wurde vor allem deutlich, wie überfällig die Digitalwende in Berlins Schulen ist: Digitales Lernen – von zuhause aus wie im Präsenzunterricht – müsste längst Alltag sein! Deshalb wollen wir nach der Pandemie kein „back to normal“, sondern wollen die Krise als Anlass nutzen, den digitalen Kulturwandel auch an Berliner Schulen so umzusetzen, dass er auch einen pädagogischen Nutzen bringt. Wir wollen, dass unsere Kinder gesund in der digitalen Welt aufwachsen und diese aktiv mitgestalten können. Deshalb werden wir Schulen dabei unterstützen, einfach zu nutzende, datenschutzfreundliche und pädagogisch sinnvolle Programme, Apps und Lernsoftware mit dem Unterricht zu verzahnen. Digitale Medien sind nie Selbstzweck, sondern müssen immer auf ihre pädagogische Sinnhaftigkeit hin überprüft werden. Gleichzeitig ist klar: Digitale Herausforderungen werden sich für Schüler*innen durch ihr ganzes Leben ziehen. Daher ist wichtig, dass Kinder und Jugendliche frühzeitig verstehen, wie Rechner, Netze, Speicher, Algorithmen und Künstliche Intelligenz funktionieren, wie programmieren funktioniert, welche Chancen, aber auch Gefahren sowie Möglichkeiten zur Manipulation und Verfolgung durch das Internet entstehen und welche Rechte und Pflichten sie als Internetnutzer*innen haben. Es ist zentral, in der Schule neben konkret anwendungsbezogenen Fähigkeiten (wie nutze ich das?), auch technologische Kenntnisse (wie funktioniert das?) sowie die gesellschaftlichen Auswirkungen von Technik (wie wirkt das?) zu vermitteln. Auch die Fähigkeit, zwischen geprüften Informationen und Fake News im Netz zu unterscheiden, ist ein essentieller Bestandteil von Digital Literacy und Medienkompetenz. Auch soziale Regeln sind Teil des digitalen Raumes, deshalb wollen wir unsere Kinder dabei unterstützen, die sozialen Kompetenzen im Netz umzusetzen. Die Themen Cyber-Mobbing und digitaler Hass sowie digitale Gewalt müssen in diesem Kontext thematisiert werden. Wichtig ist, Kinder und Jugendliche brauchen ein solides Fundament an Medienkompetenz und sozialer Einbettung, um sicher, gesund und selbstständig digital zu lernen. Dafür wollen wir den Informatikunterricht stärken, gleichzeitig diese Fragen aber in allen Fächern mitdenken. Außerdem wollen wir ein umfassendes und gezieltes Programm zur technischen, rechtlichen, methodischen und (fach-)didaktischen Fortbildung der Lehrkräfte entwickeln, das sie jeweils auf den neuesten Stand einer sich rasch verändernden digitalen Welt bringt. Wir wollen die IT-Unterstützung durch IT-Administrator*innen an allen Schulen ausbauen. Jede Schule soll schnellstmöglich einen leistungsfähigen Glasfaser-Netzanschluss, WLAN und ein leistungsstarkes, benutzerfreundliches und pädagogisch sinnvolles Open-Source-Lernmanagementsystem erhalten, das sowohl von Pädagog*innen als auch von Schüler*innen kritisch begleitet wird. Jedoch soll die Vielfalt der in Berlin genutzten Lernplattformen durchaus bestehen bleiben. Alle Lehrer*innen und Schüler*innen sollen zügig Laptops oder andere, den jeweiligen pädagogischen Ansprüchen entsprechende Endgeräte zur Verfügung gestellt bekommen, damit ein gerechter Zugang für alle ermöglicht wird. Eine wesentliche Voraussetzung dafür ist, dass die Gelder aus dem Digitalpakt effektiv und schnell in die digitale Ausstattung der Berliner Schulen fließen. Ein Medienportal, das wir am besten gemeinsam mit anderen Bundesländern betreiben, soll den kostenlosen und rechtlich einwandfreien Zugang zu qualitätsgeprüften, kommentierten und curricular eingeordneten elektronischen Bildungsmedien eröffnen und den Austausch der Lehrkräfte darüber ermöglichen. Häufig scheitert die Digitalisierung der Schule nicht an Geld, sondern am Personal. Die IT-Expert*innen, die sich um die digitale Ausstattung der Schulen kümmern, wollen wir darum stärken, ihren Stundenumfang ausweiten und Schulen ein festes Schulentwicklungsbudget einräumen. Damit haben sie die Möglichkeit, sich gemeinsam mit allen Beteiligten mit digitalen Technologien auseinanderzusetzen und einen sinnvollen pädagogischen Umgang damit zu finden. Eine neu einzurichtende, entsprechend ausgestattete Stabsstelle in der Senatsverwaltung soll die Digitalwende strategisch und organisatorisch durchführen und dabei sowohl den Best-Practice-Austausch unter den Schulen organisieren als auch Unternehmen und die Akteurslandschaft aktivieren sowie die Aus- und Fortbildung der Lehrkräfte im Bereich Digitalisierung steuern. Datenschutz, digitale Teilhabe und Inklusion sowie Open-Source-Anwendungen und Offene Bildungsmaterialien (OER) sind uns dabei sehr wichtig. Und es braucht mehr kritische Forschung: Wie verändert sich Bildung und Schule durch digitale Medien? Was ist gutes, gemeinsames digitales Lernen und Unterrichten? Was funktioniert in welcher Altersgruppe? Wie können pädagogischen Konzepte gelingen – analog und digital? Nur mit dieser Grundlage kann digitale Bildung der Zukunft gelingen.