Frage an Fabio De Masi von Alex M. bezüglich Gesundheit
Sehr geehrter Herr De Masi,
welche Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung wären Ihres Erachtens derzeit (Anfang April 2021) angemessen? Oder sind die aktuellen Maßnahmen ausreichend?
Ihnen ist sicher die Petition für einen härteren Lockdown mit derzeit knapp 80.000 Unterzeichnern sowie die "NoCovid" Strategie bekannt. Wie stehen Sie dazu?
Beste Grüße
Alex Meier
Sehr geehrter Herr Meier,
entscheidend für das Infektionsgeschehen ist nicht allein die Härte des Lockdowns, sondern die zügige Impfung von Risikogruppen und die Unterstützung von Bevölkerungsgruppen, die z.B. aufgrund beengter Wohnverhältnisse besonders von Einschränkungen betroffen sind.
Ich hätte einen harten, aber zeitlich begrenzten, Lock-Down mit großzügiger wirtschaftlicher Hilfe zu Beginn der Pandemie befürwortet. Jedoch, um die Zeit zu nutzen und Maßnahmen zum gezielteren Schutz von Risikogruppen, bspw. in Alten- und Pflegeheimen, vorzubereiten. Dies ist nicht im erforderlichen Umfang geschehen.
Ich kann nicht ausschließen, dass ein sehr harter Lockdown erneut erforderlich wird, der unter anderem auf dieses politische Versagen zurückzuführen ist.
Es befremdet mich aber, wie die Befürworter und Gegner von Lockdowns ihre besondere moralische Überlegenheit durch entweder besonders harte Maßnahmen (nach dem Motto die Ignoranten gehören bestraft) und die anderen spiegelbildlich durch Leugnung von Covid unterstreichen.
Mir scheint dies zunehmend eine Art Ersatzhandlung zu sein, die vorrangig der sozialen Abgrenzung dient, anstatt den öffentlichen Druck etwa auf die völlig unverantwortliche Impfpolitik oder das Chaos an den Schulen zu lenken.
Der Schlüssel zur Bewältigung der Pandemie ist die Impfung. Wir müssen alle Ressourcen dafür mobilisieren, die Impfstoffkapazitäten hochzufahren. Denn es ist eben nicht im Interesse der Pharmaindustrie und Investoren, kurzfristig weitere Fertigungslinien und Betriebsstätten aufzubauen, wenn diese später ungenutzt brachliegen.
Daher hat u.a. Professor Schularick darauf hingewiesen, dass es nötig wäre, in das Patentregime für Corona-Impfstoffe einzugreifen, um Lizenzproduktionen zu ermöglichen. Schließlich wurden die Corona-Impfstoffe auch mit öffentlichen Geldern entwickelt.
Darüber hinaus braucht es Prämien und Beihilfen für weitere Betriebsstätten, um die Impfstoffproduktion, ähnlich einer „Kriegswirtschaft“, rasch auszuweiten.
Ein Land wie Südafrika wird beim derzeitigen Impftempo zehn Jahre benötigen, um die Bevölkerung zu impfen und damit auch immer wieder der Herd neuer Mutationen sein. Warum wird hierüber nicht mit der selben Dringlichkeit gestritten wie über die Härte des Lockdowns?
Beste Grüße
Fabio De Masi