Frage an Eva-Maria Glathe-Braun von Irene S. bezüglich Finanzen
Sehr geehrte Frau Glathe-Braun,
beim Thema Altersvorsorge scheiden sich ja die "Experten"-Geister. Die Riesterrente gilt bei vielen Experten als nicht zielführend und gescheitert. Welche Optionen habe sie für die Menschen, die einen Vertrag zur Riesterrente abgeschlossen haben und diesen nicht bis zum (bitteren) Ende fortführen möchten?
Ein weiteres Thema ist die Personalsituation in den Altenpflegeeinrichtungen und Krankenhäusern. Welche konkreten Maßnahmen werden Sie zumindest versuchen umzusetzen, um dem Personalmangel entgegen zu wirken?
Beim Thema Infrastruktur, und ganz speziell bei der Digitalisierung interessiert mich, wie Sie den flächendeckenden Ausbau mit Glasfaserkabeln vorantreiben werden? Wer soll dafür die Kosten tragen?
Die Bildung bzw. die Chancengleichheit für eine Bildung für alle - was tun Sie, um Kindern und Jugendlichen die Bildung zu ermöglichen, zu der die Kinder und Jugendlichen auch in der Lage sind? Welche Förderprogramme und finanziellen Unterstützungen sehen Sie für den Bereich Bildung vor? Dazu gehört für mich auch die adäquate Ausstattung der Schulen mit den erforderlichen Ressourcen.
Vielen Dank für aussagekräftige Antworten.
Sehr geehrte Frau Sauerbrey,
herzlichen Dank für Ihre Fragen, die ich gerne beantworte:
1. Riesterrente: Wie Sie bereits richtig bemerken, ist die staatlich geförderte Riesterrente ist gescheitert. Durch sie können die in die gesetzliche Rente gerissenen Lücken nicht geschlossen werden. Milliarden an Subventionen werden verpulvert, die in den Kassen der Versicherungskonzerne statt in den Portemonnaies der Rentnerinnen und Rentner landen. Dies gilt ebenfalls für die Rürup-Rente (Basis-rente). Millionen Menschen mit normalem und niedrigem Einkommen können nicht privat vorsorgen. Natürlich dürfen hier bereits eingezahlte Beiträge nicht verloren gehen, deshalb wollen wir die Riester-Rente in die gesetzliche Rente überführen: Individuell erworbene Rentenansprüche können freiwillig auf das persönliche Rentenkonto bei der Rentenversicherung übertragen werden. Extraprofite für die Versicherungswirtschaft wollen wir dabei verhindern.
2. Personalsituation in der Pflege: Eine verbindliche Personalbemessung muss als Merkmal der Strukturqualität in die Krankenhausplanung aufgenommen werden. Es müssen dringend kurzfristige Maßnahmen zur Verbesserung der Personalbesetzung in den Krankenhäusern getroffen werden, um mindestens 100.000 Vollzeitstellen in der Pflege zu schaffen, welche bedarfsgerecht – außerhalb der Fallpauschalen/DRGs – finanziert werden. Mit dieser auf den ersten Blick hoch erscheinenden Zahl läge der Pflegeschlüssel in Deutschland im europäischen Vergleich im unteren Mittelfeld – nicht mehr. Die Ausbildung und der Beruf müssen attraktiver werden. Das bedeutet höhere Vergütungen, bessere Arbeitsbedingungen, vor allem durch gesetzliche Mindestpersonalbemessung, bundesweiter Wegfall des Schulgeldes, eine flexiblere Ausbildung sowie Aufstiegsmöglichkeiten. Insbesondere in der Altenpflege muss die tarifliche Entlohnung allgemeinverbindlich werden. Es muss gesichert sein, dass tarifliche Bezahlung von den Kostenträgern nicht nur nicht abgelehnt werden darf, sondern auch tatsächlich refinanziert wird. Weiterhin schlägt DIE LINKE vor, den Pflegemindestlohn sofort auf 14.50 Euro zu erhöhen und auf zusätzliche Tätigkeitsgruppen auszudehnen. Diese Maßnahmen könnten sofort finanziert werden durch die Umwandlung des Pflegevorsorgefonds in einen Pflegepersonalfonds, um eine weitere finanzielle Belastung der Menschen mit Pflegebedarf zu verhindern.
3. Glasfaserausbau: Wir als DIE LINKE fordern einen raschen und flächendeckenden Glasfaserausbau. Das Internet ist für viele Menschen zur zentralen Informationsquelle und zum Ort von Kommunikation und Diskussion geworden. Informationen aus Verwaltungen und des öffentlichen Lebens werden vermehrt online zur Verfügung gestellt. Der Ausbau der Glasfaserinfrastruktur ist für uns eine Frage der Dasensvorsorge und demokratischer Teilhabemöglichkeiten. Der Investitionsbedarf für einen bundesweit flächendeckenden Glasfaserausbau wird jüngeren Berechnungen zufolge mit 45 Mrd. EUR (Juli 2016) beziffert. Eine staatliche Finanzierung sowie ein Umsetzungs- und Finanzierungszeitraum über 10 Jahre ist möglich und erforderlich. Der Betrieb der Infrastruktur sollte dann in kommunaler oder genossenschaftlicher Trägerschaft erfolgen.
4. Bildung und Bildungseinrichtungen: Unser Bildungssystem ist massiv unterfinanziert. Bildungspolitik ist Ländersache, trotzdem müssen Bund und Länder in der Bildung zusammenarbeiten können. Diese Zusammenarbeit ist seit 2006 nicht mehr möglich. Das sogenannte Kooperationsverbot ist ein Hindernis für gleiche und vergleichbare Bedingungen beim Lernen und Lehren. Das ist der falsche Weg! Wir wollen das Kooperationsverbot komplett aufheben und Bildung als Gemeinschaftsaufgabe im Grundgesetz verankern, damit für alle Kinder und Jugendlichen Bildungsgerechtigkeit hergestellt werden kann. Das betrifft auch die Sanierung von Schulen. Durch die Schuldenbremse verschärfen sich diese Probleme. Allein der Sanierungsbedarf bei Schulen wird bundesweit auf 34 Milliarden Euro geschätzt. Wir wollen Gebäude sanieren, Barrierefreiheit herstellen und die digitale Infrastruktur ausbauen. Das geht nur mit öffentlichen Investitionen.
Wesentliche Ursache der sozialen Spaltung in der Bildung ist die frühe Aufteilung der Schülerinnen und Schüler in unterschiedliche Schulformen.Wir wollen eine Schule für alle: eine Gemeinschaftsschule, die kein Kind zurücklässt und sozialer Ungleichheit entgegenwirkt. Statt Bildungschancen über unterschiedliche Bildungswege zuzuweisen, fordern wir inklusive Schulformen, die längeres gemeinsames Lernen ermöglichen. Schule sollte so organisiert sein, dass die sozialen Unterschiede nicht noch verstärkt, sondern möglichst ausgeglichen werden. Deshalb soll die Eigenarbeit der Kinder nicht im familiären Bereich bleiben (Hausaufgaben). Im schulischen Alltag müssen dafür Raum und Zeit geschaffen werden. Jedes Kind muss die Möglichkeit haben, eine Ganztagsschule zu besuchen. Solange das nicht gewährleistet ist, fordern wir einen Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung in der Grundschule.
Mit freundlichem Gruß
Eva-Maria Glathe-Braun