Frage an Eva Högl von Benjamin B. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrte Frau Dr. Högl,
als ehemaliger SPD-Wähler sehe ich ich mich durch den derzeitigen, möglichen Wechsel Sigmar Gabriels ins Lager der Automobilindustrie wieder mal in meinen Vorurteilen bestätigt, dass die SPD mittlerweile oft Steigbügelhalter der (meist politisch am Leben gehaltenen Alt-) Industrien ist und das politische Dasein vor allem als Karrieresprungbrett nutzt. Ich bin mir im Klaren, dass ich vielen engagierten Genossen damit Unrecht tue, bin mir allerdings sicher, dass viele Bürger genauso denken. Gerade mit Blick auf das Erstarken ihrer blauen Kollegen sollte sich, meiner Meinung nach, die SPD, viel stärker ihrer historischen "Pflicht" als Stütze der Arbeitnehmer bewusst werden. Hier würde ich mich übrigens als angestellter Informatiker (als Vertreter nicht-klassischer, moderner Jobs) gerne genauso wiederfinden, wie es einst die Kumpel in den Bergwerken konnten. Meine Frage hierzu ist: Ist sich die SPD dem angesprochenen Imageproblem bewusst und versucht, glaubwürdige Personen anstelle von "Wirtschaftsgünstlingen" (Die Polemik des Begriffs hier ist beabsichtigt, ich entschuldige mich) auf representativen Stellen unterzubringen? Ich mache mir nämlich wirklich Sorgen, dass die oben beschriebene Gruppe zurzeit durch keine Partei außer evtl.der Linken vertreten wird, und diese Lücke aktiv die Rechten auszufüllen versuchen.
Mit freundlichen Grüßen,
B. B.
Sehr geehrter Herr B.,
vielen Dank für Ihr Schreiben auf abgeordnetenwatch.de zu einer möglichen Beschäftigung von Herrn Gabriel beim Verband der Automobilindustrie.
Herr Gabriel hat kürzlich mitgeteilt, dass er als Präsident des Verbandes der Automobilindustrie nicht zur Verfügung steht.
Gerne möchte ich Sie auf meine Antwort an Frau Dirks hier auf abgeordnetenwatch.de hinweisen. Frau Dirks hat ähnlich wie Sie die Beschäftigung eines SPD-Politikers nach Ende dessen politischer Laufbahn kritisiert.
In meiner Antwort an Frau Dirks habe ich deutlich gemacht, dass ich Frau Dirks und damit auch Ihre Kritik sehr gut nachvollziehen kann. Denn auch ich bin der festen Überzeugung, dass nicht nur die Sozialdemokratie, sondern auch unser gesamtes demokratisches System von Integrität und Glaubwürdigkeit getragen sein muss. Und dass dazu auch gehört, dass Spitzenpolitiker*innen nach Ende ihrer politischen Laufbahn nicht direkt die Seiten wechseln und als Lobbyist*innen bei einem Verband oder Unternehmen beginnen sollten.
Einen Punkt aus meiner Antwort an Frau Dirks möchte ich hier nochmal ausdrücklich betonen: Auf Initiative der SPD wurde genau aus diesem Grund in der letzten Legislatur eine Karenzzeit eingeführt. Ich würde mir sehr wünschen, dass diese Karenzzeit ausgeweitet und verschärft wird. Das ist mein Ziel. Und dafür setze ich mich ein.
Mit freundlichen Grüßen
Ihre Eva Högl