Frage an Eva Högl von Andre K. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Liebe Eva,
du engagierst dich gegen die Vielehe, weil sie nicht deinem Lebensentwurf entspricht (https://www.spiegel.de/politik/deutschland/deutschland-mehrehen-verbot-fuer-neubuerger-soll-schnell-kommen-a-1266216.html).
Da die SPD und du im Bundestag für die Abschaffung des Eheverbots für Homosexuelle gestimmt haben, habe ich folgende Fragen an dich:
1. Was spricht aus deiner Sicht dagegen, dass drei sich liebende und füreinander sorgende Erwachsene, die bei gleichen Pflichten auch gleiche Rechte erhalten wollen, nicht gemeinsam heiraten dürfen?
2. Hältst du das Verbot, dass nicht mehr als zwei Menschen freiwillig die Ehe eingehen können, für diskriminierend und islamophob? Die Grüne Jugend fordert z. B., dass mehrere Menschen gemeinsam einen Bund fürs Leben eingehen können sollen und in schon über 60 Staaten der Erde gibt es die Mehrfachehe – in mehr Staaten als es die Homoehe gibt. Die Berliner Linkenpolitikerin Franziska Brychcy lebt mit zwei Männern in einer Wohnung, hat von einem drei und vom anderen ein Kind. Warum soll Franziska eigentlich aus deiner Sicht nicht die beiden Männer heiraten dürfen und damit den Kindern einen sicheren rechtlichen Rahmen bieten, so wie es andere Kinder aus einer Zweierehe auch haben?
3. Zwei wichtige Argumente für die Einführung der Homoehe waren:
a) Aus gleichen Pflichten sollten auch gleiche Rechte folgen
b) Familie ist, dort wo Kinder sind und diese Kinder sollen nicht schlechter gestellt werden als Kinder aus einer traditionellen Ehe.
Wieso gelten auf einmal diese Argumente bei dir nicht mehr, wenn es um die Vielehe geht?
Vielen Dank
Andre
Lieber Andre,
vielen Dank für Dein Schreiben auf abgeordnetenwatch.de zum Verbot der Polygamie in Deutschland.
Die Ehe ist für mich ein Bund zwischen zwei Menschen, der von unserer Gesellschaft und unserem Staat besonderen Schutz und Unterstützung verdient. Es ist für mich dabei völlig unerheblich, welche Herkunft, Religion oder sexuelle Orientierung zwei Menschen haben, die zusammen eine Ehe schließen wollen. Jedes Paar – egal welchen Hintergrunds – sollte ein Anrecht hierauf haben. Jahrelang hatten gleichgeschlechtliche Paare dieses Recht nicht. Genau aus diesem Grund habe ich für die Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare gekämpft und war überglücklich, dass wir sie 2017 endlich erreicht haben.
Aus meiner Überzeugung, dass die Ehe für mich eine besondere Verbindung zwischen zwei Menschen ist, ergibt sich auch, dass die Argumente, die (auch für mich) für die Einführung der gleichgeschlechtlichen Ehe sprechen, bei der Vielehe nicht angeführt werden können.
Meine Ablehnung der Polygamie ist für mich eine Haltung für etwas, nämlich eine bestimmte Vorstellung von Ehe als Verbindung zwischen zwei Menschen, und keine Haltung gegen etwas, nämlich eine bestimmte Religion bzw. dezidiert gegen den Islam und seine Glaubensgrundsätze. Schließlich ist Polygamie auch in einigen mehrheitlich muslimischen Staaten verboten, zum Beispiel in der Türkei und Tunesien. Es wäre sicherlich ungerechtfertigt, diese Staaten aufgrund ihres Verbots der Vielehe islamophob zu nennen.
Mit herzlichen Grüßen
Deine eva