Frage an Eva Högl von Frauke W. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Hetze findet leider eben nicht nur von rechts statt, sondern auch von links. So tritt auf dem „Konzert gegen rechts“ heute, 3.9.18, in Chemnitz die linksradikale Band „Feine Sahne Fischfilet“ auf.
Originalzitat aus:
https://www.t-online.de/nachrichten/id_84384404/tagesanbruch-chemnitz-kommt-nicht-zur-ruhe-wo-ist-die-mitte-.html
„In Kritik geraten war zuvor vor allem die Teilnahme der Punkrock-Band Feine Sahne Fischfilet, die als anti-staatlich beschrieben wird, Gewalt gegen politische Gegner legitimiert und in ihren Texten gegen "Bullen" hetzt“.
Verschiedene Politiker, leider auch der Bundepräsident Steinmeier, haben mit Aufrufen dieses Konzert unterstützt.
https://www.bild.de/politik/inland/politik-inland/konzert-in-chemnitz-warum-wirbt-steinmeier-fuer-linksradikale-rocker-57023684.bild.html
„Gewalt gegen politische Gegner“!!! Halten Sie es für friedensstiftend, wenn Konzerte mit linksradikalen Bands von Politikern unterstützt werden? Ich bin entsetzt darüber! Ich meine, damit wird nur weiter provoziert und die Stimmung aufgeheizt. Wie sehen Sie das?
Mir kommen die Aufrufe dieser Politiker in Chemnitz zu Mäßigung und Demokratie langsam scheinheilig vor, wenn ich so etwas lese. Was sagen Sie?
Grüße
Sehr geehrte Frau W.,
vielen Dank für Ihr Schreiben auf dem Internetportal abgeordnetenwatch.de zum Konzert gegen Rechts in Chemnitz, bei dem auch die Punkrockband „Feine Sahne Fischfilet“ aufgetreten ist.
Die Ereignisse und Vorfälle der vergangenen Tage und Wochen in Chemnitz besorgen mich sehr. Der Mord an Daniel H. ist schrecklich. Meine Anteilnahme ist bei seiner Familie, Angehörigen und seinen Freunden. Die Täter dieser abscheulichen Tat müssen sehr schnell ermittelt, gefasst und bestraft werden.
Unser Rechtsstaat ist stark und handlungsfähig. Nicht mal 24 Stunden nach der Tat wurden bereits zwei Tatverdächtige vorläufig festgenommen. Ich erwarte, dass die Ermittlungen mit Hochdruck weiter betrieben werden.
Für die Trauer und die Anteilnahme am Mord von Daniel H. habe ich vollstes Verständnis. Kein Verständnis habe ich jedoch dafür, wenn diese abscheuliche Tat von rechtspopulistischen und rechtsextremen Personen und Gruppen bewusst missbraucht und instrumentalisiert wird, um gegen bestimmte Teile in unserer Gesellschaft zu hetzen.
Unter dem Motto #wirsindmehr haben daher am Montag unterschiedliche Bands und Künstler*innen ein Konzert in Chemnitz gegeben, um ein Zeichen gegen Hass und Hetze, für Respekt und Toleranz. 65.000 Menschen sind zum Konzert gekommen. Diese Initiative begrüße ich sehr. Rechter Hass und rechte Gewalt haben in unserer Gesellschaft keinen Platz. Es ist wichtig, dass wir als Gesellschaft aufstehen und ein Zeichen setzen gegen Rechtsextremismus und Ausländerfeindlichkeit.
Der Verfassungsschutz hat die Aufgabe der Sammlung und Auswertung von Informationen über Personen und Gruppen, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind.
Der Verfassungsschutz in Mecklenburg-Vorpommern hat die Punkrockban „Feine Sahne Fischfilet“ 2012 beobachtet, u.a. weil die Band neben ihrem musikalischen Wirken auch
linksextremistische Aktivitäten entfalte sowie Gewalt als legitimes Mittel der Auseinandersetzung mit Rechtsextremisten verstehe. Weitere Erkenntnisse über die Band finden sich in den Verfassungsschutzberichten aus den Jahren 2013 und 2014.
Seitdem enthalten die Verfassungsschutzberichte keine Erkenntnisse über die Punkrockband. In den Berichten aus den Jahren 2015, 2016 und 2017 ist die Punkrockband nicht genannt. Leider habe ich keine Kenntnis, ob dies bedeutet, dass die Beobachtung durch den Verfassungsschutz in Mecklenburg-Vorpommern eingestellt ist.
Ich lehne jede Form von Gewalt ab – egal ob von links, rechts, fundamentalistisch oder islamistisch. Ich begrüße die Initiative #wirsindmehr und Ihr Engagement gegen rechten Hass und rechte Gewalt. Wenn diese Initiative jedoch genutzt wird, um (rechte) Gewalt mit (linker) Gewalt zu beantworten bzw. dazu aufzurufen, möchte ich mich hiervon klar und eindeutig distanzieren.
Ich vermute, dass dies auch die Position von Bundespräsident Steinmeier ist. Mit seiner Unterstützung für das Konzert wollte Bundespräsident Steinmeier seine Unterstützung für die Initiative #wirsindmehr zum Ausdruck bringen, vor allem in ihrem Engagement gegen Rechts, ohne hierdurch Linksextremismus oder linksextreme Gewalt in irgendeiner Art und Weise zu verharmlosen bzw. gutzuheißen.
So sehr die Debatte um den Auftritt der Punkrockband „Feine Sahne Fischfilet“ wichtig und richtig ist, so wenig darf sie jedoch vom eigentlichen Problem ablenken: Dass Rechtsextreme und Neonazi in Chemnitz zu tausenden gegen Mitmenschen gehetzt haben, der Hitlergruß gezeigt wurde und zu Hass und Gewalt aufgerufen wurde. Dagegen müssen wir uns als gesamte Gesellschaft wehren und entschieden entgegentreten.
Mit freundlichen Grüßen
Ihre Eva Högl