Frage an Eva Högl von Nicole M. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrte Fr. Dr. Högl,
wie soll die "Ehe für alle", bzw. die Umschreibung der Eingetragenen Lebenspartnerschaft umgesetzt werden? Das Standesamt weiß noch nichts Genaues, außer dass zur Umschreibung wieder einige aktuelle (kostenpflichtige) Urkunden nötig sind, obwohl wir doch mit der Eingetragenen Lebenspartnerschaft registriert sind. Zudem sind die Termine beim Standesamt Mitte für das Jahr 2017 derzeit komplett ausgebucht. Will man die Umschreibung in einem anderen Standesamt machen lassen, ist es kostenpflichtig.
Warum kann die Umschreibung nicht verwaltungskräfteschonend per Brief mit Unterschrift (die ja auch gespeichert ist) erledigt werden? Warum so umständlich, wenn wir doch schon mal die gesamte Bürokratie für die Eingetragene Lebenspartnerschaft durchlaufen hatten? Zudem erscheint es mir schon wieder ein finanzieller Nachteil, da wir erneut kostenpflichtige Urkunden beschaffen müssen.
Eine weitere Frage zur Umsetzung bezieht sich auf in dann eine gleichgeschlechtliche Ehe hineingeborene Kinder. Werden die dann wie bei heterosesuellen Ehen automatisch die Kinder beider Eheleute sein oder soll weiterhin zur Rechtsunsicherheit der Kinder das langwierige Stiefkindadoptionsverfahren angewendet werden wie bisher bei einer Eingetragenen Lebenspartnerschaft?
Freundliche Grüße,
N. M.
Sehr geehrte*r N. M.,
vielen Dank für Ihre Nachricht vom 5. September 2017.
Ich kann grundsätzlich nachvollziehen, dass Sie den Prozess der Umschreibung einer eingetragenen Lebenspartnerschaft in eine Ehe als relativ umständlich empfinden. Gleichzeitig sehe ich aufgrund der großen Bedeutung der Entscheidung, eine bestehende eingetragene Lebenspartnerschaft in eine Ehe umzuwandeln, durchaus auch die Notwendigkeit, dass sichergestellt werden muss, dass die hierfür erforderlichen Willenserklärungen tatsächlich von den jeweiligen Lebens- beziehungsweise Ehepartnern stammen. Dadurch ist jedoch ein gewisses Maß an Verwaltungsaufwand unausweichlich. Die genaue Ausgestaltung der Verwaltungsvorgänge liegt in der Verantwortung der einzelnen Standesämter. Gemeinsam mit meinen Kolleg*innen in der SPD-Bundestagsfraktion werde ich genau beobachten, wie die Umwandlung von eingetragenen Lebenspartnerschaften in Ehen durch die Standesämter praktisch umgesetzt wird und gegebenenfalls prüfen, inwieweit die Situation für betroffene Antragsteller*innen durch gesetzgeberische Maßnahmen verbessert werden kann.
Auch Ihren Unmut über die Schwierigkeiten bei der Terminvergabe beim Standesamt Mitte kann ich gut nachvollziehen. Unabhängig von dem von Ihnen geschilderten Problem mit der Umwandlung einer eingetragenen Lebenspartnerschaft in eine Ehe bestehen generell große Probleme beim Standesamt Berlin-Mitte. Wegen fehlenden Personals ist es auch unabhängig von der Einführung der Ehe für alle derzeit leider noch sehr schwierig, beim Standesamt Berlin-Mitte einen Termin zu erhalten. Es ist dringend überfällig, dass sich an dieser Situation etwas ändert, denn alle Bürger*innen sind auf eine funktionierende Verwaltung angewiesen und erwarten zu Recht, nicht unangemessen lange auf einen Termin für eine Dienstleistung warten zu müssen. Deshalb begrüße ich es sehr, dass der Berliner Senat mittlerweile Maßnahmen ergriffen hat, um gegen die Personalnot beim Standesamt Mitte vorzugehen. So sollen bald mehrere neue Standesbeamt*innen das Standesamt Mitte verstärken. Außerdem soll durch Veränderungen bei der Ausbildung der Standesbeamt*innen dafür gesorgt werden, dass schneller neues Personal für die Standesämter in Berlin gewonnen werden kann.
Mit Ihrer Frage, welche Auswirkungen die Vermutungsregel des § 1592 BGB künftig auf homosexuelle Ehen haben wird, sprechen Sie ein Thema aus dem Bereich des Abstammungsrechts an. Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz hat kürzlich den Abschlussbericht der internen Arbeitsgruppe Abstammungsrecht veröffentlicht, der Grundlage für ein reformiertes Abstammungsrecht sein soll, mit dem die Vielfalt der heute bestehenden Familienkonstellationen auch im Gesetz abgebildet wird. Dieser Bericht enthält auch Ausführungen zu der von Ihnen angesprochenen Vermutungsregelung bezüglich der Elternschaft von Eheleuten in § 1592 BGB und thematisiert eine Erweiterung der Vermutungsregel für homosexuelle Partnerschaften.
Insgesamt setzen wir uns als SPD für ein modernes Abstammungsrecht ein, das vielfältigen familiären Konstellationen Rechnung trägt. Ich bin dafür, in der kommenden Legislaturperiode eine ausführliche Diskussion über ein neues Abstammungsrecht zu führen. Hierbei wird auch zu klären sein, inwieweit Vermutungen ähnlich wie bei der Regelung in § 1592 BGB in verschiedenen familiären Konstellationen eine praktikable und für alle Beteiligten gerechte Lösung darstellen.
Ich hoffe, ich konnte Sie durch meine Ausführungen von meinem Engagement für die Gleichstellung homosexueller Partnerschaften und ein modernes Abstammungsrecht überzeugen und freue mich, wenn Sie dieses Engagement bei der Bundestagswahl am 24. September mit zwei Stimmen für die SPD unterstützen.
Mit freundlichen Grüßen
Eva Högl