Frage an Eva Högl von Sigurd M. bezüglich Finanzen
Sehr geehrter Frau Högl,
Wie stehen sie zu Themenkomplex: Euro? z.bsp.Vertrag von Maastricht und no -bail-out-Klausel, kein Land haftet für die Schulden eines anderen Landes?
Teilen sie die Politik der Bundesregierung und großer Teile ihrer Partei SPD, die damit die no-bail-out-Klausel verletzt haben?
Mit freundlichen Grüßen
Sigurd Meisel
Sehr geehrter Herr Meisel,
vielen Dank für Ihre Anfrage über das Internetportal abgeordnetenwatch.de zum Thema Euro.
Die SPD hat die Entscheidungen über den Fiskalpakt für mehr Haushaltsdisziplin in Europa und den Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) mit großer Mehrheit mitgetragen. Unsere Zustimmung zum ESM und Fiskalpakt ist jedoch keineswegs eine Zustimmung zur Politik der Bundesregierung, die vor allem auf Sparen und Haushaltskonsolidierung gesetzt hat. Die SPD hat vor allem aus einem europapolitischen Verantwortungsbewusstsein heraus zugestimmt, da wir uns für ein solidarisches und handlungsfähiges Europa einsetzen und als Oppositionspartei keineswegs in einen Euro-Populismus verfallen.
Im Gegensatz zur schwarz-gelben Bundesregierung sind wir der Überzeugung, dass sich kein Land inmitten einer wirtschaftlichen Rezession aus einer Krise heraus sparen kann. Neben Haushaltsdisziplin brauchen überschuldete Staaten auch Impulse für nachhaltiges Wachstum und Beschäftigung, um dauerhaft wieder auf eigenen Beinen stehen zu können.
Dem Fiskalpakt allein hätte die SPD nicht zustimmen können, da er die Krise eher verschärft als eingedämmt hätte. Deswegen haben wir bei der Zustimmung zum Fiskalpakt hart mit der Bundesregierung verhandelt und sichtbare Erfolge erzielt. So wurde der Fiskalpakt durch einen europäischen Wachstums- und Beschäftigungspakt und ein Sofortprogramm gegen Jugendarbeitslosigkeit ergänzt. Des Weiteren hat die SPD die Einführung einer Finanzmarktransaktionssteuer gefordert, weil nicht die Steuerzahler/-innen sondern die Krisenverursacher die Zeche zahlen sollten. Mit einer Finanzmarkttransaktionssteuer wollen wir den Finanzsektor regulieren und an den Kosten der Krisenbewältigung beteiligen. Die schwarz-gelbe Bundesregierung ist unserer Forderung gefolgt und hat eine zeitnahe Einführung der Finanztransaktionssteuer auf europäischer Ebene zugesagt. Wir konnten somit durchsetzen, dass sich die Bundesregierung zu erheblichen Impulsen für mehr Wachstum und Beschäftigung in Europa bekennt. Diese Verhandlungserfolge der SPD offenbaren, dass die bisherige Sparpolitik der schwarz-gelben Koalition gescheitert ist.
Den Finanzhilfen für Griechenland, Irland und Portugal, später auch Spanien und Zypern haben wir zugestimmt, weil die entsprechenden Bedingungen und Auflagen erfüllt waren, die im EFSF-Vertrag, im ESM-Vertrag und in den deutschen Zustimmungsgesetzen normiert sind. Wir lehnten hingegen immer ab, dass Banken direkt Geld aus dem ESM zur Rekapitalisierung erhalten können.
Ihre Auffassung, dass wir mit der Rettungspolitik gegen die no-bail-out-Klausel des Art. 125 Abs. 1 AEUV verstoßen haben, teile ich nicht. Die no-bail-out-Klausel untersagt ausschließlich die automatische Haftung der Union. Alle bis heute beschlossenen Rettungspakete sind jedoch durch die Mitgliedsstaaten freiwillig beschlossen worden und verstoßen demnach nicht gegen Art. 125 Abs. 1 AEUV. Dies bestätigte auch das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil zum Eurorettungsschirm.
Für ein starkes und demokratisches Europa mit einem soliden Euro fordert die SPD u.a.:
- eine gemeinsame europäische Wirtschafts- und Finanzpolitik;
- eine europäische Finanzverfassung mit einer besseren Regulierung der Märkte, damit Spekulationen nicht mehr ganze Volkswirtschaften in Bedrängnis bringen u.a. durch eine Finanzmarkttransaktionssteuer, strengere Eigenkapitalvorschriften für Banken, einer Verschärfung der bestehenden Regeln für Ratingagenturen und der Einrichtung einer Europäischen Ratingagentur;
- eine europäische Abwicklungsbehörde und einen europäischen Restrukturierungsfonds für große Banken;
- europäische Schuldentilgungsfonds, die mit einem verbindlichen Schuldenabbau-und Reformplan die Staaten in die Pflicht nimmt.
Mit freundlichen Grüßen
Eva Högl, MdB