Frage an Eva Högl von Martin B. bezüglich Wirtschaft
Liebe Frau Högl,
Ursula von der Leyen will, dass Selbstständige schon bald in der deutschen RV pflichtversichert sind. In der Diskussion sehe ich Mindest(!)beiträge von 300-450 € pro Monat.
1.Wie stehen Sie zu diesem Thema?
Viele Studien und die Praxis zeigt den wirtschaftlichen Vorteil für ein Land, eine Region, eine Stadt, wenn ein Teil der Gesellschaft selbstständig ist. Meine Befürchtung ist, dass dieser Anteil stark schrumpfen wird, wenn die Pläne des Bundesministeriums für Arbeit & Soziales Realität werden.
Ein Selbstständiger, der einmal eine Krankheit hatte die etwas über ein Husten hinausging und deshalb von keiner privaten KV angenommen wird, zahlt heute mindestens € 300 Krankenkassenbeiträge pro Monat - egal wie viel er/sie tatsächlich verdient und genauso viel wie ein Angestellter mit über ca. € 2500 Bruttogehalt.
Als Selbstständiger in die RV einzuzahlen finde ich nicht per se absurd. Meiner Meinung nach sollten dann aber nicht nur die RV-Beiträge sondern auch die KV-Beiträge für Selbstständige nach dem tatsächlichen Einkommen eines Selbstständigen proportional kalkuliert werden. Das wäre meiner Ansicht nach fair und gut für die Gesellschaft.
2. Welche Meinung haben Sie dazu?
3. Was können und werden Sie konkret tun, um diese Misere zu beseitigen und Frau von der Leyen davon abhalten, die kreative Wirtschaft zu zerstören, die gerade in unserem Stadtteil so hervorragend läuft?
Vielen Dank für Ihre Antworten und freundliche Grüße,
Martin Bauer
Sehr geehrter Herr Bauer,
vielen Dank für Ihre Nachricht.
Mit Ihrer ablehnenden Haltung gegenüber den Plänen zur Umgestaltung der Altersvorsorge für Selbstständige haben Sie aus unserer Sicht vollkommen recht. Wie Sie sind auch wir als SPD-Bundestagsfraktion der Meinung, dass durch die von Ursula von der Leyen eingebrachten Vorschläge zur Altersvorsorgepflicht von Selbstständigen keine Probleme gelöst, sondern vielmehr neue geschaffen werden. Neben der von Ihnen zum Ausdruck gebrachten Sorge, dass die Umsetzung solcher Pläne einen Rückgang der Zahl an Selbstständigen zur Folge haben würde, sehen wir vor allem auch große Probleme hinsichtlich der vorgesehenen Wahlmöglichkeit für bisher Pflichtversicherte zwischen privater Vorsorge und gesetzlicher Rentenversicherung. Aus unserer Sicht wird hier unter dem Deckmantel der „Freiheit“ die gesetzliche Rentenversicherung und die Solidarität zwischen den Versicherten geschwächt: Frauen müssten in einem solchen System privater Vorsorge mehr bezahlen als Männer, Ältere mehr als Jüngere, Menschen in Berufen mit hohem Erwerbsminderungsrisiko mehr als Menschen mit einem geringeren Risiko. Dies entspricht nicht unserer Vorstellung von Solidarität. Offenbar sind der schwarz-gelben Koalition Renditeerwartungen der privaten Versicherungswirtschaft wichtiger als die Bekämpfung des Armutsrisikos von Selbstständigen sowie deren Absicherung im Falle von Erwerbsminderung.
Wir als SPD-Bundestagsfraktion streben im Gegensatz dazu langfristig eine Weiterentwicklung der gesetzlichen Rentenversicherung zu einer Erwerbstätigenversicherung, in der alle versichert sind, an. In einem ersten Schritt sollen dabei nach unseren Vorstellungen alle Selbstständigen, die nicht in einem der Rentenversicherung vergleichbaren System, z.B. berufsständische Versorgungswerke, versichert sind, nach einer entsprechenden Übergangsfrist in die gesetzliche Rentenversicherung einbezogen werden.
Da wir als SPD im Moment aber leider nicht die Regierung stellen, können wir zur Zeit nicht mehr tun, als immer wieder in der Öffentlichkeit und im persönlichen Kontakt mit Betroffenen und Interessenvertretern unsere Ablehnung der Pläne von Frau von der Leyen deutlich zu machen und zu hoffen, dass unsere guten Argumente gegen die geplante Reform der Altersvorsorge von Selbstständigen irgendwann auch in Regierungskreisen Gehör finden. Allerdings können wir Ihnen versprechen, dass wir die jetzt geplanten Änderungen in einer SPD-geführten Bundesregierung nach der Bundestagswahl 2013 zurücknehmen werden und die Altersvorsorge für Selbstständige so gestalten werden, dass auch die von Ihnen genannten Punkte erfüllt sind. Sie können uns ganz persönlich dabei unterstützen, indem Sie sich bei der kommenden Bundestagswahl für die SPD entscheiden und so weitere unsolidarische Gesetzgebungsprojekte wie das hier besprochene verhindern.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Eva Högl