Bundestagsabgeordnete für Berlin-Mitte
Eva Högl
SPD
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Frage von Tim F. •

Frage an Eva Högl von Tim F. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Frau Dr. Eva Högl,

heute musste ich lesen das der Präsident der EU, Herman Van Rompuy , den keiner EU-Bürger gewählt hat, gefordert hat, Mehrheitsentscheidungen sollen umgekehrt erfolgen. Zitat ( http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/0,1518,719919,00.html ): "Wann auch immer es möglich ist, soll die Entscheidung über Sanktionen automatischer fallen und mit umgekehrter Mehrheit vorgenommen werden." Dies ist in meinen Augen der Abschied von der Demokratie wie wir sie kennen. Wie stehen Sie zu solchen Vorhaben. Wie ist Ihre Position zu den aktuellen Entwicklungen in der EU, die den Anschein erwecken, dass nationale Parlamente nur noch zum Duschreichen von EU-Beschlüssen dienen werden.

Hochachtungsvoll,

Tim Fuba

Bundestagsabgeordnete für Berlin-Mitte
Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Fuba,

vielen Dank für Ihre Frage auf abgeordnetenwatch.de.

Herrn van Rompuy hat vorgeschlagen, die Einleitung von Defizitverfahren gegen Mitgliedsländer der Euro-Zone, die gegen den Stabilitätspakt verstoßen, zu automatisieren. Ein Verfahren könnte dann nur gestoppt werden, wenn der Europäische Rat mit qualifizierter Mehrheit dafür stimmt. Dieses Verfahren dient der Stabilität des Euro und soll einen entscheidenden Beitrag dazu leisten, die gemeinsame europäische Währung auf lange Sicht krisenfest zu machen und Vertrauen auf den internationalen Märkten zu schaffen. Dem Vorschlag von Herrn van Rompuy sind die Staats- und Regierungschefs gefolgt und haben die Europäische Kommission aufgefordert, möglichst zeitnah einen Richtlinienvorschlag zu erarbeiten.

Ein Demokratiedefizit, wie von Ihnen angemahnt kann ich hier nicht feststellen. In keinem Bereich haben die nationalen Parlamente eine so große Kompetenz wie im Bereich der Steuer- und Finanzpolitik. Nicht zuletzt auf Druck Deutschlands ist dieser Bereich weiterhin in der alleinigen Regelungskompetenz der Mitgliedsstaaten. Auf europäischer Ebene ist der Einfluss der nationalen Parlamente auf die Gesetzgebung in der Europäischen Union durch den Vertrag von Lissabon beträchtlich erhöht worden. Insbesondere dann, wenn der Deutsche Bundestag das Prinzip der Subsidiarität verletzt sieht, nachdem immer die möglichst regionalste Ebene ein Problem behandeln sollte, kann er mit Hilfe des neuen Frühwarnsystems Alarm schlagen und sich mit anderen nationalen Parlamenten abstimmen, um einen Gesetzgebungsvorschlag der Europäischen Kommission aufzuhalten oder vor dem Europäischen Gerichtshof zu klagen.

Nicht zuletzt müssen Bundestag und Bundesrat selbstverständlich allen Änderungen der europäischen Verträge mit einer 2/3-Mehrheit zustimmen. Ich teile insofern Ihren Eindruck nicht, dass die nationalen Parlamente nur noch zum "Durchreichen" von EU-Entscheidungen gebraucht werden. Die Kompetenzverteilung zwischen EU und Mitgliedsstaaten ist durch den Vertrag von Lissabon deutlicher geworden, die Rolle des Europäischen Parlaments und der nationalen Parlamente ist gestärkt worden. Der Deutsche Bundestag hat einen großen Spielraum, Einfluss auf europäische Entscheidungen zu nehmen, den er allerdings auch selbstbewusster gegenüber der Regierung nutzen muss.

Mit freundlichen Grüßen

Eva Högl