Frage an Eva Högl von Ralf S. bezüglich Arbeit und Beschäftigung
Sehr geehrte Frau Dr. Högl, ich arbeite seit Jahren bei verschiedenen Trägern in Berlin und frage mich auf welcher Rechtsgrundlage sogenannte Strafer (Arbeit statt Strafe) während der Ableistung ihrer Sozialstunden weiter Hartz IV beziehen. Dazu werden sie komplett aus der Verpflichtung sich eine Arbeitsstelle zu suchen bzw. Vorstellungsbemühungen darzulegen entbunden. Der abhängig Beschäftigte muß im Falle er seine Geldstrafe nicht bezahlen kann seine Strafstunden in seinem Urlaub oder während seiner Freizeit verrichten. Diese Praxis stellt das ursprüngliche Ansinnen des Gerichts einer Bestrafung ad absurdum und würde ich als eine erhebliche Benachteilgung des straffällig gewordenen Arbeitnehmers dar.
Dazu wird ein fiktiver Geldwert erarbeitet, der ja eigentlich aufgerechnet werden müßte.
Ich würde mich über Ihre Rückmeldung freuen.
Mit freundlichen Grüßen
Ralf Stegmann
Sehr geehrter Herr Stegmann,
vielen Dank für Ihre Anfrage und für Ihre Geduld bis zum Erhalt der Antwort. Ich bitte dafür um Entschuldigung.
Ich stimme Ihnen zu. Würde sich der Sachverhalt wie von Ihnen beschrieben darstellen, läge hier definitiv eine Ungleichbehandlung zu Lasten des straffällig gewordenen Arbeitnehmers bzw. der straffällig gewordenen Arbeitnehmerin vor. Der Berliner Gesetzgeber hat jedoch eine derartige Ungleichbehandlung ausgeschlossen. Gemäß § 5 der Verordnung zur Änderung der Verordnung über die Abwendung der Vollstreckung wird bei einem Einsatz an einem Samstag, Sonntag, einem gesetzlichen Feiertag oder in der Nachtzeit die Vollstreckung eines Tages der Ersatzfreiheitsstrafe durch drei Stunden Arbeit abgewendet. Die zur Abwendung der Vollstreckung eines Tages notwendige Arbeitszeit wird also gegenüber den sonstigen notwendigen sechs Stunden halbiert. Eine Teilnehmerin oder ein Teilnehmer der Maßnahme kann so durch zum Beispiel zweimal sechs Stunden freier Arbeit am Wochenende vier Tagessätze tilgen. Somit wird auch die Strafe des oder der straffällig gewordenen Arbeitnehmers bzw. Arbeitnehmerin, der oder die nur am Wochenende arbeiten kann, halbiert. Ich halte dies für einen gerechten Ausgleich.
Die Empfängerinnen und Empfänger von Leistungen werden nach dem SGB II auch nicht völlig von ihren Verpflichtungen gegenüber den zuständigen Jobcentern befreit. Vielmehr wird die Maßnahme mit dem zuständigen Jobcenter abgestimmt. Gerade unter dem Gedanken der Resozialisierung ist „Arbeit statt Strafe“ wesentlich sinnvoller als ein reines „Absitzen“ der Strafe. Denn jemand, der/ die aus der JVA kommt, wird regelmäßig schwerer zu vermitteln sein, als jemand, der/ die an einer entsprechenden Arbeitsmaßnahme teilgenommen hat.
Abschließend möchte ich auf den Erfolg und die Wichtigkeit des Projekts „Arbeit statt Strafe“ eingehen. Jährlich werden durch das Projekt Haftunterbringungskosten von über 10 Mio € vermieden. Viel wichtiger als die Vermeidung dieser Kosten ist jedoch der Beitrag, der der Allgemeinheit zugute kommt. So konnten beispielsweise im letzten Jahr große Teile das Hildegard-Wegscheider-Gymnasiums in Berlin Grunewald von Grund auf und im laufenden Schulbetrieb renoviert werden. Hierzu waren ca. 16.300 Arbeitsstunden nötig, was in diesem Fall ca. 2.716 Tagessätzen entsprach. Ohne das Projekt „Arbeit statt Strafe“ wären hierbei enorme Kosten entstanden. Letztlich hat das Projekt auch einen Nutzen für die Verurteilten. Die gemeinnützige Arbeit gibt vielen das Gefühl, einen wichtigen Beitrag für die Allgemeinheit geleistet zu haben und damit einen Teil ihrer Schuld abgetragen zu haben.
Mit freundlichen Grüßen
Eva Högl