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Frage von Jens S. •

Frage an Ernst Bahr von Jens S. bezüglich Recht

Sehr geehrter Herr Bahr,

mit dieser Frage greife ich eine Anregung aus dem Forum von www.heise.de auf.
Hierbei geht es um die Diskussionen der sogenannten „Killerspiele“, des „Bundestrojaners“ und Überwachung bzw. Generalverdächtigung jedes Einzelnen im allgemeinen. Sehr viele der Beiträge auf www.heise.de und anderen Foren drücken Entsetzen darüber aus, dass einige Politiker immer wieder aktuelle Einzeltaten als einen willkommen Aufhänger für Gesetzesdiskussionen benutzen, um einschneidende Verbote und die Überwachungen und Generalverdächtigung jedes Einzelnen zu fordern und evt. auch durchzusetzen.
Meiner Meinung nach hat ein Staat nur dann Verbote und Gesetze zu erlassen wenn es erwiesen ist, das durch die Handlungen einen mündigen, geistig reifen Bürgers anderen Bürgern Schaden zugefügt werden kann. Es ist meiner Meinung nach weiterhin erwiesen, dass fast alle Gewalttaten bzw. Verbrechen im Allgemein auf wachsende Zahl der sogenannten sozial Benachteiligten und sozial Inkompetenten zurückzuführen ist. Wann hat schon mal ein zufriedener Familienvater mit einen guten Job und Hobby einen Amoklauf begannen? Soll er trotzdem ausspioniert und bestraft werden wenn er gerne zum Beispiel Warcraft spielt?
Ich denke, dass das Geld welches wir jetzt und zukünftig in die Bekämpfung der Wirkung (Gesetze und Überwachung gegen Gewalt) nach dem Willen einiger Politiker stecken sollten, viel besser in Schulen, Freizeiteinrichtung etc. angelegt ist (das wäre dann die Ursachenbekämpfung). Das würde uns auch dann davor bewahren in einem Überwachungsstaat zu enden, wie es SF Romane voraussagen und ich es auch befürchte.
Bitte lesen Sie Beiträge bei www.heise.de mit grünen Ranking zu diesen Themen argumentieren Sie im Bundestag für die Prävention gegen Gewalt und Verbrechen, aber nicht durch Verbote die uns alle bestrafen sondern durch ein gutes Beispiel.

Mit freundlichem Gruß
Jens Sommerfeldt

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Sommerfeldt,

vielen Dank für Ihren Beitrag, den ich mit großem Interesse gelesen habe.

Sie sprechen in der Tat eine Problematik an, die zurzeit in vielen Medien u.a. in diversen Internetforen kontrovers diskutiert wird. Täglich erreichen uns Abgeordnete Briefe und Emails zu diesem Thema. Häufig wird darin beklagt, unser Staat würde sich zu einem „Überwachungsstaat“ entwickeln. Ich habe Verständnis für die Verunsicherung einiger Bürgerinnen und Bürger angesichts mancher populistischer Äußerungen auch von Politikern, die selbstverständlich nie Grundlage fundierter politischer Entscheidungen sein dürfen. Ich gehe dieses momentan sehr emotional diskutierte Thema als Abgeordneter eher mit der notwendigen Distanz und gebotenen Sachlichkeit an.

Sie weisen in Ihrer Anfrage u.a. auf die Diskussion um die sogenannten „Killerspiele“ hin. Nachdem ein 18jähriger Jugendlicher in Emsdetten in seiner ehemaligen Schule Amok lief und sich anschließend selbst das Leben nahm, ist die Diskussion über ein Verbot von Gewaltspielen erneut aufgeflammt. Bei der Debatte um die „Killerspiele“ geht es jedoch nicht wirklich darum, PC-Usern Spiele zu verbieten, sondern vordergründig um den Jugendmedienschutz. Computerspiele allein, so hat es auch das Kriminologische Forschungsinstitut in aller Deutlichkeit festgestellt, erzeugen keine Gewalt. Die möglichen negativen und gewaltsteigernden Wirkungen von gewalthaltigen Computerspielen sind vielmehr immer auch im Kontext mit anderen Risikofaktoren zu sehen. Hier muss meines Erachtens vor allem die Medienkompetenz der Jugendlichen und von Eltern gefördert und gestärkt werden.
Vielen Dank für Ihren Hinweis in Sachen Online-Durchsuchung von Computern. Der Bundesgerichtshof hat in seinem Urteil vom 5. Februar 2007 das Ausspähen von Computern mit Hilfe so genannter „Trojaner“ untersagt. Die Bundesrichter haben deutlich gemacht, dass derzeit für eine Anwendung dieser Technik keine Rechtsgrundlage besteht. Ich persönlich teile die Auffassung der Bundesregierung, dass wir eine Rechtsgrundlage schaffen müssen, welche die Online-Durchsuchung prinzipiell ermöglicht. Denn grundsätzlich ist der Einsatz von Computerprogrammen zur Kriminalitätsbekämpfung (vor allem der Schwerstkriminalität, wie Terrorismus) zu begrüßen. Trotzdem darf hierbei das Recht der Bürger auf Privatsphäre nicht verletzt werden. Selbstverständlich müssen bei der Ausarbeitung einer entsprechenden Rechtsgrundlage Bürgerrechte und Sicherheitsinteressen genauestens abgewogen werden. Vorstellbar sind beispielsweise strenge Auflagen, die eine verdeckte Online-Durchsuchung nur nach richterlicher Anordnung möglich machen (wie auch z.B. eine Hausdurchsuchung durch die Polizei einer richterlichen Verfügung bedarf), ohne unverhältnismäßig in Persönlichkeitsrechte des Einzelnen einzugreifen.

Bei der rechtlichen Umsetzung muss die Politik den sachgerechten Interessenausgleich zwischen den Freiheitsrechten der Bürgerinnen und Bürger und dem Interesse an einer effektiven Strafverfolgung stets im Blick behalten. Es geht nicht darum, alle Bürgerinnen und Bürger unter Generalverdacht zu stellen. Deutschland ist kein Überwachungsstaat. Allerdings gibt es, und da werden Sie mir sicherlich zustimmen, zwischen einem „Mehr an Freiheit“ und einem „Mehr an Sicherheit“ durchaus einen Zielkonflikt. Es gilt daher, an dieser Stelle die richtige Balance zu finden. Die Anregungen von Bürgerinnen und Bürgern zu diesem Thema helfen uns Politikern sicherlich, dies auch nicht aus den Augen zu verlieren.

Mit freundlichem Gruß,
Ihr

Ernst Bahr, MdB