Frage an Erich Utz von Holger L. bezüglich Soziale Sicherung
Sehr geehrter Herr Utz,
Befürworten Sie die Einführung des Bedingungslosen Grundeinkommens? Warum würden Sie es ablehnen und warum befürworten?
Danke vorab für ihre Antwort.
MfG, H. L.
Sehr geehrter Herr L.,
in meiner Partei der LINKEN wird noch heftig darüber diskutiert, ob die Idee des Bedingungslosen Grundeinkommens zu unterstützen ist. Ich persönlich bin für das Bedingungslose Grundeinkommen.
Zwei sehr wichtige Ziele der LINKEN sind mehr soziale Gerechtigkeit und mehr Freiheit für den Einzelnen.
Das wohl wirkungsvollste Konzept zum Erreichen dieser Ziele ist das Bedingungslose Grundeinkommen (BGE), wobei hier Einkommen unabhängig von Erwerbsarbeit (Lohn/Gehalt) zu sehen ist.
Der Slogan „mehr soziale Gerechtigkeit“ wird von vielen benutzt – oft missbräuchlich. Dies ist möglich, da er nur ungenau definiert ist und vor allem noch nichts über das „wie“ aussagt.
„Mehr soziale Gerechtigkeit“ heißt für DIE LINKE konkret: Umverteilung von oben nach unten, mindestens jedoch einen Stopp der bisherigen Umverteilung von unten nach oben. Außer dem BGE gibt es derzeit kein realistisches Konzept einer umfassenden Umverteilung der Einkommen: Das BGE garantiert ein existenzsicherndes Mindesteinkommen (zusätzlich zum Mindestlohn) und eine ausreichende Mindestrente (zusätzlich zu allen erworbenen Rentenansprüchen).
Ein Grundeinkommen für alle Menschen wird aus den Steuereinnahmen aller finanziert. Somit sind höhere Steuersätze unverzichtbar. Bei Menschen mit geringen bis mittleren Einkommen wirkt sich eine Steuererhöhung nicht negativ aus, da diese durch das BGE ausgeglichen wird. Die zunehmende Steuerlast bei hohen bis höchsten Einkommen bewirkt dagegen die erforderliche Umverteilung von oben nach unten und damit die mögliche Finanzierung des BGE für alle. Die Argumentation, das Bedingungslose Grundeinkommen sei nicht finanzierbar, läuft somit ins Leere. Das BGE verhindert auch keineswegs die Motivation, weiterhin erwerbsbedingt zu arbeiten und Steuern zu zahlen.
Die dadurch ermöglichte existenzielle Sicherheit führt zu mehr Freiheit für den einzelnen Menschen: Geringere Abhängigkeit (z.B. vom Arbeitgeber oder staatlichen Behörden) ist gleichzusetzen mit mehr Freiheit. Die Entscheidungsfreiheit, welche Arbeit, in welchem Umfang und zu welchen Bedingungen ausgeführt wird, begründet das bedingungslose Grundeinkommen. Unangenehme und bislang schlecht bezahlte Arbeit muss dann entsprechend entlohnt werden.
„Freiheit“ definieren wir nicht als die Macht, andere für sich arbeiten zu lassen, sondern im Sinn von Jean-Jacques Rousseau: „Freiheit heißt nicht, dass ich machen kann, was ich will – sondern dass ich nicht machen muss, was ich nicht will.“
Beides, gerechte Verteilung und Freiheit, bedingen einander. Eine freie Gesellschaft kennt keine Armut, da Armut immer als Folge von Abhängigkeit entsteht. Das BGE hilft, Abhängigkeit und häufig Machtlosigkeit des Einzelnen gegenüber den sonstigen Geld- bzw. Arbeitgebern erheblich zu verringern. Deren Verweigerung von Erwerbsmöglichkeit oder deren Zwang zur Verrichtung von Arbeiten mit viel zu geringer Entlohnung führt nicht mehr in die Arbeitslosigkeit oder Armut im reichen Deutschland.
Sollten Sie weitere Fragen haben, bin ich gerne dazu bereit, Ihnen zu
antworten.
Freundlicher Gruß
Erich Utz (www.erich-utz.de)