Frage an Enno Hagenah von Ulrich K. bezüglich Bildung und Erziehung
Sehr geehrter Herr Hagenah,
der Kriminologe Prof. Pfeiffer kommt in einer Studie zu dem Ergebnis, dass bei besserer Bildung die Jugendgewalt zurückgehe. Allerdings: Bessere Bildung in kleineren Klassen muss finanziert werden!
Deshalb hierzu meine Frage an Sie:
Sind Sie für einen weiteren Abbau der Staatsquote zugunsten weiterer Privatisierungen (also auch im Bildungsbereich) bei gleichzeitigen weiteren steuerlichen Entlastungen der "Besserverdienenden"?
Wie kommentieren Sie in diesem Zusammenhäng den Vorschlag des CSU-Chefs Huber, der eine "steuerliche Entlastung" für Familien vorschlägt?
Sehen Sie programmatische Gemeinsamkeiten mit der CDU, welche ein Zusammengehen nach der Niedersachsenwahl rechzfertigen könnten?
Mit freundlichen Grüßen
Ulrich Krach
Sehr geehrter Herr Kracht,
Das ist ja ein ganzes Fragenbündel, aber ich will gerne versuchen sie alle zu beantworten:
Ein Abbau der Staatsquote ist zur weiteren Konsolidierung der öffentlichen Haushalte zwar ein nachvollziehbares Ziel. Dies vor allem über den Weg von weiteren Privatisierungen zu erreichen ist aber ein problematischer Weg, weil damit wichtige Steuerungsfunktionen des Staates in der Daseinsvorsorge verloren gehen können. Dies gilt aus meiner Sicht auch für den Bildungsbereich. - Nach meiner Überzeugung muss es in Zukunft vorrangig darum gehen vorhandene staatliche Angebote effizienter zu machen, um Kosten zu sparen. Dies geht vor allem über mehr Selbstverantwortung und mehr Motivation der MitarbeiterInnen im Rahmen eines leistungsbezogenen Tarifrechtes in Verbindung mit einem weitgehenden Aussetzen von neuen Verbeamtungen im öffentlichen Denst (insbesonderen im Bereich der Bildung).
Eine weitere steuerliche Entlastung von "Besserverdienenden" ist angesichts des weiterhin bei uns vorhandenen hohen Bestandes an Langzeitarbeitslosen in Verbindung mit der seit etlichen Jahren lahmenden Binnenkonjunktur der falsche Ansatz zur Fortsetzung der Steuer- und Sozialreformen. Vordringliche Aufgabe muss es in den kommenden Jahren sein, durch eine steuerfinanzierte Entlastung der unteren Einkommensgruppen von Sozialkosten gerade in diesem Segment in der Breite die Kaufkraft zu erhöhen und reguläre Arbeit für Arbeitgeber (allerdings in Verbindung mit branchhenbezogenen Mindestlöhnen) bezahlbarer zu machen.
Der Vorschlag von Herrn Huber klingt nur gut, bringt aber strukturell bei den sozial- und wirtschaftspolitischen Problemen unseres Landes zu wenig. Anstatt immer mehr "Subjektförderung" wie noch mehr Kindergeld, "Familiengeld", "Herdprämie" oder dergleichen zu erfinden, sollten wir von den in diesen Bereichen erfolgreicheren europäischen Nachbarn lernen, die mehr "Objektförderung" machen. Das heißt mehr Investitionen des Staates in kostenfreie Kitas, in kostenloses Schulessen und Ganztagsbetreuung etc. um dadurch die Familien gezielter zu entlasten und zugleich mehr Bildungsgerechtigkeit und Bildungseffizienz erzielen.
Selbstverständlich gibt es bei den GRÜNEN programmatische Gemeinsamkeiten auch mit der CDU, wie übrigens zu allen demokratischen Parteien in mehr oder weniger großen Bereichen. Grundsätzlich verbietet es sich in Verantwortung vor dem Souverän, den Wählerinnen und Wählern, daher aus meiner Sicht Koalitionen, die sich plötzlich durch Wahlergebnisse aufdrängen können, weil die sonst möglichen Alternativen (z.B. große, wenig handlungsfähige Koalitionen)für das Land schlechter wären, auszuschließen. Allerdings macht es uns GRÜNE die niedersächsische CDU z.B. mit dem Festhalten an Atomkraft und dem massiven Neubau von Kohlekraftwerken, der Fixierung auf das dreigliederige Schulsystem und einer stark Autobahnlastigen Verkehrspolitik besonders schwer derartige Fantasie zu entwickeln...
Enno Hagenah MdL