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Emmi Zeulner
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Frage von Andreas G. •

Frage an Emmi Zeulner von Andreas G. bezüglich Finanzen

Sehr geehrte Frau Zeulner,
 
bekanntlich hat der Bundesfinanzhof mit Urteil vom 01.06.2016 Az. X R 17/15 entschieden, dass eine Prämienzahlungen für gesundheitsbewusstes Verhalten die als Sonderausgaben abziehbaren Krankenversicherungsbeiträge nicht mindert. Einkommensteuerbescheide sind in diesem Punkt seid November 2015 vorläufig ergangen. Da nunmehr das entsprechende Urteil des BFH vorliegt, müsste eigentlich das Finanzamt bei derartigen Sachverhalten die bereits ergangenen Einkommensteuerbescheide nach § 165 AO ändern. Zur Zeit werden aber Änderungsanträge zum Beispiel von der bayerischen Finanzverwaltung nicht bearbeitet. Grund dafür ist eine interne Anweisung des Bayerischen Landesamts für Steuern nach dem das oben aufgeführte BFH Urteil über den entschiedenen Einzelfall hinaus nicht angewendet werden soll. Angeblich wird die Veröffentlichung des oben aufgeführten BFH Urteil im Bundessteuerblatt erst zusammen mit einem Nichtanwendungserlass erfolgen.  Mich würde Ihre Meinung zu dieser Problematik interessieren. Wie steht ein weiterer Nichtanwendungserlass zu einem steuerzahlerfreundlichen Urteil im Zusammenhang mit der Vereinbarung im Koalitionsvertrag Nichtanwendungserlasse restriktiv zu handhaben?

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Antwort von
CSU

Sehr geehrter Herr Giebel,

zunächst möchte ich mich bei Ihnen für die lange Bearbeitungszeit Ihrer Anfrage entschuldigen. Es war mir ein Anliegen Ihnen die aktuellsten Informationen zukommen zu lassen, wofür ich aber selbst bis heute noch auf Rückmeldungen von den zuständigen Stellen warten musste. Denn gerade bei einem so wichtigen Thema und der Brisanz des Urteils wollte ich ihnen einen wirklich aktuellen Sachstand geben. Ich hoffe dies war in Ihrem Sinne und Sie entschuldigen daher die Verzögerung.

Ich habe mich gefreut, dass Sie sich erneut in einer steuerrechtlichen Angelegenheit an mich gewandt haben. Selbstverständlich interessieren mich als Gesundheitspolitikerin Ihre Fragestellung auch dann, wenn sie aus anderen Bereichen stammen. Letztlich geht es hier im Kern auch um Krankenversicherungsbeiträge, die dem Gesundheitsbereich zuzuordnen sind. Gerne antworte ich Ihnen deswegen auf Ihre Fragen im Zusammenhang mit dem von Ihnen angesprochenen Urteil des Bundesfinanzhofes und eines möglichen Nichtanwendungserlasses.

Sie sprechen das zur Veröffentlichung vorgesehene Urteil des Bundesfinanzhofes vom 1. Juni 2016 – X R 17/15 an. Dabei ging es um Bonusprogramme der gesetzlichen Krankenkassen. Viele Krankenkassen belohnen ihre Mitglieder mit einer Bonuszahlung, wenn Sie sich gesundheitsbewusst verhalten oder bestimmte kostenfreie Gesundheitsmaßnahmen in Anspruch nehmen. Das Finanzamt sah in diesem Zuschuss der Krankenkassen eine Erstattung von Krankenversicherungsbeiträgen und minderte entsprechend die abziehbaren Sonderausgaben. Der Bundesfinanzhof urteilte nun, dass trotz Bonuszahlungen die vollen Krankenversicherungsbeiträge als Sonderausgaben angegeben werden können. Das bedeutet, dass die Bonuszahlungen nicht bei der Steuererklärung werden und somit gesundheitsbewusstes Verhalten quasi doppelt belohnt wird.

Mit diesem Urteil widerspricht der Bundesfinanzhof ausdrücklich der Auffassung der Finanzverwaltung. Diese hatte in allen Krankenkassenleistungen, die im Rahmen eines Bonusprogramms gewährt wurden, eine Beitragserstattung gesehen und deswegen eine Abrechnung als Sonderabgaben nicht anerkannt.

Diese Entscheidung des Bundesfinanzhofs wurde nun gemeinsam mit einem begleitenden Schreiben des Bundesministeriums für Finanzen im Bundessteuerblatt veröffentlicht. Ein Nichtanwendungserlass war weder geplant, noch wird er mit dem Schreiben angeordnet. Mit der Veröffentlichung wird die Entscheidung für alle Finanzbeamtinnen und Finanzbeamten zugänglich. Denn ein unveröffentlichtes Urteil des Bundesfinanzhofes als solches trifft nur eine Entscheidung im Einzelfall mit Bindungswirkung für die Prozessbeteiligten (inter partes), d. h. nur für den Kläger und den Beklagten des jeweiligen Gerichtsverfahrens. Die tragenden Rechtsgrundsätze von Urteilen des Bundesfinanzhofes sind stets erst nach ihrer Veröffentlichung im Bundessteuerblatt von der Steuerverwaltung allgemein anzuwenden.
Aus dem Schreiben des Bundesfinanzministeriums geht hervor, dass die vom Bundesfinanzhof in seiner Entscheidung vertretenen Grundsätze zur steuerlichen Behandlung von Bonusleistungen der gesetzlichen Krankenversicherung (§ 65a SGB V) auf noch offene und zukünftige Fälle Anwendung finden, soweit bei ihnen eine wie im Streitfall vorliegende Form der Kostenerstattung für Gesundheitsmaßnahmen vorliegt. Leistungen aufgrund anders gestalteter Bonusprogramme sind hingegen entsprechend der bisherigen Verwaltungsauffassung weiterhin als Beitragsrückerstattungen zu qualifizieren.
Zum Umgang mit den zu dieser Frage vorläufig ergangenen Einkommensteuerbescheiden wird noch ein gesondertes Schreiben des Bundesministeriums ergehen.

Ich hoffe Ihnen mit der Antwort weitergeholfen zu haben. Wenden Sie sich bei weiteren Fragen gerne wieder an mich.

Beste Grüße
Emmi Zeulner, MdB

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