Frau Fester, wie bewerten Sie heute nach 35 Jahren Mauerfall die Beziehungen zwischen Ost- und Westdeutschen? Sehen Sie ein immer noch gespaltenes Land in Ost und West?
Vielen Dank für Ihre Frage, auch 35 Jahre nach der friedlichen Revolution gibt es noch spürbare Unterschiede zwischen Ost- und West, die nicht ignoriert werden dürfen. Die Mauer in den Köpfen ist an vielen Stellen geschrumpft, aber sie ist nicht vollständig verschwunden. Wir sehen das in wirtschaftlichen Disparitäten, in der politischen Einstellung und in der ungleichen Repräsentation von Ostdeutschen in Führungspositionen.
Ein zentrales Anliegen der Grünen ist es, Gerechtigkeit und Teilhabe für alle Menschen zu fördern – unabhängig von ihrer Herkunft. Gerade im Osten fühlen sich viele Menschen bis heute wirtschaftlich und gesellschaftlich abgehängt. Löhne sind oft niedriger, Rentenunterschiede bestehen fort, und viele Menschen sehen weniger Perspektiven vor Ort, was zu Abwanderung und demografischen Problemen führt. Diese strukturellen Unterschiede müssen wir endlich konsequent angehen.
Wir sehen die Spaltung also nicht als unveränderliches Schicksal. Es braucht aber gezielte Maßnahmen, um strukturelle Ungleichheiten abzubauen. Das bedeutet, dass wir den ländlichen Raum stärken, nachhaltige Wirtschaftsformen fördern und sicherstellen, dass Menschen in ganz Deutschland dieselben Chancen haben – sei es beim Zugang zu Bildung, bei der Mobilität oder auf dem Arbeitsmarkt.
Unsere Vision ist ein Deutschland, das nicht in “Ost” und “West” denkt, sondern in Gemeinsamkeiten.