Frage an Elke Zimmer von Michel S. bezüglich Wirtschaft
Hallo Frau Zimmer,
ich habe vor zwei Wochen in Heidelberg einen Vortrag zum Kohleabbau in Kolumbien gehört. Kolombien selbst ist auf die Kohle als Energieträger nicht so stark angewiesen, da zum größten Teil Wasserkraft verwendet wird. Allerdings bezieht Deutschland im Jahr 2011 10,55 mio t Steinkohle [3] von dort und auch EnBW ist mit von der Partie der Kohleverstromer. Davon abgesehen, dass Kohle als Energieträger nicht wirklich zukunftsfähig ist, kam es im kolumbianischen Kohleabbau zu Menschenrechtsverletzungen und der Minenbetreiber Drummond wird beschuldigt mit Gruppen des kolumbianische Paramilitär zusammen zu arbeiten ("Drummond paid the right-wing paramilitary group United Self Defense Forces of Colombia (AUC) to act as ‘security’ for the company’s mining and railway operations" [2]) . Auf Nachforschungen der NGOs Urgewald und FIAN kam von Seiten deutscher Energieproduzenten keine Distanzierung von Drummonds Machenschaften [3]. Auch zwischen EnBW und Drummond sind die Geschäftsbeziehungen weiterhin aufrecht, obwohl EnEB zu 46,75 % dem Land Baden-Württemberg gehört (EnBW,2018). Dass auch andere Schritte möglich sind zeigen das größte dänische Energieunternehmen "DONG energy" und das italienische Unternehmen ENEL, die die Geschäftsbeziehungen mit Drummond 2016 bzw. 2017 abgebrochen haben. Aus diesem Grund frage ich Sie als Parteimitglied der BW Regierungspartei Bündnis '90 die Grünen, warum wurde EnBW noch nicht dazu veranlasst die Beziehungen zu Drummond abzubrechen. Falls sie das nicht beantworten können, würde ich mir eine Weiterleitung an die entsprechende Person wünschen.
Mit freundlichen Grüßen
M. S..
[1] https://www.sourcewatch.org/index.php/Colombia_and_coal#cite_note-flaumcd-23
[2] https://www.somo.nl/wp-content/uploads/2014/06/Colombian-Coal-in-Europe-1.pdf
[3] https://www.yumpu.com/de/document/view/31524562/studie-bitter-coal-urgewald
Sehr geehrt Herr S.,
vielen Dank für Ihre Anfrage zum Thema EnBW und Kohleimporte aus Kolumbien. Es ist in meinen Augen sehr wichtig, dass wir ein Bewusstsein dafür entwickeln, welche Auswirkungen unsere Entscheidungen und unser Verhalten in einer globalisierten Welt haben.
Wir als Grüne Landtagsfraktion nehmen darum die von Ihnen gestellte Frage sehr ernst. Die energiepolitische Sprecherin unserer Fraktion, Jutta Niemann, und andere Abgeordnete aus der Fraktion beschäftigen sich seit Längerem mit diesem Thema und sind dazu in regelmäßigem Austausch mit NGOs wie Urgewald, die vor Ort in Kolumbien aktiv sind, und mit Verantwortlichen der EnBW. Wir sehen die EnBW als Kundin der Kohle-Bergbauunternehmen eindeutig in der Pflicht, sich für Transparenz und für Verbesserungen der Menschenrechtssituation in der Region einzusetzen. Aber die EnBW kann nicht vom Land „veranlasst“ werden, die Beziehungen abzubrechen, weil das Land zwar Anteilseigner ist, in dieser Funktion aber keinen Einfluss auf das operative Geschäft hat. Die Entscheidungen über Lieferbeziehungen und Finanzströme liegen bei der Geschäftsführung bzw. dem Vorstand von EnBW.
Die Geschehnisse in Kolumbien machen deutlich, dass der Kohleabbau nicht nur ein Umwelt- und Naturschutzthema, sondern auch ein soziales Thema ist. Kolumbien befindet sich seit Jahrzehnten im Bürgerkrieg. Neben der Frage um den Kohleabbau gibt es verschiedene andere Konflikte um Land und Verteilungsgerechtigkeit, aber es gibt Hinweise, dass viele der Verbrechen in der Region César im Zusammenhang mit dem Kohleabbau stehen. Nur sehr wenige dieser Verbrechen werden von staatlichen Stellen aufgeklärt, zu Verurteilungen kommt es so gut wie nie. Daneben ist klar, dass für Regionen wie Cesar, die wirtschaftlich stark abhängig vom Kohleabbau sind, auch Zukunftsstrategien in einer erneuerbaren Energiezukunft und wirtschaftliche Szenarien für die Zeit nach dem – ja global notwendigen – Kohleausstieg gefunden werden müssen.
Die NGOs, mit denen meine Kolleginnen im Gespräch sind, plädieren nicht im ersten Schritt für einen Rückzug der Stromversorger aus Kolumbien – wobei sie das für besser halten, als die Menschenrechtsverletzungen nicht zu kommentieren und einfach hinzunehmen. Aus ihrer Sicht wäre es aber viel wichtiger und für die Region zielführender, dass die Stromversorger ihre Einflussmöglichkeiten als Kunden anerkennen und auch gezielt nutzen. Sie fordern deshalb, dass die Stromversorger klare und eindeutige Standards für ihre Zulieferer setzen, auf deren Einhaltung bestehen und erst, wenn diese nicht eingehalten werden, als Konsequenz die Lieferverträge kündigen. Aus Sicht der NGOs können dafür die Aktivitäten anderer Energieversorger in der Region auch Vorbild für EnBW sein: Vattenfall beispielsweise führte im März 2017 eine Untersuchung in der Region durch, um festzustellen, ob der dortige Kohleabbau und ihre eigenen Geschäfte mit Menschenrechtsverletzungen in der Region zusammen hängen. Vattenfall hat Anfang November 2017 einen Bericht mit den Ergebnissen vorgelegt und wird auf dieser Grundlage Empfehlungen für die Abbauunternehmen aussprechen (den Bericht finden Sie hier: https://corporate.vattenfall.com/globalassets/corporate/sustainability/doc/A-human-rights-risk-assessment-in-Colombia.pdf , eine Einschätzung dazu von Pax Christi finden Sie hier: https://www.paxforpeace.nl/stay-informed/news/vattenfall-requires-reconciliation-between-mining-companies-and-victims ). Gemeinsam mit den Abbauunternehmen möchte Vattenfall einen Aktionsplan für Verbesserungen erarbeiten und kündigt auch Konsequenzen an, sollten diese nicht umgesetzt werden. EnBW versichert uns in Gesprächen, dass sie das Thema ebenfalls sehr ernst nehmen, und hat auch angekündigt, selbst mit einer Untersuchung zur Situation in der Region aktiv zu werden.
Meine Kolleginnen sind weiterhin mit EnBW und den NGOs im Gespräch, um diesen Prozess zu begleiten und voran zu bringen.
Mit freundlichen Grüßen
Elke Zimmer