Frage an Elke Buttkereit von Frank v. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Hallo Frau Buttkereit,
während Martin Schulz mehrfach seinen Willen zur Abschaffung der sachgrundlosen Befristung betont, haben Sie auf einer der letzten Bundestagssitzungen dagegen gestimmt.
Wie ist dieser Konflikt erklärbar?
MfG
F. v. d. B.
Sehr geehrter Herr v. d. B.,
vielen Dank für Ihre Anfrage zu der Abstimmung im Bundestag zu sachgrundlosen Befristungen. Da ich in der vergangenen Legislaturperiode noch kein Mitglied des Deutschen Bundestags war, habe ich an der Abstimmung allerdings nicht teilnehmen können. Gerne möchte ich Ihnen aber dennoch die Gründe für das Abstimmungsverhalten der SPD liefern, wie ich dies auch schon zu Ihrer Anfrage über das Kontaktformular auf meiner Homepage gemacht habe:
Die gesetzlich zulässige sachgrundlose Befristung bei Neueinstellungen ist mit dem Beschäftigungsförderungsgesetz 1985 eingeführt und mit dem Inkrafttreten des Gesetzes über Teilzeitarbeit und befristete Arbeitsverträge (Teilzeit- und Befristungsgesetz – TzBfG) im Jahr 2001 weiterentwickelt worden. Befristete Arbeitsverträge haben sich in den vergangenen Jahren stark ausgebreitet. Fast jeder zweite neu geschlossene Vertrag wird lediglich zeitlich befristet ausgestellt. Insgesamt hat sich die Zahl der befristet Beschäftigten von 863.000 im Jahr 1994 auf 2,78 Millionen im Jahr 2014 verdreifacht. Sachgrundlose Befristungen machten 48 Prozent der befristeten Arbeitsverträge aus.
In arbeitsmarktpolitisch und wirtschaftlich schwierigen Zeiten war dies sicherlich in Ausnahmesituationen als sinnvolles Instrument zu verstehen, aber Deutschland steht seit einigen Jahren deutlich besser da als zu den Zeiten, in denen diese Gesetze verabschiedet wurden. Deshalb hat die SPD-Bundestagsfraktion bereits 2010 einen Gesetzentwurf eingebracht, die sachgrundlose Befristung wieder abzuschaffen, was von der damaligen schwarz-gelben Regierung abgelehnt wurde.
Dass die SPD-Bundestagsfraktion einen gleichlautenden Antrag der Linken nun abgelehnt hat, ist sicherlich bedauerlich, aber auch nachvollziehbar, da diese Forderung nicht im Koalitionsvertrag verankert werden konnte. Die SPD kann in der vergangenen Legislaturperiode auf eine erfolgreiche Regierungsbeteiligung zurückblicken, die eine deutliche sozialdemokratische Handschrift trug und dabei viele Wahlversprechen in den Koalitionsvertrag einbringen und letztlich auch umsetzen.
Im Koalitionsvertrag konnten viele wichtige Verbesserungen für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer vereinbart werden: für gute Arbeit und gegen prekäre Beschäftigung. Neben dem gesetzlichen Mindestlohn auch die Ausweitung des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes auf alle Branchen (wodurch höhere Branchenmindestlöhne möglich sind) sowie die erleichterte Möglichkeit der Allgemeinverbindlicherklärung von Tarifverträgen, die dann für alle Beschäftigten und Arbeitgeber einer Branche gelten. Zudem werden Werkverträge und Leiharbeit stärker reguliert bzw. gegen deren Missbrauch vorgegangen.
Das lag auch daran, dass sich die CDU/CSU stets als verlässlicher Partner erwiesen hat und diese Gesetze mitgetragen hat, obwohl diese nicht der Grundüberzeugung der Christdemokraten entsprechen. In gleichem Maße hat sich auch die SPD als vertragstreuer, verlässlicher Partner erwiesen und deshalb dem Antrag der Linken nicht zugestimmt, da es wichtig ist, seinem demokratisch legitimierten Partner vertrauen zu können und nicht bei jeder Sachfrage, die unvereinbar ist, eine Regierungsbeteiligung in Frage zu stellen. Politische Stabilität bedeutet Mehrheiten zu organisieren und auch zu erhalten und das über den festen Zeitraum einer Legislaturperiode. Das ist in einer repräsentativen Demokratie die beste Möglichkeit Parteiprogramme und Wahlversprechen umsetzen.
Deshalb ist es nun auch besonders wichtig die von der SPD ohnehin befürwortete Abschaffung der sachgrundlosen Befristungen von Arbeitsverträge zu einem zentralen Wahlkampfthema zu machen. Dies bedeutet, dass es mit der SPD keine Regierungsbeteiligung geben sollte, in der die Abschaffung nicht in einem Koalitionsvertrag festgeschrieben wird. Seit dem Ende der rot-grünen Koalition im Jahre 2005 hat es keine politische Mehrheit gegeben, mit der dieses wichtige politische Ziel umsetzbar gewesen wäre. Das wird sich in der kommenden Legislaturperiode mit der SPD ändern, denn wie Sie richtigerweise schreiben, ist es besonders für junge Menschen unerträglich von Befristung zu Befristung weitergereicht zu werden und so keine zukunftsfeste Basis für die Gründung einer Familie und ein erfülltes Erwerbsleben ohne Angst vor dem Verlust des Arbeitsplatzes zu haben.
Mit freundlichen Grüßen
Elke Buttkereit