Frage an Egbert Liskow von Torsten W. bezüglich Bildung und Erziehung
Sehr geehrter Herr Liskow,
ich bedanke mich auf diesem Wege für die prompte Beantwortung meiner gestrigen Frage.
Gestatten Sie mir Nachfragen zu Ihrer Antwort, denn meine Ausgangsfrage - Was haben Sie aus der Krisensituation für die Zukunft lernen können? - sehe ich leider nicht beantwortet.
Ich beziehe mich auf den Wortlaut Ihres Antrags: "Mit diesem Antrag wird das Ziel verbunden, nach den Sommerferien
einen planbaren und normalisierten Unterricht unter veränderten, aber verlässlichen Rahmenbedingungen zu ermöglichen -unter der Maßgabe, Nachteile für Schülerinnen und Schüler zu vermeiden. Positive Erfahrungen aus der digitalen Lehre sollen dauerhaft im Rahmen eines einheitlichen Lernmanagementsystems in die Unterrichtsgestaltung eingebunden werden, wodurch der Präsenzunterricht gewinnbringend ergänzt wird."
Welche Nachteile für die Schülerinnen/ Schüler sollen vermieden werden?
Welche positive Erfahrungen aus der digitalen Lehre liegen Ihnen als Abgeordneten, der die Arbeit der Regierung/ des Bildungsministeriums in Schwerin kontrolliert, vor?
Wie soll ein Präsenzunterricht ergänzt werden, der nicht stattfindet?
Warum geben Sie in Ihrem Antrag der Verwaltung bis Januar 2021 Zeit, ihre Arbeit zu machen? Der nächste Lockdown droht bereits im Herbst 2020.
Von seitens des zuständigen Bildungsministeriums - als Arbeitgeber Tausender Lehrerinnen/ Lehrer - gab/ gibt es *keine einzige Vorgabe einer Rahmenbedingung*, wie Eltern, Lehrerinnen/ Lehrer und Schülerinnen/ Schüler methodisch und strukturiert über das Internet zusammen arbeiten können, um einen Lernfortschritt in den Klassen 1 bis 6 in einer handhabbaren Krisensituation, wie der gerade erlebten, zu erzielen. Der Staat hat an dieser Stelle schlicht seine Arbeit eingestellt, bei gleichbleibender Steuerlast.
Bitte erläutern Sie, wie Sie als Politiker der CDU derartige, absehbar wieder auftretende Situationen grundsätzlich gestalten wollen, in denen Präsenzunterricht *nicht* moeglich ist.
Der von Ihnen kontrollierten Verwaltung fehlt an der Stelle offenbar eine mutige Grundsatzeinscheidung wie sie mit der im Grundgesetz festgeschriebenen Schulpflicht und dem Fernbleiben ganzer Schuljahrgänge vom Präsenzunterricht umgehen soll.
Vielen Dank für Ihre erneute Antworten.
Ich bin gespannt.
Frdl Gr T. W.
Sehr geehrter Herr Wierschin,
vielen Dank für Ihre Nachfragen, die ich sehr gerne beantworten möchte. Zu Ihrer Frage, welche Erkenntnisse landespolitisch für einen zukünftigen Umgang mit einer möglichen erneuten Covid-19 Pandemie im Schulbereich gewonnen werden konnten, lässt sich zunächst konstatieren, dass wir uns in einem laufenden Ergebnisprozess befinden.
Die vorübergehende Schließung aller Schulen seit dem 16. März hat gezeigt, dass wir in der Lage sind besonnen, effektiv und in Abstimmung mit den Ressorts der Landesregierung sowie anderen Bundesländern, notwendige Maßnahmen zu treffen, um Infektionsketten zu durchbrechen und damit Lehrkräfte, Schülerinnen und Schüler sowie deren soziales Umfeld zu schützen. Dazu sind wir als Land verpflichtet, da der Infektions- und Gesundheitsschutz höchste Priorität genießt. Dieses Wissen könnte bei einem erneuten, pandemischen Krisenfall wiederholt zur Anwendung gelangen.
Entscheidend für die Zukunft wird meines Erachtens jedoch die jetzt anstehende Rückkehr zum Regelbetrieb in den Schulen sein. Durch die Entspannung der Infektionslage, die in Mecklenburg-Vorpommern erfreulicherweise eingetreten ist, konnten Lockerungen in vielen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Bereichen vorgenommen werden, ebenso im Schulsektor. Auch für den Schulbereich streben wir einen weitestgehend normalisierten Schulbetrieb ab dem 03.08.2020 und damit mit Beginn des neuen Schuljahres an. Schon jetzt, dies ist eine weitere Konsequenz aus der Corona-Pandemie, verfügen die Schulen über abgestimmte Hygiene-und Schutzkonzepte, die einen tageweisen Schulbetrieb (auch und gerade für die Klassen bis Jahrgangsstufe 6) unter Auflagen ermöglichen.
Mit unserem Antrag, der am 12.06.20 voraussichtlich im Landtag beschlossen wird, richten wir den Blick auf das neue Schuljahr 20/21. Alle Schülerinnen und Schüler aus allen Klassenstufen sollen an jedem Tag in allen Fächern unterrichtet werden. Das erwähnte Konzept der Kultusministerkonferenz soll hierbei für die Schulen eine Orientierungshilfe bieten. Den zweiten Forderungsgegenstand im Antrag, die Erstellung eines Unterrichtskonzepts, hatten Sie in Ihrem jüngsten Schreiben zitiert. Ein solches Konzept soll die aktuellen Hygiene- und Schutzmaßnahmen der Schulen bündeln und ein regionales Vorgehen ermöglichen. Dies bedeutet: wir benötigen ein variables und dem örtlichen Infektionsgeschehen angepasstes Hygiene- und Schutzkonzept (z.B. in Form eines Ampelsystems), das die Unterrichtsversorgung in Mecklenburg-Vorpommern flächendeckend absichert. Dies ist eine klare Grundsatzposition, zu der wir die Landesregierung über die Sommerferien beauftragen. Auf dieser Grundlage können wir flexible und örtlich/regional abgestimmte Maßnahmen ergreifen, sollte es zu einem Anstieg der Infektionszahlen oder gar zu einem Corona-Hot-Spot kommen (eine Art "Corona-Subsidiarität"). Auch dieses Konzept, zu dem wir die Landesregierung beauftragen, ist eine Erfahrung aus dem aktuellen Umgang mit der Pandemie.
Präsenzunterricht soll, wie beschrieben, ab dem neuen Schuljahr hiermit ermöglicht werden. Dieser soll, wie bereits erwähnt, durch digitale Lernangebote ergänzt werden (auch mit Blick auf eine mögliche "zweite Welle" eine zusätzliche Absicherung, Unterrichtsangebote zumindest digital vorzuhalten). Wie ich bereits ausgeführt habe, haben alle Schulen seit Mitte Mai 2020 einen kostenfreien Zugang zu "itslearning" erhalten, der cloudbasierten Lernmanagementplattform. Damit aussagekräftige Bewertungen hierzu vorliegen, geben wir der Landesregierung bis zum Januar 2021 Zeit, um darüber im Bildungsausschuss des Landtages zu berichten. Eine weitere Erfahrung, die wir in Zukunft berücksichtigen möchten, sind Covid-19 Testungen. Wir könnten uns modellhafte Testungen dabei sehr gut vorstellen, da Testungen zu einem gesicherten Schulbetrieb beitragen können.
Abschließend darf ich Ihnen versichern, dass wir auf Koalitionsebene die Zusammenarbeit mit dem Bildungsministerium in den letzten Wochen intensiviert und in engen Zeiträumen die jeweiligen Schritte zur Öffnung der Schulen und zum weiteren Vorgehen beraten haben. Auch möchte ich betonen, dass das Ministerium - entgegen Ihrer Behauptung - umfangreiche Informationsschreiben und Handreichungen zu allen relevanten Aspekten der Unterrichts- und Schulorganisation seit März 2020 an Schulen, Eltern und Schülerinnen und Schüler verschickt hat. Ein diesbezügliches Defizit kann ich absolut nicht erkennen.
Ich hoffe, dass ich Ihre Nachfragen umfassend beantworten konnte.
Mit besten Grüßen
Egbert Liskow