Frage an Eckhard Pols von Peter W. bezüglich Gesundheit
Sehr geehrter Herr Pols,
ich habe Ihre Antwort auf die Frage einer Mitbürgerin bezüglich einer Masernimpfpflicht auf abgeordnetenwatch.de gelesen ( https://tinyurl.com/yy8jv7md ).
Als Vergleich führen Sie die Pocken an:
"Außerdem ist eine Impfpflicht in Deutschland nicht unbekannt. Bis 1976 gab es in Deutschland die Pockenimpfpflicht. Inzwischen sind die Pocken dank der Impfung weltweit ausgerottet."
Dieser Vergleich hinkt leider ein wenig. Denn die Sterblichkeitsrate nach einer Pockeninfektion liegt bei 30%, während die Sterblichkeitsrate nach einer Maserninfektion bei 0,1% liegt.
Würden Sie angesichts dieser Zahlen und der aktuellen epidemiologischen Situation in Deutschland tatsächlich von Verhältnismäßigkeit sprechen?
Auch die Eignung einer Impfpflicht zur Elimination der Masern ist unter Experten stark umstritten. Ich empfehle Ihnen tatsächlich noch einmal - leider sind Sie auf die Frage der Mitbürgerin nicht eingegangen - die Lektüre der Kritikpunkte der Ärzte für individuelle Impfentscheidung: https://www.individuelle-impfentscheidung.de/pdfs/Masernschutzgesetz%20-%20Stellungnahme%20Kabinettsentwurf.pdf
Ist Ihnen bekannt, dass der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages (Fachbereich Verfassung und Verwaltung) bereits im Jahr 2016, also vor nicht allzu langer Zeit, die verfassungsrechtliche Zulässigkeit einer Impfpflicht untersucht hat? Die Ausarbeitung finden Sie hier: https://tinyurl.com/y4we7eq4
Der Wissenschaftliche Dienst schreibt diesbezüglich:
"Ein solcher Eingriff wäre verhältnismäßig, sofern damit ein legitimes Ziel verfolgt wird und der Eingriff ferner geeignet, erforderlich und angemessen ist."
Warum pochen Sie so auf eine Masernimpfpflicht, wo es doch weitaus größere Probleme im Gesundheitssektor - mit mehr Erfolgspotential - gibt? In meinen Augen ist das purer Aktionismus.
Ich freue mich auf die konkrete Beantwortung meiner Fragen und wünsche Ihnen alles Gute.
Mit freundlichen Grüßen
Peter Wunder
Sehr geehrter Herr W.,
vielen Dank für Ihre Fragen und Ihr Interesse bezüglich des Masernschutzgesetzes.
Dank der Pockenimpfpflicht, die bis 1976 galt, ist es gelungen die Pocken auszurotten. Seit Jahrzehnten wird auch eine Ausrottung der Masern angestrebt. Der verhältnismäßig große Unterschied der Sterblichkeitsraten ändert nichts daran, dass es sich bei Masern um eine der ansteckendsten Viruserkrankungen überhaupt handelt, deren Ausrottung sich auch die Weltgesundheitsorganisation zum Ziel gesetzt hat.
Die Folgen der Erkrankung werden oft erst Jahre später bekannt und es gibt keine wirksame Behandlung. Folglich muss die Bekämpfung der Masern über den Weg der Impfung vorsorglich geschehen. Indirekt werden durch die Impfung auch all jene geschützt, die sich nicht selbst impfen lassen können, so z.B. Schwangere, Allergiker, Kinder mit Unverträglichkeit und Säuglinge bis zum 6.Monat.
Die Einschätzung der „Ärzte für individuelle Impfentscheidung“ ist mir bekannt. Neben vielen anderen Experten wurden auch diese bei der Anhörung des Gesundheitsausschusses angehört. Eine Liste sämtlicher angehörter Expertenorganisationen und Einzelsachverständiger finden Sie unter folgendem Link: https://www.bundestag.de/resource/blob/661684/9109266fea9106aacffb194e85daf495/SV-Liste_Masernschutzgesetz-data.pdf
Genauso ist mir die Ausarbeitung des Wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestages zur Thematik natürlich bekannt. Da ich kein Gesundheitspolitiker bin, war ich selbst an der Ausarbeitung des Gesetzes nicht beteiligt. Sie dürfen aber davon ausgehen, dass die Fachpolitiker der Union, die Beteiligten Personen im Ministerium und nicht zuletzt Bundesgesundheitsminister Jens Spahn ebenfalls Kenntnis der Ausarbeitung haben und die Bewertungen des Wissenschaftlichen Dienstes Berücksichtigung im Gesetzesentwurf gefunden haben.
Auch als Vater von fünf Kindern bin ich in der Tat ein großer Befürworter des Masernschutzgesetzes und halte es mitnichten für Aktionismus.
Bezüglich anderer „nach Ihrer Ansicht notwendigerer“ Projekte im Gesundheitssektor, kann ich Sie als Mitglied des Verkehrs- und des Bauausschusses des Deutschen Bundestages gerne an Fachpolitiker im Gesundheitsbereich vermitteln, wenn Sie mir die entsprechenden Themenbereiche nennen.
Mein Berliner Büro steht Ihnen telefonisch oder per E-Mail gerne zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Eckhard Pols