Frage an Eckhard Pols von Peter P. bezüglich Wirtschaft
Sehr geehrter Herr Pols,
die geplante Neuregelung des EEG-Gesetzes betrifft auch mehrere Lüneburger Fachbetriebe aus Ihrem Wahlkreis. Diese mittelständischen Unternehmen sehen ihre Existenz bedroht und von ihnen bereitgestellte Arbeitsplätze gefährdet (die kreisboten, 29. Februar 2012).
Als Bundestagsabgeordneter gehören Sie der CDU-/CSU-Fraktion an, die hinter der geplanten Gesetzesänderung steht. Zugleich sind Sie Mitglied der Vollversammlung der örtlichen Handwerkskammer, die die Interessen der mittelständischen Betriebe vertritt, deren Steuerzahlungen an die Gemeinden durch die Neuregelung verringert werden dürften.
Ich möchte von Ihnen wissen, ob Sie die von der aktuellen Regierungskoalition eingebrachten, mittelstandsfeindlichen Änderungspläne unterstützen und was Sie Ihren Handwerkskollegen aktuell sagen, die von Ihnen vollen Einsatz für den kurzfristigen Stopp des Solarausstiegsgesetzes erwarten.
Mit freundlichem Gruß
Peter Piro
Sehr geehrter Herr Piro,
vielen Dank für Ihre Anfrage. Gern möchte ich Sie über den aktuellen Stand der Solarstromförderung informieren. Laut Abstimmung in der Arbeitsgruppe und in der Fraktion soll Folgendes gelten:
PV-Dachanlagen:
Das Inkrafttreten der Absenkung für PV-Dachanlagen wurde vom 9. März 2012 auf den 1. April 2012 verschoben. Bis zu diesem Datum gilt der bisherige, weite Inbetriebnahmebegriff (kaufmännische Inbetriebnahme).
PV-Freiflächenanlagen:
Eine Übergangsregelung ordnet die Fortgeltung des alten Rechts an, wenn der Aufstellungsbeschluss für den Bebauungsplan vor dem 1. März 2012 ergangen ist und die Anlage - unter Zugrundelegung des neuen Inbetriebnahmebegriffs (technische Inbetriebnahme) - bis zum 30. Juni 2012 in Betrieb genommen worden ist.
Es gelten die Vergütungssätze nach bisher geltendem Recht; d.h.: Die nach geltendem Recht erst für den 1. Juli 2012 vorgesehene Vergütungsabsenkung um 15 % wird nicht vorgezogen.
Verordnungsermächtigungen:
Die Verordnungsermächtigung der Bundesregierung zur kurzfristigen Absenkung der PV-Vergütung wurde auf ein Handeln für sechs Monate befristet und im Gegenzug ohne Zustimmung des Bundestages ausgestaltet (§ 64h EEG).
Die Verordnungsermächtigung der Bundesregierung zur Übertragung des Marktintegrationsmodells auf andere Erneuerbare Energien steht unter Zustimmungsvorbehalt des Bundestages.
Unser wichtigstes Anliegen ist die Stärkung des Vertrauensschutzes.
Insbesondere bei den Freiflächenanlagen erwarten wir mit den Änderungen einen moderaten zusätzlichen Zubau bis Ende Juni 2012, weil mit der rückwirkenden Festlegung des Termins für den Aufstellungsbeschluss auf den 1. März 2012 nur solche Vorgaben verwirklicht werden können, die einen weiten und gleichzeitig rechtsverbindlichen Planungsvorlauf haben.
Die zeitliche Begrenzung der Verordnungsermächtigung auf 6 Monate für die PV-Vergütungsanpassung ermöglicht schnellere Reaktionen des Gesetzgebers auf ggf. erneut auftretenden Zubau außerhalb des Zielkorridors.
Bei der für uns wichtigen Verordnungsermächtigung zum Marktintegrationsmodell, also der Möglichkeit der Ausweitung des Eigenverbrauchs- bzw. Selbstvermarktungsanteil von EE-Strom, ist jetzt die Mitwirkung des Deutschen Bundestages gesichert.
Wir haben damit bereits vor der Einbringung des Gesetzentwurfs wichtige Anpassungen im Sinne der Fraktion durchgesetzt. Wir haben ein deutliches Signal für den Vertrauensschutz gesetzt.
Es ist richtig, dass die Regelungen zu einem höheren Zubau bei PV-Anlagen in der Übergangsphase führen werden. Das müssen wir in Kauf nehmen, wenn wir auch weiterhin für Investitionssicherheit stehen und das Vertrauen der Bürger und der Unternehmen in den Rechtsstaat erhalten wollen.
Wir sind für die Energiewende, aber bei der Photovoltaik läuft sie uns aus dem Ruder.
Es ist im übrigen ein Märchen, die Reduzierung der Einspeisevergütung würde Tausende von Arbeitsplätzen in der Solarindustrie in Deutschland vernichten. Im vergangenen Jahr 2011 wurden so viele Solaranlagen in Deutschland montiert wie nie zuvor, obwohl die Einspeisevergütung mehrmals reduziert wurde. Dass es der Solarbranche in Deutschland nicht gut geht, liegt an günstigen Produktionskosten in Asien, besonders in China.
Für das Handwerk ist es wichtiger, dass die Hausbesitzer in die Energieeffizienz ihrer Häuser investieren als in PV-Anlagen. Hier liegt die Wertschöpfung des Handwerks und seiner Kunden.
Das bedeutet nämlich Energiewende: Energie zu sparen, Kosten zu sparen. Bei PV-Anlagen bedeutet die Energiewende doch sauberen, regenerativen Strom zu erzeugen und nicht Geld zu verdienen. Dazu ist die Einspeisevergütung nicht geschaffen worden, höchstens als Marktanreiz.
Das Handwerk sind nicht nur die Elektro- und Sanitärbetriebe, sondern auch Produktionsbetriebe wie Bäcker und Tischler, die einen hohen Energiebedarf haben, ihre Ware herzustellen. Diese Betriebe werden durch einen weiteren Ausbau von Photovoltaik, wenn es bei gleichbleibender Vergütung trotz sinkender Einkaufspreise für Module bleibt, immer stärker belastet.
Große Teile des Handwerks leiden unter hohen Stromkosten. Versprochen ist eine Deckelung der EEG-Umlagen auf der Stromrechnung von 3,5 Cent pro kWh + MwSt. Bei einem bleibenden Ausbau sind wir bald bei 4 Cent + MwSt.
In 2011 haben die Stromkunden PV-Anlagen mit 7,2 Milliarden subventioniert. Gerechnet wird in 2012 mit 9 Milliarden Euro und das für nur 3 % bis 5 % des gesamten produzierten Stroms. Zahlen tun dies alle Stromkunden vom gutverdienenden Bankdirektor bis zum Hartz IV-Empfänger und zwar alle gleich.
Ketzerisch kann gesagt werden: Die Hartz IV-Empfänger in Berlin-Neukölln zahlen die PV-Anlagen der Millionäre am Starnberger See. Denn die Masse der PV-Anlagen stehen im Süden der Republik.
Ich hoffe, dass ich Ihnen mit meinen Ausführungen zur solaren Energiewende weiterhelfen und Ihnen die aktuelle Situation und Bedeutung, vor allem für das Handwerk, näher bringen konnte.
Mit freundlichen Grüßen
Eckhard Pols, MdB