Frage an Dorothee Bär von Stephan N. bezüglich Recht
Sehr geehrte Frau Bär,
ich beziehe mich mit meiner Frage auf diese Meldung von Heise und den Hintergrundbericht.
Zur Zeit steht zur Diskussion, dass eine Echtzeitüberwachung der Stoppschild-Zugriffe vorgenommen wird. Dies würde bedeuten, dass jeder Zugriff eines Computers auf bestimmte Links automatisch bei den Strafverfolgungsbehörden gespeichert und ausgewertet wird.
Wie Sie vielleicht wissen, besteht eine dargestellte Webseite in einem Browser aus vielen Dateien, oftmals von verschiedenen Webservern. Manche Browser unterstützen auch die Funktion, dass Links auf einer Webseite automatisch im Hintergrund geladen werden und uns als eine Art Mini-Vorschau dem Benutzer angezeigt wird. Man kann also davon ausgehen, dass der Benutzer keinen Überblick darüber hat, von welchen Servern er noch zusätzlich Dateien bezieht. Allein die Spiegel-Online-Seite bezieht Dateien von fünf (!!) verschiedenen Domains. Von einigen Domains wird Werbung geladen, die wiederum von Drittanbietern erstellt wird.
Befindet sich nun auf einer harmlosen Webseite ein Link oder Dateireferenz auf eine "gestoppte" Webseite - z.B. als Forumsbeitrag oder in einem Beitrag, als eingebettes Bild oder als nachladbares JavaScript-Programm - landet meine IP-Adresse automatisch bei den Strafverfolgungsbehörden. Das Surfen wird zu einem russischen Roulette. Wie wollen die Behörden nur anhand der IP-Adresse entscheiden, ob es sich um einen versehentlichen Besuch oder um einen tatsächlichen Konsum handelt?
Ich halte diese Überwachungsmaßnahme für einen zu drastischen Eingriff in meine Privatsphäre.
Was denken Sie darüber?
Mit freundlichen Grüßen
Stephan Niebling
Sehr geehrter Herr Niebling,
herzlichen Dank für Ihre Frage an mich. Kinderpornographie ist die Dokumentation von Kindesmissbrauch und der sexuellen Ausbeutung von Kindern und muss aufs Schärfste bekämpft werden. Für 2007 wurde eine Steigerung von 55 % beim Besitz, der Beschaffung und Verbreitung von Kinderpornographie gegenüber dem Vorjahr verzeichnet. Bei der Besitzverschaffung von Kinderpornographie über das Internet war von 2006 auf 2007 sogar ein Zuwachs von 111 % festzustellen. Auch die Tendenz zu immer jüngeren Opfern bereitet mir Sorgen.
Das geplante Gesetz zur Bekämpfung der Kinderpornographie im Internet ist nötig, da die derzeitige Rechtslage dazu führt, dass kinderpornographische Webseiten in Deutschland leichter zu erreichen sind als in anderen Ländern. Die technische Sperrung kinderpornographischer Seiten durch die Zugangsvermittler leisten einen wichtigen Beitrag, um die Verbreitung und Besitzverschaffung von Kinderpornographie zu erschweren. Das Gesetz verpflichtet Zugangsvermittler, Nutzern, die den Abruf gelisteter kinderpornographischer Angebote versuchen, eine Stoppmeldung anzuzeigen. Bei dieser Meldung handelt es sich um ein Telemedienangebot, das den allgemeinen rechtlichen Anforderungen im Hinblick auf Telemedien unterliegt. Die Stoppmeldung soll die Nutzer über die Sperrung der Seite informieren. Das Gesetz sieht ferner vor, dass die Dienstanbieter, die das Stoppmeldeverfahren betreiben, eine Aufstellung zu fertigen haben, in der die Anzahl der Zugriffsversuche jeweils bezogen auf einen einzelnen Eintrag der Sperrliste zusammengefasst angegeben wird.
Um Ihre Frage aber konkret zu beantworten: Niemand wird mit strafrechtlichen Maßnahmen zu rechnen haben, der ein einziges Mal versehentlich auf einer Stopp-Seite landet. Die Behörden werden nur aktiv, wenn sich diese verhinderten Besuche häufen und so von einem „Versehen“ nicht mehr ausgegangen werden kann. Um die Ausbeutung und Folter zahlreicher Kinder in Zukunft zu verhindern, ist ein solches Vorgehen zwingend erforderlich.
Mit freundlichen Grüßen
Dorothee Bär