Frage an Dorothee Bär von Manuel S. bezüglich Kultur
Sehr geehrte Frau Bär,
mit Erstaunen habe ich zur Kenntnis genommen, dass im Bundestag ein Antrag zur Förderung von wertvollen Computerspielen und damit zusammenhängend zur Stärkung der Medienkompetenz gestellt worden ist. Wie im Antrag richtig festgestellt wurde, haben Computerspiele an Bedeutung gewonnen und nehmen viele Spielerinnen und Spieler – vor allem auch Kinder und Jugendliche – Anteil daran. Doch anstatt dies einfach festzustellen, stellt sich mir die Frage, ob so eine Entwicklung wünschenswert ist?
Ich denke, sie ist es nicht, weil Computerspiele vor allem für Kinder und Jugendliche mehr Schaden bedeuten, während der Nutzen höchst fraglich ist. Die Nutzung von Computerspielen hat langfristig oft eine verheerende Wirkung auf Lernfähigkeit und Ausdauer. Wieso deshalb im Bundestag dieser Antrag – mit ihrer Unterstützung – eingebracht wurde, wo doch eher eine Warnung angebracht gewesen wäre, will ich durchaus nicht begreifen. Der Bundestag kümmert sich ja auch nicht um die Förderung von Brett- oder Kartenspielen, nur weil viele Bundesbürger davon Gebrauch machen. Auch die Vermutung, dass sich dadurch die Medienkompetenz stärken lasse, überzeugt mich nicht.
Die wahre Medienkompetenz hat der erlernt, der erkannt hat, dass man interaktive Unterhaltungsmedien so wenig wie möglich nutzen sollte. Natürlich ist mir klar, dass der Bundestag nicht den Bürgern vorschreiben kann, wie sie ihre Freizeit gestalten sollten, aber sehr wohl kann man doch verlangen, dass der Bundestag die Computerspiele-Industrie nicht noch unterstützt. Die Antragssteller im Bundestag mögen es ja gut gemeint haben, aber hätte man die kritischen Forschungsergebnisse – welche ja vorliegen (Stichwort: Stanford, KfN, Spitzer uvm.) – im Bundestag wirklich zur Kenntnis genommen, wäre man auf diese Idee erst gar nicht verfallen. Ich bitte sie dazu Stellung zu nehmen.
Mit freundlichem Gruß
Manuel Schusser
Sehr geehrter Herr Schuster,
für Ihre Anfrage vom 11.06.2008 danke ich Ihnen herzlich.
Ich unterstütze den von Ihnen angesprochenen Antrag und habe mich maßgeblich daran beteiligt, die Förderung wertvoller Computerspiele in die öffentliche Diskussion einzubringen. Als Neue-Medien-Politische-Sprecherin der CDU/CSU-Bundestagsfraktion habe ich mich intensiv mit dem Thema auseinandergesetzt.
Grundsätzlich begrüße ich eine kontrovers geführte Diskussion über die Auswirkungen von Gewalt in Computerspielen sehr, da ich das intensive Spielen am Computer nicht für eine adäquate Freizeitbeschäftigung halte. Wir machen aber einen schweren Fehler, wenn wir die Suche nach Gründen für Amokläufe in Schulen – wie 2002 in Erfurt oder 2006 im westfälischen Emsdetten – allzu schnell beenden und Computerspiele als den Grund allen Übels benennen. Dieser Sündenbock ist etwas zu leicht ausfindig gemacht. Ich halte es für nicht richtig und nicht zulässig eine wachstumsstarke Branche pauschal zu verunglimpfen, weil es wie überall auch hier die bekannten schwarzen Schafe gibt. Fest steht: Nur etwa 5 Prozent der Computerspiele sind Gewalt verherrlichend. Die Computerspielbranche erzeugt also zu 95 % unbedenkliche Spiele, die teilweise zudem durch die besondere Qualität des Designs und der Gestaltung auffallen. Zudem haben Forscher der Universität Iowa erst kürzlich eine Studie vorgelegt, die zeigt, dass das Spielen von Computerspielen positive Auswirkungen auf die Fingerfertigkeit und das räumliche Denken hat. Bei den teilnehmenden Testpersonen handelte es sich um Chirurgen.
Wir müssen Computer- und Videospiele als modernes und fortschrittliches Phänomen unserer Zeit akzeptieren. Computerspiele sind Teil unserer Kultur geworden. Der Politik wird es nicht gelingen, das Kulturgut Computerspiel aus unserem Alltagsleben zu verdrängen. Wir sollten diesen Umstand anerkennen und uns darauf konzentrieren, wie wir die Medienerziehung unserer Kinder gestalten können. Kinder und Jugendliche müssen für den Umgang mit den neuen Medien geschult werden, das heißt auch, dass sie über Gefahren und Risiken aufgeklärt werden müssen. Bestrebungen in diese Richtung halte ich persönlich für wesentlich sinnvoller und langfristiger als die Herbeiführung eines Verbots. Wir sind aufgefordert, Kinder und Jugendliche vor den Auswüchsen von Gewalt zu schützen. Dies können wir nicht allein durch ein Verbot von Video- oder Computerspielen. Vielmehr müssen wir Kindern und Jugendlichen Kompetenzen vermitteln, die ihnen helfen mit den neuen Medien verantwortungsvoll umzugehen. Dazu zählt auch, dass Kinder und Jugendliche lernen müssen, dass interaktive Unterhaltungsmedien nur eine von vielen Möglichkeiten der Freizeitgestaltung sind und der Konsum nicht zum Nachteil sportlicher oder sozialer Aktiviäten werden darf.
Ich hoffe, meine Ausführungen helfen Ihnen weiter. Sollten Sie weitere Fragen haben, wenden Sie sich jederzeit gerne an mich.
Viele Grüße,
Ihre Dorothee Bär