Frage an Dorothee Bär von Peter S. bezüglich Wirtschaft
Sehr geehrte Frau Bär,
in einem Artikel auf heise.de ( http://www.heise.de/newsticker/meldung/Google-Verwaltungsratschef-Deutschland-braucht-schnelleres-Internet-2220246.html ) wird folgende Aussage von Ihnen aufgeführt:
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Dorothee Bär, parlamentarische Staatssekretärin im Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur, versprach weniger Bürokratie beim Gründen und Hilfe etwa über eine "One-Stop-Agentur" der Verwaltung, was Schmidt begrüßte.
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Grundsätzlich finde ich den Ausbau der digitalen Infrastruktur gut, aber solange andere Rahmenbedingungen kleinen Unternehmern das Leben schwer machen, kommen mir solche Aussagen immer wie Hohn vor. Insbesondere die Regelungen zur gesetzlichen Krankenversicherungen sind für mich nicht nachvollziehbar. Ein Beispiel aus meinem Bekanntenkreis: Eine Hausfrau, gelernte Fußpflegerin, macht sich selbstständig und ist erst einmal kostenfrei mit familienversichert. Sobald ihr Einkommen aber ca 500 Euro überschreitet, wird sie krankversicherungspflichtig, was grundsätzlich ja OK ist. Aber warum muß sie soviel Versicherungsbeiträge zahlen, als wurde sie 2000 Euro verdienen (über 300 Euro im Monat)? Wie soll sie unter diesen Bedingungen ihr Unternehmen weiter aufbauen?
Dasselbe gilt ja auch für die so hochgelobten digitalen Startups. Vielleicht verdienen die am Anfang nur 1200 Euro, haben irgendwo eine kleine Bude und bauen sich ihr Unternehmen langsam auf. Man muß in jedem Fall so viel Krankenkassenbeiträge bezahlen, als würde man 2000 Euro verdienen.
Das ist ungerecht, unsozial und unsolidarisch.
Ich warte auf Ihre Antwort.
Mit freundlichen Grüßen
Peter Schütt
Sehr geehrter Herr Schütt,
vielen Dank für Ihre Frage. Tatsächlich werden Selbstständige, die freiwillig Mitglied in der gesetzlichen Krankenversicherung sind, aufgrund der Bemessungsgrundlage bei geringem Einkommen höher belastet. Allerdings besteht ein wesentlicher Unterschied: Das Einkommen der hauptberuflich Selbstständigen wird nach den Vorschriften des Einkommenssteuergesetzes festgestellt, sie können beispielsweise Betriebsausgaben abziehen und es werden nur Nettoeinnahmen zugrunde gelegt. Angestellte Versicherte zahlen dagegen auf Grundlage ihrer Bruttoeinnahmen. Werbungskosten und andere Steuererleichterungen kommen ihnen bei der Beitragsbemessung nicht zugute. Dieser Vorteil von Selbstständigen soll durch die Mindestbemessungsgrenze ausgeglichen werden. Außerdem soll vermieden werden, dass das Unternehmerrisiko von hauptberuflich Selbstständigen über die Beitragsbemessung teilweise auf die Solidargemeinschaft der gesetzlich Krankenversicherten abgewälzt wird.
Für bedürftige Selbstständige gibt es bereits eine geringere Mindestbemessungsgrenze, die für das von Ihnen beschriebene Startup infrage käme, ebenso für Empfänger des Gründungszuschusses der Bundesagentur für Arbeit. Die Bemessung des Krankenversicherungsbeitrags ist angesichts der vielfältigen Situationen von Selbstständigen stets problematisch: Würde man die Mindestbemessungsgrenze abschaffen und dafür die Bruttoeinnahmen verwenden, wären gerade Selbstständige mit hohen Investitionskosten benachteiligt. Würde man dagegen bei Abschaffung der Mindestbemessungsgrenze weiter die Nettoeinnahmen verwenden, müsste die Solidargemeinschaft größere Anschaffungen des Selbstständigen in gewisser Weise mitfinanzieren, da diese abgesetzt werden können und damit auch den Krankenkassenbeitrag senken.
Allerdings bieten sich vielleicht für die Gründungsphase von Unternehmen noch weitergehende Übergangsregelungen an. Ich werde das Thema in Gesprächen mit Vertretern des Bundeswirtschaftsministeriums zur besseren Förderung von Startups anbringen.
Mit freundlichen Grüßen
Ihre Dorothee Bär